Säuglingssterblichkeit im Regierungsbezirk Wiesbaden
Ereignis
Was geschah
„Volksvermehrung“ – zwei Möglichkeiten sieht die Abend-Ausgabe der „Wiesbadener Zeitung“ vom 9. Mai 1917, um den durch den Weltkrieg verursachten Bevölkerungsrückgang entgegenzuwirken: Geburtenvermehrung und Eindämmung der Säuglingssterblichkeit.
Auf die thematische Komplexität verweisend, wird auf die Geburtenvermehrung im Artikel allerdings nicht eingegangen. Hinsichtlich der Säuglingssterblichkeit wird in die Thematik einführend festgestellt, dass diese in Deutschland, obwohl seit 40 Jahren deutlich rückläufig, im Vergleich zum Ausland immer noch viel zu hoch liegt. Während in Deutschland immer noch 188 von 1.000 lebendgeborenen Kindern im Verlauf des ersten Lebensjahrs versterben, sind es „in Frankreich nur 135 und in Norwegen sogar nur 74“. Es folgt eine Tabelle, die die Säuglingssterblichkeit in Preußen, im Regierungsbezirk Wiesbaden sowie in den Städten Frankfurt am Main und Wiesbaden betreffende Daten aus den Zeiträumen 1875/80 bzw. 1911/14 zum Vergleich gegenüberstellt. Dem Betrachter offenbaren sich zwei Fakten: Einerseits ist die Säuglingssterblichkeit sowohl bei ehelich als auch unehelich geborenen Kindern in der Tat zurückgegangen, andererseits ist die Säuglingssterblichkeit bei unehelich geborenen Kindern im Vergleich zu ehelich geborenen Kindern nach wie vor überproportional hoch.
In der zweiten Hälfte des Artikels werden zahlreiche Mittel zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit angeführt, darüber hinaus aber nicht näher erläutert. Dazu zählen: Die Stillzeit von Säuglingen sollte mindestens drei Monate währen. Mädchen sind bereits während der Schulzeit in Säuglingspflege zu unterrichten. Mütterberatungsstellen sind in allen Gemeinden einzurichten, das Hebammenwesen neu zu regeln. Nach dem Vorbild der Stadt München ist „ein ganzes Heer an Säuglingspflegerinnen“ auszubilden, die sich vornehmlich der unehelich geborenen Kinder annehmen.
Sich durchaus bewusst, dass diese Maßnahmen mit hohen Kosten einhergehen, stellt der Autor des Artikels abschließend fest, dass für den Nachwuchs keine Summe zu hoch erscheinen darf.
(MG)
Bezugsrahmen
Indizes
Orte
Sachbegriffe
Nachweise
Literatur
- Wiesbadener Zeitung, Rheinischer Kurier, Nr. 235, 9.5.1917, S. 2 f.: Die Säuglingssterblichkeit im Regierungsbezirk Wiesbaden. Online-Ausgabe: Der Erste Weltkrieg im Spiegel hessischer Regionalzeitungen
Weiterführende Informationen
- A. E. Imhof, Unterschiedliche Säuglingssterblichkeit in Deutschland. 18. bis 20. Jahrhundert – warum?, in: Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaften 7 (1981), H. 3, S. 343-382
- DIE ZEIT 10/1992, 28.2.1992: „Der Herr hat’s gegeben; der Herr hat’s genommen“. Säuglingssterblichkeit in Deutschland von 1800 bis heute / von Manfred Vasold (eingesehen am 12.9.2018)
Kalender
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Säuglingssterblichkeit im Regierungsbezirk Wiesbaden, 9. Mai 1917“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/5438_saeuglingssterblichkeit-im-regierungsbezirk-wiesbaden> (aufgerufen am 26.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/edbx/5438