Gutachten der Rotenburger Rentkammerräte zu den Abgaben der Juden in der Niedergrafschaft Katzenelnbogen
Stückangaben
Regest
In einem Gutachten erklären die Rotenburger Rentkammerräte, dass obwohl die Juden in der Niedergrafschaft laut Regensburger Vertrag von 1654 mit allen utilia den Landgrafen von Hessen-Rheinfels-Rotenburg zustehen, sie weniger zahlen als die Juden in der Quart, die Schutzgeld, Federlappengeld, Silbergeld, Einzugs- und Abzugsgeld sowie Abzugsgeld von Heiraten außer Landes, Grundzins von den Judenschulen und vom Judentotenhof und schließlich Begräbnisgeld entrichten und zwar 1/2 cfl, von einem Toten der älter als 10 Jahre ist und ¼ cfl. von einem, der jünger als 10 Jahre ist. Dagegen geben arme wie reiche Juden in der Niedergrafschaft jährlich nur 4 Rtl. Schutzgeld, ausgenommen St. Goar, wo mehr gezahlt wird. Im Vierherrischen zahlen sie je 4 Rfl. an Hessen-Rheinfels und die Nassauer Grafen. Außerdem gelten die Einwohner der Niedergrafschaft, auch zugezogene Fremde, die Einwoner zu St. Goar ausgenommen, als leibeigen. Die Juden dagegen sind kaiserliche Kammerknechte und haben als solche weniger Freiheiten als die Christen. Nichtsdestoweniger aber finden wir noch zur Zeit kein Exempell in denen Rechnungen, daß ein Jude vor seine Kinder, so er außer Landes verheurathet, jemahlen die Leibeigenschafft bey der Cantzley gelöset habe, eben als wann die Juden in dieser Graffschafft beßer wären als die Christen, so doch vor ein ohnglaubliches Exempell zu achten wäre. Bei Durchsicht der alten Rechnungen hat sich gezeigt, dass die Juden von 1655 – 1692 das Schutzgeld je nach ihrem Vermögen gezahlt haben. Dazu musste jeder Jude Silbergeld in Höhe eines Drittels seines jährlichen Schutzgeldes entrichten. Von einem fremden Juden wurde Einzugsgeld in Höhe des jährlichen Schutzgeldes gefordert, beim Abzug musste er ein Viertel seines Vermögens zurücklassen. Es sei auch nicht einzusehen, warum die Juden in der Niedergrafschaft keinen Grundzins von ihren Schulen und Begräbnisstätten zahlten und Begräbnisgeld entrichteten. Die Beamten zu St. Goar sind daher angewiesen, all diese Abgaben künftig zu fordern und zehn Jahre rückwirkend auch die Lösung der Leibeigenschaft von nach auswärts verheirateten Kindern zu verlangen. Das Federlappengeld soll vorerst ausgesetzt bleiben. Zur Berechnung des Schutzgeldes sind die Beamten angewiesen, das Vermögen eines jeden Juden zu begutachten und gemäß der Kasseler Judenordnung keinem den Schutz zu erteilen, der nicht nachweislich 300 - 400 Rtl. Vermögen hat, auch soll keiner heiraten, der ohne Schutzbrief ist.
Ausstellungsort
Rotenburg
Archivangaben
Altsignatur
F IV Nr. 44-68
Arcinsys-ID
Archivkontext
Nachweise
Edition
Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg / Nachträge von Uta Löwenstein (ungedruckt), Nr. NL 623.
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Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Gutachten der Rotenburger Rentkammerräte zu den Abgaben der Juden in der Niedergrafschaft Katzenelnbogen“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/14669_gutachten-der-rotenburger-rentkammerraete-zu-den-abgaben-der-juden-in-der-niedergrafschaft-katzenelnbogen> (aufgerufen am 25.11.2025)
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