Ereignis
Was geschah
Die Brüder Friedrich Wilhelm August (1778–1853) und Johann Karl Adam Murhard (1781–1863), beide angesehene Wissenschaftler und Schriftsteller, vermachten in ihrem Testament vom 3. Juni 1845 (ergänzendes Kodizill von 1852) ihr gesamtes Vermögen ihrer Vaterstadt Kassel, mit dem Ziel, eine „… Bürgerbibliothek ... zum Besten der hiesigen Einwohner und im Interesse der Wissenschaft und der Civilisation …“ zu errichten. Im Unterschied zu der seit 1580 existierenden Landesbibliothek stand dahinter die Idee, eine wissenschaftliche Stadtbibliothek für das gebildete Bürgertum der Stadt einzurichten. Es ging den Stiftern dabei nicht um Bereitstellung von Unterhaltungsliteratur, sondern um Bücher „gemeinnützigen Inhalts“ zum Beispiel aus den Bereichen der Geschichte, Geografie, Naturwissenschaften und Technologie. Ausgeschlossen vom Sammelauftrag wurden laut des detaillierten Testaments nur Theologie, Medizin, Jura und Philologie.
Den Grundstock der Bibliothek, die 1863 mit dem Tode Karl Murhards und der Annahme des Testaments durch die Stadt, begründet wurde, bildete die Privatbibliothek der Brüder (880 Werke in 1622 Bänden). Als Testamentsvollstrecker fungierte in den ersten Jahren Dr. Carl Bernhardi (1799–1874), Oberbibliothekar an der Landesbibliothek. Erster Bibliotheksleiter wurde 1872 Dr. Karl Altmüller (1833–1880), der 1874/75 die Zusammenführung der verstreut gelagerten Bestände in der Villa Sambarth in der Wilhelmshöher Allee leitete. Sein Nachfolger wurde 1881 Dr. Oskar Uhlworm (1849–1929), der gedruckte Katalogzettel einführte, die in speziellen Kapselkatalogen aufbewahrt wurden. Dieses neuartige Katalogsystem erhielt 1893 eine bronzene Medaille auf der Weltausstellung in Chicago.
Nach mehreren Umzügen konnte erst 1905 in dem von Emil Hagberg (1862–1921) entworfenen Neubau im Stil der Neorenaissance am heutigen Brüder-Grimm-Platz ein dauerhaftes Domizil für die auch durch Spenden Kasseler Bürger stark angewachsene Bibliothek gefunden werden.
(UH)
Bezugsrahmen
Nachweise
Literatur
- Kassel-Lexikon, Bd. 2, Kassel 2009, S. 90 f. (Eva Oppermann)
- Friedrich und Karl Murhard, gelehrte Schriftsteller und Stifter in Kassel, hrsg. von der Stadtsparkasse Kassel, Kassel 1987
- Axel Halle, Karl-Hermann Wegner, Jörg Westerburg (Hrsg.), Die Brüder Murhard. Leben für Menschenrechte und Bürgerfreiheit, Kassel 2003
Weiterführende Informationen
- StadtA KS Bestand A 2 .20 Nr. 86, Testament der Brüder Murhard vom 3. Juni 1845 und Kodizill vom 4. September 1852
- Porträt der Brüder Murhard, UB Murhardsche Bibliothek Kassel, 35 HF B 803
- Wikipedia: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (eingesehen am 7.7.2023)
Kalender
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Personen
- Hessische Biografie: Altmüller, Carl
- Hessische Biografie: Bernhardi, Karl
- Hessische Biografie: Murhard, Friedrich Wilhelm August
- Hessische Biografie: Murhard, Karl
- Hessische Biografie: Uhlworm Oskar
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Gründung der Murhardschen Bibliothek in Kassel, 1863“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6888_gruendung-der-murhardschen-bibliothek-in-kassel> (aufgerufen am 26.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
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