Ereignis

Was geschah

Das Attentat auf Kaiser Wilhelm I. (1797–1888) am 11. Mai 1878 nahm Reichskanzler Otto von Bismarck (1815–1898) zum Anlass, ein Ausnahmegesetz gegen die Sozialdemokraten auf den Weg zu bringen. Der Deutsche Reichstag lehnte den Entwurf ab. Ein zweites Attentat am 2. Juni 1878, bei dem der Kaiser verletzt und das ebenfalls den Sozialdemokraten zugeschrieben wurde, hatte die Auflösung des Reichstags und Neuwahlen zur Folge. Der Stimmenzuwachs für die Konservativen bedeutete, dass der Reichstag am 19. Oktober 1878 mit 221 zu 149 Stimmen für das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“, das sogenannte Sozialistengesetz, stimmte. Mit der Veröffentlichung im Reichsanzeiger tritt das Gesetz am 22. Oktober 1878 in Kraft. Damit werden sozialistische, demokratische und kommunistische Vereine, Versammlungen und Schriften, die den „Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung“ zum Ziel hatten, verboten. Die Teilnahme an Wahlen ist für Sozialdemokraten jedoch weiterhin möglich. Die Sozialdemokraten versuchten über gesellige Vereine, Gesangsvereine, geheime Treffen in Lokalen und Druckschriften sich weiterhin zu organisieren und auszutauschen. Veranstaltungen wurden streng überwacht, immer wieder kam es zu Verboten. Die Behörden hatten die Möglichkeit, den „Belagerungszustand“ auszurufen, der ihnen erlaubte, verdächtige Personen zu verhaften oder auszuweisen. Ab September 1879 erschien in Zürich die Zeitung „Der Sozialdemokrat“, die für die Entstehung einer illegalen Parteiorganisation von großer Bedeutung war. Das Gesetz war ursprünglich auf zweieinhalb Jahre befristet, wurde jedoch mehrfach verlängert und lief zum 30. September 1890 aus.
(StF)

Bezugsrahmen

Nachweise

Literatur

Weiterführende Informationen

  • [Aus den vierteljährlichen Berichten des Regierungspräsidenten Lothar von Wurmb an den Kaiser über die Lage der Sozialdemokratie im Regierungsbezirk Wiesbaden; Auszug aus einem Kommentar zum Sozialistengesetz, erschienen in der Frankfurter Zeitung am 20. Oktober 1878; Artikel in der Fuldaer Zeitung vom 9. November 1883 anlässlich der Verlängerung des Sozialistengesetzes; Karikatur auf die strenge Umsetzung des Sozialistengesetzes, erschienen in der politischen Satirezeitschrift Frankfurter Latern vom 30. November 1889]
  • Wikisource: Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie (eingesehen am 23.5.2024)

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Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Sozialistengesetz, 22. Oktober 1878“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/7567_sozialistengesetz> (aufgerufen am 25.11.2025)

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