Gottsbüren

Die Lage von Gottsbüren im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Dorf
Lagebezug
12,5 km nordöstlich von Hofgeismar
Lage und Verkehrslage
Geschlossenes Dorf mit einfachem Grundriß und lockerer Bebauung am Nordwestrand des Reinhardswaldes entlang des Fuldebaches. Ehemalige Wallfahrtskirche in zentraler Lage. Durch den Ort führt von Südwesten kommend die L 763 nach Gieselwerder, von der in der Ortsmitte eine Verbindungsstraße zur Sababurg abzweigt.
Ersterwähnung
9. Jahrhundert
Vorbemerkung Historische Namensformen
Historische Namensformen
- Buria (826-876) [Kop. 1479 Traditiones Corbeienses, § 114, S. 101, vgl. Schütte, Mönchslisten, S. 143]
- Burire (944) [MGH Diplomata Könige 1, Konrad I., Heinrich I. und Otto I. : Sickel, S. 139-140, Nr. 57 = Urkundenbuch Stift Hilwartshausen, S. 25, Nr. 1]
- Burmi (1013) [Auszug MGH Diplomata Könige 3, Heinrich II. : Bresslau, S. 316-317, Nr. 266]
- Gunnesburin, ad (1020) [Kop. Mitte 14. Jahrhundert MGH Diplomata Könige 3, Heinrich II. : Bresslau, S. 551-552, Nr. 430]
- Gundesbure (1089-1093) [Fälschung 12. Jahrhundert UB Mainz 1, S. 285-289, Nr. 384]
- Gundesburc (1089-1093) [Fälschung 12. Jahrhundert; Chronik Lippoldsberg, hrsg. von Wilhelm Arndt, in: MGH SS 20, S. 549]
- Hundesburen (vor 1220) [HStAM Bestand Urk. 52 Nr. 5; Kruppa, Grafen von Dassel, S. 389, Regest Nr. 132; Druck bei: C.N.B. Falckenheiner, Berichtigende Zusätze zu Wenck's Geschichte der Grafen von Dassel, in: Archiv für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens 4 (1831), S. 153, Beilage 3; vgl. Wenck, Hessische Landesgeschichte 2,1, Urkundenbuch, S. 224, Nr. 213 Anm.]
- Gundeburen, de (1243) [HStAM Urk. 36 (Kloster Lippoldsberg), Nr. 89, hier nach W.A. Eckhardt, Die Wallfahrt nach Gottsbüren, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 119 (2014), S. 7]
- Gundesburen, in (um 1250) [Falckenheiner, Geschichte hessischer Städte und Stifter 2: Hofgeismar, S. VII, Nr. III]
- Guntdesburen; Hundesburen (1272/73) [Staatsarchiv Würzburg, Domkapitel Mainz, Mainzer Urkunden 3391 (zu 1273); das Vidimus von 1284 datiert zu 1272 HStAM Bestand Urk. 52 Nr. 8; Druck Gudenus, Codex diplomaticus exhibens anecdota 1, S. 751-752, Nr. 341; Regest (fehlerhaft) Kruppa, Grafen von Dassel, S. 482, Nr. 474]
- Hundesbuͤren, in (1331) [HStAM Urk. 36 (Kloster Lippoldsberg), Nr. 89, hier nach W.A. Eckhardt, Die Wallfahrt nach Gottsbüren, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 119 (2014), S. 8]
- Gudensburen, ad (1332) [nach W.A. Eckhardt, Die Wallfahrt nach Gottsbüren, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 119 (2014), S. 11]
- Godesburen (1336) [W.A. Eckhardt, Die Wallfahrt nach Gottsbüren, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 119 (2014), S. 18, Anhang Nr. 1]
- Godisburen (1345/46) [Landgrafen-Regesten online Nr. 10771]
- Godesbuͤrn (1346) [nach W.A. Eckhardt, Die Wallfahrt nach Gottsbüren, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 119 (2014), S. 14]
- Godesburen, in (ca. 1380) [Lippoldsberger Güterregister, in: Desel, Kloster Lippoldsberg und seine auswärtigen Besitzungen, S. 187-189, Beil. IV]
- Godessburen, in (1464) [Falckenheiner, Geschichte hessischer Städte und Stifter 2: Hofgeismar, S. LV, Nr. XLIII]
- Gottesbeurn (1585) [Der ökonomische Staat, S. 96]
- Gottsbühren (1708/10) [Schleenstein, Landesaufnahme, Karte Nr. 3]
Bezeichnung der Siedlung
- villa (9. Jahrhundert)
- ville (vor 1220)
- villa (1272)
- locum (1332)
- villa (1337)
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
- Am Nacken
- Am Wahmbecker Weg
- Auf dem Gleichen
- Bensdorf
- Bensdorf (Mietzenhof)
- Brunessen
- Forsthaus Ost
- Forsthaus West
- Freizeitgelände
- Klosterhof
- Krapfeham
- Markessen
- Thalhausen
- Tonhausen
- Gottsbüren, Burg (→ Burgen, Schlösser, Herrenhäuser)
