Haftstrafe auf Bewährung für Startbahngegner Alexander Schubart

 

Ereignis

Was geschah

Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main verurteilt den vom Dienst suspendierten Frankfurter Magistratsdirektor und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Volksbegehren und Volksentscheid „Keine Startbahn West“ Alexander Schubart (1931–2016) wegen des „Verbrechens der versuchten Nötigung von Verfassungsorganen“ zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe mit Bewährung. Schubart hatte im Rahmen einer Großdemonstration, bei der in Wiesbaden am 14. November 1981 etwa 120.000 bis 150.000 Menschen friedlich gegen den Bau der Startbahn 18 West auf dem Frankfurter Flughafen und gegen die Verkehrs-, Energie- und Umweltpolitik der hessischen Landesregierung protestierten, dazu aufgerufen, den Rhein Main-Flughafen am 15. November 1981 „dicht“ zu machen, sofern die hessische Landesregierung nicht binnen 24 Stunden auf den Vorschlag der Startbahngegner zur Herstellung eines Moratoriums eingehen werde. Der Aufruf zur Blockade hatte massive Konsequenzen, als am nächsten Tag gewaltbereite Demonstranten die Flughafen-Zubringerwegstrecken blockierten, und damit schätzungsweise zehntausende von Flughafennutzern vom Zugang zu der wichtigsten deutschen Flugverkehrsdrehscheibe abgeschnitten. In den Augen der Richter hat sich Schubart nicht nur der versuchten „Nötigung von Verfassungsorganen“ (§§ 105, 22 StGB) sondern auch des Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall (§§ 125, 125a StGB) schuldig gemacht. Da jedoch der Landfriedensbruch als subsidiär hinter dem versuchten Verbrechen der Nötigung von Verfassungsorganen zurücktrete, wird der bei der hessischen Landtagswahl 1978 als Spitzenkandidat der „Grünen Liste Hessen“ angetretene (ehemalige) Kommunalbeamte nur für einen Straftatbestand verurteilt. Es ist das erste mal in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein Gericht nach Kriegsende Gebrauch vom Tatbestand des Paragraphen 105 Strafgesetzbuch (StGB), S.79 macht. Die „Nötigung von Verfassungsorganen“ wird vom Rang her mit der Rädelsführerschaft bei der „Bildung terroristischer Vereinigungen“ (§ 129a StGB) verglichen, beide Verbrechen werden mit einer Höchststrafe von zehn Jahren geahndet.
(KU)

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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0

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„Haftstrafe auf Bewährung für Startbahngegner Alexander Schubart, 19. Januar 1983“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/1469_haftstrafe-auf-bewaehrung-fuer-startbahngegner-alexander-schubart_haftstrafe-auf-bewaehrung-fuer-startbahngegner-alexander-schubart> (aufgerufen am 26.11.2025)

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