Staatliche Verwaltung verhängt befristetes Verbot des „Hessisches Tageblatts“
Ereignis
Was geschah
Nachdem die in Marburg erscheinende liberal-demokratische Zeitung „Hessisches Tageblatt“ am Montag, den 6. März einen kritischen Artikel zur Agitation der Nationalsozialisten im Vorfeld der Reichstagswahlen (5. März) veröffentlicht hatte, und daraufhin wenige Tage später ein SA-Trupp die Redaktionsräume der Zeitung besetzte, um den Verleger und verantwortlichen Redakteur Hermann Bauer (1897–1986) an einer weiteren Publikationstätigkeit zu hindern, ergeht nun auch ein offizielles Verbot des „HessischenTageblattes“ durch die staatliche Verwaltung. Der zuständige Oberpräsident der preußischen Provinz Hessen-Nassau in Kassel, Dr. Ernst von Hülsen (1875–1950), begründet das vorläufige Verbot des Presseorgans damit, dass der Artikelschreiber in seinen Ausführungen der Reichsregierung den Vorwurf parteilicher Einstellung mache, die in der Indienststellung der pro-nationalsozialistischen Hilfspolizei (hauptsächlich Angehörige der SA) ihren sichtbaren Ausdruck finde. Die Ausführungen des Artikelschreibers überschritten mit dieser Behauptung bewußt den Rahmen sachlicher Kritik und bedeuteten eine böswillige Verächtlichmachung der Reichsregierung, weil ihr [...] der Vorwurf grober Amtspflichtverletzung, begangen durch bewusste Parteilichkeit, gemacht wird. Damit habe die Zeitung gegen § 9 Abs. 1 Nr. 5 der Verordnung zum Schutze des Deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 verstoßen. Da auch die übrigen Ausführungen des unter der Überschrift „Zwischen den Wahlen“ veröffentlichen Artikels eine durchaus feindselige Einstellung gegenüber der jetzigen Reichs- und Staatsregierung erkennen ließen, und der Vorwurf einseitiger Parteilichkeit in jetziger Zeit besonders schwerwiegend und verletzend wirken muss, sei von einer bloßen Verwarnung im Sinne des § 2 der ersten Verordnung zur Durchführung der Verordnung zum Schutze des Deutschen Volkes vom 4. Februar 1933 abzusehen und ein Verbot der Druckschrift auszusprechen.
(KU)
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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
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„Staatliche Verwaltung verhängt befristetes Verbot des „Hessisches Tageblatts“, 14. März 1933“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/4521_staatliche-verwaltung-verhaengt-befristetes-verbot-des-hessisches-tageblatts> (aufgerufen am 27.11.2025)
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