- Gottsbüren, Benediktinerinnenkloster (→ Klöster)
- Gottsbüren, Kollegiatstift (→ Klöster)
Umlegung der Flur
1908
Älteste Gemarkungskarte
1723
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3534825, 5716131
UTM: 32 U 534737 5714284
WGS84: 51.578551° N, 9.501312° O
Statistik
Ortskennziffer
633025040
Flächennutzungsstatistik
- 1885 (Hektar): 869, davon 459 Acker (= 52.82 %), 270 Wiesen (= 31.07 %), 1 Holzungen (= 0.12 %)
- 1961 (Hektar): 938, davon 10 Wald (= 1.07 %)
Einwohnerstatistik
- 1585: 118 Haushaltungen (Der ökonomische Staat)
- 1747: 155 Haushaltungen (Stadt- und Dorfbuch des Ober- und Niederfürstentums Hessen)
- 1885: 1057, davon 1054 evangelisch (= 99.72 %), 3 katholisch (= 0.28 %)
- 1961: 1121, davon 974 evangelisch (= 86.89 %), 137 katholisch (= 12.22 %)
- 1970: 1076
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 9. Jahrhundert: Hessengau (in pago Hessi)
- 1409: Kloster Lippoldsberg, Gericht Gieselwerder (ohne weltiche oder gerichtliche Rechte)
- 1453/1500: Landgrafschaft Hessen, Amt Trendelburg (danach zum Amt Sababurg)
- 1538/1551: Landgrafschaft Hessen, Amt Gieselwerder
- 1585: Landgrafschaft Hessen, Amt Sababurg
- 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Sababurg
- 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Sababurg
- 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Karlshafen
- 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Sababurg
- 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Hofgeismar
- 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
- 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Hofgeismar
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hofgeismar
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hofgeismar
- 1972: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
Altkreis
Hofgeismar
Gemeindeentwicklung
Am 31.12.1970 im Zuge der hessischen Gebietsreform mit anderen Gemeinden zur neu gebildeten Stadtgemeinde Trendelburg zusammengeschlossen, deren Stadtteil Gottsbüren wurde.
Gericht
- 1332 überlässt Mainz das Dorf selbst, doch ohne weltliche und geistliche Gerichtsbarkeit, widerruflich dem Kloster Lippoldsberg.
- 1821: Justizamt Sababurg
- bis 1822: Amt Sababurg
- 1822: Justizamt Sababurg (Sitz Veckerhagen)
- 1867: Amtsgericht Veckerhagen
- 1879: Amtsgericht Karlshafen
- 1943: Amtsgericht Hofgeismar (Zweigstelle Karlshafen)
- 1949: Amtsgericht Karlshafen
- 1968: Amtsgericht Hofgeismar (Zweigstelle Karlshafen)
- 1969: Amtsgericht Hofgeismar
Herrschaft
- Vor 1220 statten die Brüder von Dassel ihre Schwester und deren Verlobten, Berthold von Schöneberg, mit einem Teil der Grafschaft aus. Gottsbüren wird ausdrücklich ausgenommen.
- 1272/73 ist der Ort als Lehen Teil der Grafschaft, die Graf Ludolf von Dassel an Mainz verkauft. Die zum Schutz der Wallahrt und Sicherung der mainzischen Positionen im Reinhardswald errichtete Sababurg kann die Durchsetzung Hessens nicht verhindern. 1345/46 erhebt Erzbischof Heinrich von Mainz Klage gegen Landgraf Heinrich II. u.a. wegen zugefügten Schadens in Gottsbüren. Im 15. Jahrhundert geht die Herrschaft an die Landgrafschaft Hessen über.
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
- Gottsbüren gehört zu der Grafschaft, die Graf Ludwig von Dassel 1272 an Mainz verkauft. Mitte des 13. Jahrhunderts verzichten Theoderich und Richard von Schachten u.a. auf 4 1/2 Hufen unrechtmäßig angeeignetes Land in Gottsbüren zugunsten des Klosters Lippoldsberg.1332 überlässt Mainz das Dorf selbst, doch ohne weltliche und geistliche Gerichtsbarkeit, widerruflich dem Kloster Lippoldsberg, wo er auch im Güterregister aus der Mitte des 14. Jahrhunderts nachgewiesen ist. Nach Einsetzen der Wallfahrt vermehrt sich der Klosterbesitz. Nach dem Güterregister von um 1380 besitzt das Kloster 18 Hufen und den Zehnten. Die meisten Güter waren zur Pacht ausgetan.
