Gründung der Kongregation der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Dernbach
Ereignis
Was geschah
Nach der Revolution von 1848 wird die neue Versammlungs- und Religionsfreiheit durch die Katholische Kirche begrüßt und führt zu einer religiösen Aufbruchstimmung. Neue Orden entstehen, die sich besonders den sozialen Problemen, der Massenarmut und den Hungerkrisen vor Ort widmen. Im Westerwald wird mit Zustimmung des Bischofs von Limburg, Peter Josef Blum (1808–1884), der Orden der Armen Dienstmägde Jesu Christi gegründet. Er wird der wichtigste Schwesternorden des Bistums Limburg. Gründerin ist Katharina Kasper (1820–1898) aus dem kleinen Westerwaldort Dernbach. Aufgabe des Ordens ist die Betreuung der Landbevölkerung und die Erziehung und Bildung der Kinder und weiblichen Jugend. Der Orden sorgt für eine Ausbildung der Schwestern in der Krankenpflege oder im pädagogischen und schulischen Bereich. Er eröffnet damit für junge Frauen einen selbst bestimmten Lebensweg. Die Mitgliederzahl wächst schnell an, um 1880 existieren allein im Bistum Limburg neben dem Mutterhaus schon 25 weitere Häuser. 1860 erkennt der Papst die Genossenschaft an, bestätigt 1870 die Ordensregeln. Der Orden wird von einer Generaloberin geleitet, bis zu ihrem Tode 1898 durch Katharina Kasper. Die Schwestern, nach ihrem Gründungsort Dernbach oft auch Dernbacher Schwestern genannt, arbeiten in der Krankenpflege, im Erziehungsbereich, gründen viele Schulen und engagieren sich in der Waisen- und Kinderbetreuung. 1868 gründet der Orden seine erste Niederlassung in den USA.
Die Begriffe Orden, Kongregation, Genossenschaft werden meist synonym verwendet. Es besteht eine Art Muster für die Gründung der Niederlassungen. Häufig fordern Pfarrer oder Vertreter der Stadt beim Mutterhaus des Ordens in Dernbach Schwestern an, um die Situation in der Krankenpflege zu verbessern. Ebenso unterstützen Privatpersonen, die mit der Krankenpflege persönlich gute Erfahrungen machten, die Niederlassungen durch Spenden, Stiftungen oder die Bereitstellung von Gebäuden wie in Bad Camberg. Der Orden setzt für eine Niederlassung als Bedingung, dass mindestens drei Schwestern hier leben, wenn möglich eine Kapelle oder mindestens ein Andachtsraum vorhanden ist. Den ersten zwei bis drei Schwestern folgen weitere, sie übernehmen in der Regel die Kinderbetreuung im Ort neben der Krankenambulanz und bauen Schulen auf. Sie kümmern sich um Arme und Kranke, Waisen und Obdachlose in den Gemeinden, sehen sich in der Nachfolge von Jesu Christus, daher die Bezeichnung als „Arme Dienstmägde“. Besonders die Erziehung und Ausbildung der Kinder und Jugendliche ist für sie wichtig. So versuchen sie den sog. Bettelmannhandel in den armen Regionen des Westerwaldes und Oberhessens zu unterlaufen und die Kinder vor einem Verkauf durch ihre Eltern als Arbeitskräfte in Nordeuropa zu schützen. Ein großer Vorteil des Einsatzes der Ordensschwestern wird in ihrer Ausbildung gesehen. Ohne eine fundierte medizinische, fachwissenschaftliche und teilweise pädagogische Ausbildung werden die Schwestern nicht eingesetzt. Der Orden gründet Ausbildungszentren und entwickelt sich so – ebenso wie die Vinzentinerinnen – zu einem der wichtigsten Krankenpflegeeinrichtungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Für Frauen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bietet der Orden eine Ausbildung, eine berufliche Tätigkeit und ein selbst bestimmtes Leben an. Der emanzipatorische Schub im medizinischen und schulischen Bereich ist bedeutend.
Im preußischen Kulturkampf 1872 werden die Schulen, Waisenhäuser und alle Bildungseinrichtungen des Ordens geschlossen, erst 1882 können die Kinderbewahranstalten wieder eröffnet werden.
(RKr)
Bezugsrahmen
Nachweise
Literatur
Weiterführende Informationen
- HHStAW Bestand 405 Nr. 518 (Beispiel Hasselbach); Archiv im Generalat in Dernbach
- LAGIS: Klöster und Orden: Übersicht über die Niederlassungen der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Hessen
Kalender
Siehe auch
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Personen
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Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Gründung der Kongregation der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Dernbach, 15. August 1851“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6408_gruendung-der-kongregation-der-armen-dienstmaegde-jesu-christi-in-dernbach_gruendung-der-kongregation-der-armen-dienstmaegde-jesu-christi-in-dernbach> (aufgerufen am 25.11.2025)
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