Die „Morde von Mechterstädt“

 

Ereignis

Was geschah

Am 20. März 1920 reisten die ersten sechs der 10 Kompanien des Marburger Studentenkorps „Im Beisein einer großen Zuschauermenge“ aus Marburg nach Thüringen ab. Grund war ein Aufruf der Reichsregierung, dass „organisierte bewaffnete Banden […] raubend und plündernd das Land“ durchziehen würden. Thüringen war eine Hochburg der Arbeiterbewegung, es gab Befürchtungen, dass es einen Putsch von links geben könnte. Die nun geschickten Truppen, die sogenannte „Brigade Rumschöttel“, die aus dem Studentenkorps und Mitgliedern der Reichswehrbrigade 11 unter dem Kommando Generalmajors Hermann Rumschöttel (1858–1944) bestand, sollten die Ordnung in Thüringen wiederherstellen. Das erste Bataillon des Studentenkorps stand unter dem Kommando Bogislav von Selchows (1877–1943), der nur wenige Tage zuvor im Zuge des „Kapp-Putsches" in Marburg einen Umsturz geplant hatte. Das zweite Bataillon, das aus den übrigen vier Kompanien bestand und zu dem auch die Volkskompanie gehörte, reiste erst am 26. März nach Thüringen. Das Kommando hatte Karl-Ludwig von Buttlar (1880–1941). Nach einem ersten Halt in Eisenach quartierte sich das erste Bataillon am 24. März in Sättelstädt und dem benachbarten Mechterstädt ein. Dort war zuvor die Bevölkerung teilweise unter Androhung von Gewalt zur Herausgabe von Schusswaffen gezwungen worden, weshalb von Selchow befahl, die Anführer gefangen zu nehmen. Von den daraufhin 40 Verhafteten wurden 25 nach einem ersten Verhör wieder freigelassen. Von Selchow plante, die übrigen 15 Gefangenen noch in der Nacht nach Eisenach zu überführen, um sie dort vor ein Kriegsgericht zu stellen, die Brigadeführung befahl jedoch die Überstellung nach Gotha. Am Morgen des 25. März brach das Studentenkorps mit den Gefangenen nach Gotha auf. Nach Angaben der sie begleitenden Studenten hätten die 15 Männer versucht, zu fliehen und wurden daraufhin erschossen. Alle Toten wiesen einen Kopfschuss auf und wurden aus nächster Nähe erschossen. Der gewaltsame Tod der Gefangenen erregte große Aufmerksamkeit. Überregional bekannt wurde der Fall jedoch erst, nachdem Ernst Lemmer (1898–1970), Mitglied der Volkskompanie, nach Berlin reiste, um dort Politiker über den Vorfall zu informieren. Daraufhin berichtete der demokratische Abgeordnete Ludwig Haas (1875–1930) am 29. März 1920 in der Nationalversammlung über die Erschießung der Gefangenen. Schon früh kam Kritik am Vorgehen des Studentenkorps auf, die Universität Marburg stellte sich jedoch hinter ihre Studenten. In zwei Prozessen im Juni und Dezember 1920 wurden die Beteiligten freigesprochen.
(StF)

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Rechtehinweise

Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Die „Morde von Mechterstädt“, 25. März 1920“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/522_die-morde-von-mechterstaedt> (aufgerufen am 25.11.2025)

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