Zehntverhältnisse
Um 1089 wird u.a. der Zehnte in Gottsbüren von Graf Dietrich IV. von Katlenburg, der ihn wohl vom Mainzer Erzbischof zu Lehen trug, an diesen zurückgegeben und an das neu gegründete Kloster Lippoldsberg übertragen. Nach dem Güterregister von um 1380 ist der Zehnte noch im Besitz des Klosters
Kirche und Religion
Ortskirchen
- plebanus (1243)
- in ecclesiam parrochialem in G. (1346)
- Dreischiffige Hallenkirche (ehemals Wallfahrtskirche) des 14./15. Jahrhunderts mit zweijochigem Chor und querrechteckigem Westturm. 1960/61 und 1980/81 renoviert
- 1429 Kapelle und Klause südwestlich auf der Holtape genannt (Landau, Beschreibung der wüsten Ortschaften. Ausg. 1858, S. 16).
Pfarrzugehörigkeit
1343-46 wird das Hofgeismarer Kollegiatstift an die Kirche in Gottsbüren verlegt, bis es 1355 nach Grebenstein kommt. 1399 besteht noch die alte Kirche neben der Wallfahrtskirche, die später Sitz der Pfarrei wird.
Seit der Reformation protestantische Pfarrei der Klasse Gottsbüren, wohin 1872 Beberbeck und Sababurg eingepfarrt sind. 1994 ist Beberbeck Filialgemeinde
Patronat
Ursprünglich übte vermutlich das Kloster Lippoldsberg das Patronatsrecht aus, das 1527 und 1585 in landgräflicher Hand ist.
Klöster
Beginen
1429 werden eine Kapelle und eine Klause auf der Holtape erwähnt.
Diakonische Einrichtungen
1946 - 1983 Diakoniestation (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)
Bekenntniswechsel
Erster evangelischer Pfarrer: Sebaldus Helbrecht (Helmbrecht) sen. bis 1542
Kirchliche Mittelbehörden
a) Zugehörigkeit des Ortes Gottsbüren: 15. Jahrhundert: Mainzer Kirchenprovinz, Archidiakonat St. Marien zu Hofgeismar. Seit der Reformation ist es eine protestantische Pfarrei der Klasse Gottsbüren (Hochhuth, Statistik der evangelischen Kirche, S. 98). b) Protestantische Klasse Gottsbüren: 1872 umfasste sie die Pfarreien Gottsbüren, Heisebeck, Hombressen, Lippoldsberg, Oedelsheim, Vaake und Vernawahlshausen (Hochhuth, Statistik der evangelischen Kirche, S. 98-109).
Kultur
Schulen
1910 Volksschule mit drei Klassen
Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)
Historische Ereignisse
Seit 1331 Wallfahrtsort, dessen Attraktivität im 15. Jahrhundert nachlässt
Wirtschaft
Neben Landwirtschaft Töpferei
Mühlen
In Gottsbüren befanden sich vier Mühlen, die mit dem Wasser des Fuldebaches über oberschlächtige Wasserräder betrieben wurden:
Ober- bzw. Säge und Mahlmühle (herrschaftliche Mühle) östlich von Gottsbüren, Betriebseinstellung um 1940
Öl- oder Bruchmühle, Betriebseinstellung um 1960
Mahlmühle am östlichen Rand von Gottsbühren, Betriebseinstellung um 1930
Untermühle am westlichen Rand der Ortschaft, Betriebseinstellung um 1940
Nachweise
Literatur
- W.A. Eckhardt, Die Wallfahrt nach Gottsbüren, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 119 (2014), S. 1-22
- Kruppa, Grafen von Dassel, S. 317-318
- Desel, Pfarrergeschichte des Kirchenkreises Hofgeismar, S. 121-148
- Denkmaltopographie Kreis Kassel, Bd. I, S. 599-621
- Scholz, Wasser- und Windmühlen im Landkreis Kassel, S. 187-189
- Desel, Kloster Lippoldsberg und seine auswärtigen Besitzungen, S. 139-141
- K. Günther, Territorialgeschichte der Landschaft zwischen Diemel und Oberweser vom 12. bis zum 16. Jahrhundert, S. 52-53, 234, 246, 258-264, 427
- Landau, Beschreibung der wüsten Ortschaften. Ausg. 1858, S. 16 (dortige Kapelle)
- Hochhuth, Statistik der evangelischen Kirche, S. 98-109
- Dersch, Klosterbuch Nachdr., S. 54 f. (60 f.)
- Historisches Ortslexikon Kurhessen, S. 78 (Burmi) u. 179 f. (Gottsbüren, Ort und Klasse)
- Falckenheiner, Der Wallfahrtsort Gottsbüren; in:Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 1 (1837), S. 14 ff.
- Hütteroth, althessische Pfarrer, S. 500
- Dersch, Klosterbuch, S. 61
Siehe auch
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„Gottsbüren, Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/2063_gottsbueren> (aufgerufen am 25.11.2025)
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