Hessischer Landtag beschließt Selbstauflösung

 
Bezugsort(e)
Land Hessen
Themenbereich
Politik

Ereignis

Was geschah

Der Hessische Landtag in Wiesbaden beschließt mit den Stimmen von SPD und CDU seine Selbstauflösung und öffnet damit den Weg zu einer vorgezogenen Neuwahl des Landesparlamentes am 25. September. Die Abgeordneten der Grünen, die mit neun Abgeordneten im Landtag vertreten sind, stimmen in der Sondersitzung gegen die Selbstauflösung. Ministerpräsident Holger Börner (1931–2006; SPD), der seit der Landtagswahl im September 1982 einer geschäftsführenden Landesregierung vorsteht, leitet die von Wahlkampftönen geprägte Debatte mit einer Regierungserklärung ein und setzt sich damit über die Bitte des Ältestenrates des Landtages hinweg, auf eine solche Erklärung zu verzichten. Darin zieht er eine Bilanz der Leistungen der geschäftsführenden Regierung und begründet, warum die SPD-Minderheitsregierung und die SPD-Fraktion mit der Durchführung von Neuwahlen lange gewartet haben. Börner räumt ein, „daß eine Regierung ‚ohne ständige Mehrheit‘ für beide Seiten, Landtag und Regierung, ‚unbefriedigend‘ sei.“1 Der Landtag könne gegenüber einer Minderheitsregierung „seinen politischen Willen ,nur ungenügend‘ zur Geltung bringen“, während die Regierung ihrerseits „nur begrenzt“ in der Lage sei, politische Vorstellungen und Ziele zu verwirklichen. Börner betont jedoch, dass man andererseits „im Interesse dieses Staates und der Glaubwürdigkeit der Demokratie der Verlockung widerstehen“ musste, die aufgrund des Wahlergebnisses vom 26. September 1982 entstandene krisenhafte Pattsituation im Landtag durch eine sofortige Wiederauflösung zu beheben. „Aus Respekt vor der Souveränität des hessischen Wählers“ habe sich im Landesparlament dafür schließlich auch keine Mehrheit finden lassen.2 Nach Ansicht der Unionsfraktion zieht der Landtag mit seiner Selbstauflösung allerdings eine „längst überfällige Konsequenz“. Ihr Vorsitzender Gottfried Milde (sen.) (1934–2018) vertritt die Ansicht, dass „unverzügliche Neuwahlen der sauberste und richtigste Weg“ gewesen wären. Schließlich habe die CDU den Sozialdemokraten mehrfach eine Zusammenarbeit bis zu baldigen Neuwahlen angeboten und auch Bereitschaft zur Bildung einer großen Koalition signalisiert. Beides sei jedoch zurückgewiesen worden, und die SPD habe die Neuwahlen aus parteitaktischen Gründen verzögert.
(KU)

Bezugsrahmen

Nachweise

Fußnoten

  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.8.1983, S. 1.
  2. Ebd.

Literatur

  • Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.8.1983, S. 2: Parlamentsauflösungen seit 1970: Von Niedersachsen über Berlin und Hamburg bis Hessen heute
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.8.1983, S. 1: Tumulte im Wiesbadener Landtag in der Debatte über die Selbstauflösung: Abgeordnete der Grünen des Saales verwiesen / CDU und SPD in heftigem Wahlkampfstreit

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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

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„Hessischer Landtag beschließt Selbstauflösung, 4. August 1983“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/1476_hessischer-landtag-beschliesst-selbstaufloesung> (aufgerufen am 26.11.2025)

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