Abzugsgeld der Juden in der Niedergrafschaft

HStAM 70 Hessen-Rotenburgische Hofkanzlei Nr. 5543  
Laufzeit / Datum
1800 Juni 12 - 26
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Direktor und Räte zu Langenschwalbach berichten am 12. Juni, dass in den Amtsrechnungen der Niedergrafschaft der Vermerk stehe: Nach Bericht des ehemaligen Canzleidirectors Trarbach muß ein abziehender Jud den 4ten Theil seines Vermögens gnädigster Herrschaft zurücklaßen. Sie halten dieses alte Herkommen für nicht unbillig, da die Juden Manumissionsjura und manche andere Abgabe nicht entrichten. Dies ist nach einem vorhandenen voto aus dem Jahre 1767 auch durch ein gnädigstes Rescript vom 22ten Nov. 1755, so sich aber nicht vorfindet, mit der Ausnahme bestättiget worden, daß jedoch von den, den Töchtern mitgebenden Dotal-Geldern nur der 10te Pfennig erhoben werden soll. Es sei merkwürdig, dass die Regierung den 4ten Pfennig – wie sie sich ausdrückte – enorm fand und von der Kanzlei eine Rechtfertigung forderte, warum sie ein höheres Abzugsgeld als das regierende Haus verlange, da doch im Niederfürstentum der 5te und im Oberfürstentum der 3. (siehe Sammlung hess. Landesordnungen Teil 3 S. 885 u. T. 6 S. 446) und nur von den ins Darmstädtische ziehenden Juden der 10. Pfennig (Samml. Hess. Landesordnungen T. 6 S. 1001) an Abzugsgeld erhoben wird. Darauf hat seinerzeit die damalige Kanzlei vermutlich in Unkenntnis ihres eigenen Herkommens und um einem hessen-kasselischen Eingreifen vorzubeugen unterm 18. Februar 1771 den Antrag gestellt, die jüdische Nachsteuer statt des 4ten auf den 10ten Pfennig festzusetzen, ohne dass darauf eine Resolution ergangen wäre. Dennoch ist seither wirklich nur der 10te Pfennig erhoben worden und das Amt Hohenstein rechtfertigt dies mit einer Verordnung aus dem Jahr 1772, die aber nicht vorgelegt werden kann, da sie sich bei der Rentkammer befindet. Die vorgelegte Abschrift geht aber wohl zweifellos auf eine auf den Antrag vom 18. Februar 1771 erfolgte Resolution zurück. Da aber Antrag und Resolution auf einem jetzt entdeckten Irrtum beruhten, bittet man um eine Entscheidung, ob es trotzdem bei der Erhebung des 10. Pfennigs bleiben soll oder ob künftig wieder von abziehenden Juden, die Dotalgelder ausgenommen, der vierte Pfennig erhoben werden soll. Darauf votieren die Rotenburger Rentkammerräte am 26. Juni für die Beibehaltung des bisherigen Steuersatzes des 10. Pfennigs und gegen die Wiedereinführung der Erhebung des 4. Pfennigs.

Nachweise

Edition

Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg / Nachträge von Uta Löwenstein (ungedruckt), Nr. NL 753.

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Abzugsgeld der Juden in der Niedergrafschaft“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/14796_abzugsgeld-der-juden-in-der-niedergrafschaft> (aufgerufen am 26.11.2025)

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