Vorladung des Jeremias Katz zu Abterode durch den Amtsschultheißen
Stückangaben
Regest
Im Zuge der Landesvisitation wird der Amtsschultheiß zu Abterode am 14. Mai aufgefordert, den Juden Jeremias anzuweisen am folgenden Tag in Witzenhausen zur Anhörung der Klagen gegen ihn zu erscheinen. Aufgrund der gegen Jeremias im Namen der Judenschaft erhobenen Vorwürfe der Amtsvorsteher Abraham und Gumpel wird er am 15. Mai zu einer Strafe von 20 Rtl. veurteilt, zahlbar binnen zweier Monate.
Ferner wird im Protokoll festgehalten, dass vor etwa vier Jahren Esaias, Michels Eidam zu Abterode, vom Rabbiner mit 2 fl. gebüßt wurde, weil er sich vor den 5 Gebothen gescholten und gestoßen hat. Deshalb vor den Amtsschultheiß zu Abterode geladen, erklärte Esaias, er habe auf Anstiften des Juden Gerst aus Witzenhausen sagen müssen, er sei bestraft worden, weil er auff einen Schabbas Ruben getragen. Gerst bestreitet das. Im Übrigen hat sich Esaias beim Oberschultheißen beschwert, [1.] der Rabbiner mische sich in alles ein sowohl über Schuld und alle bösen Sachen. [2.] Einem Juden habe er die Kasten visitieren lassen. [3.] Der daraufhin vorgeladene Rabbiner sollte, nachdem er erst auf die zweite Ladung hin erschienen war, ins Gefängnis geworfen werden, was aber durch die Fürbitte des Juden Abraham verhindert wurde. Weiter erklärt Esaias, es hette auch der Rabbi ihme vermöge in Handen habender Obligation auff sein Anklagen bey Wolffen, einem ledigen Juden alhier [zu Abterode], zuegesprochen, dagegen ihme wie auch andere sein gebührliches Hülffegeld erlegen müßen, und wenn sie bey ihm nicht klageten, so würden sie in den Bann gethan werden müßen.
Calm von Abterode habe Wolf, den Bruder des Jeremias, in der Schule einen Esel geheißen, habe auch gegen die judische Ceremonien in deme verbrochen, daß er ihme das Gebeth in 5 Monathen lang versperret, indeme ihm sein Gesell nicht gut genug gewesen mit ihm zu Beten u. dieser were auch nicht gestrafft worden.
Nathan zu Abterode habe Liebmann, dem Vater des Jeremias, vor ungefähr fünf Jahren auff dem Gang vor der Schuele den Barth ausgerupfft und dieses habe der Rabbiner gestrafft.
Dazu vernommen, erklärt Abraham Goldschmidt:
1. Seye war, daß er Schulden geschlichtet und gerichtet.
2. Habe David, den Schuelmeister hingeschickt, und habe die Fraw ohne Befehl die Kisten eröffnet.
3. Habe bey dem Oberschuelmeister [Oberschultheiß ?] angeklagt.
4. [Der Oberschultheiß ?] Habe ihm vorgehalten, warumb er in seine Hoheit gegriffen, auch eine Straffe abgefordert. Es hette sich aber der Rabbi entschuldigt und nicht gestehen wollen, daß er dem Juden die Kasten öffnen lassen. Der Oberschultheiß habe sich daraufhin die Strafe vorbehalten. Ob er ihn aber nachmals gestraffet, wüste er nicht. Es were auff dem Rathauß geschehen.
5. Er habe zwartet vor ihn gebethen und wüste nicht, ob der Oberschultheiß dieserthalb etwas empfangen oder versprochen bekommen. Sein Gesell Heym were auch bey ihm gewesen, was der getahn, wüste er nicht.
Abraham hat gestanden, dass er mit seinem Sohn beim Rabbiner war.
Gompert von Witzenhausen gesteht, dass er mit Esaias von Abterode und Süssmann von Frankershausen Nathan von Abterode in Kassel befohlen hat, bei 5 fl. Strafe nicht aus Kassel zu weichen, ehe er nicht Marx zu Witzenhausen bezahlt habe, womit er der Herrschaft das Helfgeld unterschlagen habe.
Jeremias gesteht, gewusst zu haben, dass sein Bruder Joseph dem Goldschmied zu Eschwege einen Ring gestohlen hat.
Mithin haben die Judenvorsteher Abraham und Gumpert nicht nur dem kürzlich verstorbenen Rabbiner in unverantwortlicher Weise Beihilfe bei seinen Eingriffen in die herrschaftliche Jurisdiktion und in die daraus resultierenden Einnahmen geleistet, sondern auch selbst solche Eingriffe gegenüber ihren Judengenossen vorgenommen. Sie werden daher mit 30 Rtl. bestraft.
Weitere Angaben
Protokolleinträge anlässlich der Landesvisitation durch den Rotenburger Kanzleidirektor.
Archivangaben
Altsignatur
A II Nr. 1-27
Arcinsys-ID
Archivkontext
Nachweise
Edition
Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg / Nachträge von Uta Löwenstein (ungedruckt), Nr. NL 464.
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Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Vorladung des Jeremias Katz zu Abterode durch den Amtsschultheißen“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/14510_vorladung-des-jeremias-katz-zu-abterode-durch-den-amtsschultheissen> (aufgerufen am 25.11.2025)
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