Genehmigung für August Eulers Flugzeugfabrik in Griesheim

 

Ereignis

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Der aus Oelde im Münsterland stammende und in Frankfurt am Main ansässige Handelsunternehmer August Heinrich Euler (1868–1957) erhält vom Kriegsministerium die Genehmigung einen Teil des 1874 auf dem Griesheimer Sand in Griesheim (etwa sechs Kilometer westlich von Darmstadt) errichteten Truppenübungsplatzes zum symbolischen Preis von einer Mark für den Zeitraum von fünf Jahren zu pachten. Der von dem Königlichen Generalkommando in den gefälligen Schreiben vom 16.12.08 befürwortete Antrag des Kaufmanns Euler in Frankfurt a/M. um kostenlose Überlassung des Truppenübungsplatzes Darmstadt auf 5 Jahre für Flugversuche mit Flugmaschinen, Gleitfliegern und einer Baustelle auf dem Truppenübungsplatz zur Errichtung einer Montage- bzw. Werkstatthalle von etwa 100 m Länge und 40 m Breite wird genehmigt.1 Euler hatte bereits im Oktober 1908 eine eigene Firma zum Bau von Luftfahrzeugen („Euler-Flugmaschinenwerke“) gegründet und Mitte Dezember 1908 das Generalkommando des 18. Armeekorps in Frankfurt am Main darüber in Kenntnis gesetzt, dass er eine Lizenz zum Bau von Flugzeugen der Gebrüder Voisin aus Frankreich erworben habe. Am 14. Dezember 1908 stellte Euler den Antrag zur Nutzung eines Teiles des rund 380 Hektar großen Truppenübungsplatzes, um „ungestört und unbelästigt von Zuschauern, Publikum, Fuhrwerken etc, Flugversuche vorzunehmen.“ Im Gegenzug für die praktisch kostenlose Nutzung des Geländes versprach der technisch vielfältig interessierte Unternehmer (Euler war auch erfolgreicher Automobilrennfahrer und Experte für Motorräder) die fliegerische Ausbildung von Offizieren zu übernehmen und den Militärs Einblick in seine Aktivitäten zu gewähren. 1909 entsteht auf dem gepachteten Gelände des Truppenübungsplatzes der wahrscheinlich erste Flugplatz Deutschlands und die Euler-Flugzeugfabrik mit Konstruktionsbüros, Werkstatt und Montagehalle, sowie ein Pilotenhaus für die Ausbildung von Piloten und zukünftigen Käufern der Euler-Flugzeuge. Zwei Offiziere berichten von ihrer Besichtigung der Anlagen Ende November 1910 schließlich: „Euler hat auf diesem Geländestück eine Werkstatt mit Wohn- und Büroräumen und anschließender größerer Holzhalle errichtet, in der 3-4 Flugmaschinen Platz finden ... [...] Der Flugplatz liegt völlig abgeschlossen und darf von Unbefugten nicht betreten werden, worauf Euler besonderen Wert legt.2 August Eulers Aktivitäten lassen den Griesheimer Sand und die Stadt Darmstadt zu einem bedeutenden Zentrum der Anfänge der deutschen Fliegerei vor dem Ersten Weltkrieg werden. Er besteht als erste Person am 31. Dezember 1909 vor der Sportkommission des Deutschen Luftfahrerverbandes die Prüfung zum Flugzeugführer und erhält 1910 den Flugzeugführerschein Nr. 1 in Deutschland. In der Folge bildet Euler selbst in rascher Folge bis Kriegsausbruch etwa 75 Piloten aus, darunter auch Prinz Heinrich von Preußen, den Bruder Kaiser Wilhelms II. (Prinz Heinrich erhielt den Flugzeugführerschein Nr. 38). Im September 1909 erzielt der Flugpionier auf der Internationalen Luftschifffahrt-Ausstellung in Frankfurt (ILA) mit dem von ihm gebauten Doppeldecker „Euler Nr. 3“ eine Rekord-Flugzeit von vier Minuten und 54 Sekunden und erringt damit einen bedeutenden Sieg über die internationale Konkurrenz. Eulers Flugversuche in Griesheim und sein Erfolg auf der ILA inspirieren im Sommer 1909 die Darmstädter Gymnasiasten Hans Gutermuth (1893–1917) und Berthold Fischer, gemeinsam mit drei Freunden eine Flug-Sport-Vereinigung zu gründen und in selbstgebauten Flugzeugen Gleitflugversuche zu unternehmen. Ein Jahr später führt Euler gemeinsam mit einigen Flugschülern in Griesheim mehrere Schauflüge durch, die großes öffentliches Interesse finden, und die Vermarktung seiner Flugzeuge unterstützen. Am 25. Oktober 1910 stellt er über dem Griesheimer Flugplatz mit einer Flugzeit von drei Stunden, 6 Minuten und 18 Sekunden einen neuen nationalen Dauerflugrekord auf. Seine berühmte „Flugmaschine Nr. 33 Gelber Hund“ dient im Juni 1912 zusammen mit dem Zeppelin-Luftschiff „Schwaben“ als Beförderungsmittel für einige der ersten von der Amtspost unterstützten Luftposttransporte.
(KU)

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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0

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„Genehmigung für August Eulers Flugzeugfabrik in Griesheim, 4. Januar 1909“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/375_genehmigung-fuer-august-eulers-flugzeugfabrik-in-griesheim> (aufgerufen am 27.11.2025)

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