Hl. Georg und gekrönte Maria mit Kind auf der Mondsichel (Ersheim, Pfarr- und Friedhofskirche)

 
Datierung
um 1517
Fenster
Chorfenster I
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Katalog

Von Uwe Gast

Abmessungen

H. 75,5 cm, B. 41,5 cm. – Inv. Nr. Kg 54:154; Beeh-Lustenberger 1973, Nr. 273.

Erhaltung

In der Glassubstanz zu großen Teilen intakt; vermutlich um 1900 ergänzt wurden der weiße Mantel Mariens, zwei Stücke des Wiesenbodens und wohl das mittlere Stück des roten Banners; störend die Sprünge in Gesicht und Oberkörper der Mutter-Kind-Gruppe. Die Bemalung ist insgesamt etwas berieben, z.T. auch verloren, sodass die vorzügliche Qualität der Zeichnung nicht unmittelbar zu erkennen ist und zudem die Figuren in ihrer plastischen Wirkung beeinträchtigt sind47.

Ikonografie, Komposition

Seite an Seite stehen der Hl. Georg und Maria mit dem Christuskind in einer schmalen, von zwei profilierten Gewändestücken gerahmten, oben – im darüber liegenden Feld (s. Nr. 187) – von einem einfachen, unprofilierten Balken abgedeckten Nische, deren Platz für zwei Figuren kaum ausreicht. Die Heiligen erscheinen deshalb nicht in frontaler Ausrichtung, sondern sind im Standmotiv einander zugekehrt, während sie mit Oberkörper und Kopf jeweils eine Wendung nach außen vollziehen und sich so, milde blickend, der Stifter annahmen, die in den Fensterbahnen zu ihren Seiten zu sehen waren (s. Rekonstruktion). Der Hl. Georg trägt einen modernen Harnisch, hält in seiner Rechten eine Lanze mit rotem Banner, das sich, links mit dem roten Kreuz des St.-Georg-Ritterordens versehen, wie ein Ehrentuch hinter den Köpfen beider Figuren erstreckt, und schleift – ein Dürer’sches Motiv – mit seiner Rechten lässig den erledigten Drachen mit sich, in dessen Hals die Lanze steckt48. Maria ist gekrönt und tritt mit ihrem rechten Fuß auf die – in Stein gemeißelte – Mondsichel; sie trägt in ihren Händen den kleinen, ja winzigen, nach links gewandten Christusknaben, der seinerseits einen Vogel an dessen gespreizten Flügeln hält49.

Farbigkeit, Technik

Auf wenige, großflächig ausgebreitete Töne reduzierte Farbigkeit: Silbergrau für den Harnisch des Hl. Georg, Violett und Weiß (gesichert) für die Gewandung Mariens, Rot für das Banner Georgs und Blau für den Hintergrund. Im Kontrast dazu das hell leuchtende Silbergelb der Nimben, Haare (bei Maria und Christus), einzelner Metallgegenstände und Attribute, usw. Beim Drachen wurde durch den Auftrag von Silbergelb auf dem bläulich schimmernden Glas ein delikater, giftgrüner Ton erzielt; Eisenrot wurde am Bart Georgs, Grün am Gefieder des Vogels eingesetzt (Fig. 79). Bemerkenswert ist nicht zuletzt die Darstellung des in Falten liegenden Ordenskreuzes auf dem Banner, die einen raffinierten Ausschliff des Rotüberfangs erforderte.

Ornament

Als Hintergrund ein blaues Damastmuster (Muster III,17). Es findet sich identisch in der um 1522/23 entstandenen Barbara-Scheibe in der Pfarrkirche zu Ellmendingen wieder50.

Bildnachweis

CVMA RT 13291, Großdia RT 05/085

Weitere Angaben

Standort heute

Darmstadt, Hessisches Landesmuseum

Nachweise

Fußnoten

  1. Beeh-Lustenberger 1973, S. 214 (Nr. 273).
  2. Sigrid Braunfels, Art. »Georg«, in: LCI, VI, 1974, Sp. 365–390, hier Sp. 377, mit Hinweis auf den Hl. Georg des Paumgartner-Altars, München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek, Inv. Nr. 701. – Eine Komposition, die einerseits dieses Dürer’sche Motiv zitiert und andererseits die Figur des Heiligen so variiert, dass sie im Standmotiv dem Ersheimer Hl. Georg nahekommt, ist in einem Scheibenriss um 1510 aus Straßburg erhalten (Leipzig, Museum der bildenden Künste, Graphische Sammlung, Inv. Nr. NI.8; Fig. 82); Altdeutsche Zeichnungen, bearbeitet von Karl-Heinz Mehnert und Sigrid Ihle (Kataloge der Graphischen Sammlung 1), Leipzig 1972, S. 112–115, Nr. 58. Vgl. hierzu auch Scholz 1991, S. 215–218. – Allgemein ist auch auf Dürers Hl. Florian des Holzschnittes mit den Schutzheiligen Österreichs von 1515 (Erstzustand) zu verweisen (Meder 219); Schoch/Mende/Scherbaum, II, 2002, S. 383–388, Nr. 237 (Thomas Schauerte).
  3. Zu Darstellungen von Maria, Kind und Vogel s. Gertrud Roth-Bojadzhiev, Studien zur Bedeutung der Vögel in der mittelalterlichen Tafelmalerei, Köln/Wien 1985, S. 18–30.
  4. Siehe oben S. 146 mit Anm. 28.

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen / Uwe Gast unter Mitwirkung von Ivo Rauch (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 1), Berlin 2011, 151 f. [= 186. Hl. Georg und gekrönte Maria mit Kind auf der Mondsichel]

Siehe auch

Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Hl. Georg und gekrönte Maria mit Kind auf der Mondsichel (Ersheim, Pfarr- und Friedhofskirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/106-1-01-01_hl-georg-und-gekroente-maria-mit-kind-auf-der-mondsichel-ersheim-pfarr-und-friedhofskirche> (aufgerufen am 26.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/106-1-01-01

Maria mit Kind (Detail). Ausschnitt aus Fig. 74. (Ausschnitt)Maria mit Kind (Detail). Freiburg . Br., Münster, Sakramentskapelle 2c. Freiburg (Ropstein-Werkstatt), 1515.Scheibenriss mit den Hll. Georg und Margarete und Stiftern. Leipzig, Museum der Bildenden Künste. Straßburg, um 1510.Hl. Georg und Muttergottes auf der Mondsichel mit segnendem Christuskind. Darmstadt, HLM, Nr. 186. Heidelberg (Kamberger-Werkstatt), um 1517. – Kat. S. 151.Hl. Georg und gekrönte Maria mit Kind auf der Mondsichel: ES [= Erhaltungsschema] Darmstadt Nr. 186f.