Tod des Zentrumsführers Ernst Lieber in Camberg

 
Bezugsort(e)
Bad Camberg
Epoche
Kaiserreich
Themenbereich
Kirche und Religion · Politik

Ereignis

Was geschah

Im nassauischen Camberg stirbt der Reichstagsabgeordnete und Parteivorsitzende der Zentrumspartei Dr. Philipp Ernst Maria Lieber (1838–1902) im Alter von 63 Jahren. Lieber, Sohn des Politikers, Juristen, Publizisten, und Autors Moritz Joseph Josias Lieber (1790–1860) studierte ab 1858 Jura in Würzburg, München und Bonn. Er promovierte in Heidelberg. Die Arbeit an seiner Habilitation unterbrach er nach dem Tod des Vaters 1863, um die Mutter in der Erziehung der jüngsten Geschwister und im elterlichen Teehandelshaus zu unterstützen. In Camberg, wo die Familie 1824 nach dem Ausscheiden des Vaters aus dem preußischen Staatsdienst ansässig wurde, gründete Ernst Lieber einen Gewerbeverein und einen katholischen geselligen Verein. 1873 heiratete er die 15 Jahre jüngere Josefine Arnold (1853–1932). Aus dieser Verbindung gingen zwölf Kinder hervor. Politisch betätigte sich Lieber in der Stadtverordnetenversammlung seiner Geburtsstadt Camberg, wo er zeitweise das Amt des Stadtverordnetenvorstehers innehatte. Zudem gehörte er dem Kreistag und Kreisausschuss an, dem Kommunallandtag des Regierungsbezirks Wiesbaden und dem Provinziallandtag der preußischen Provinz Hessen-Nassau in Kassel an. Engagement entfaltete Ernst Lieber insbesondere auch im Bereich der Kirche, so zum Beispiel beim Aufbau des kirchlichen Vereinswesens in der Diözese Limburg, wo er bald zu den führenden Repräsentanten des Laienkatholizismus zählte. 1869 hielt er erstmals eine Rede auf dem Katholikentag. 1870 gehört Lieber zu den Gründern der „Fraktion des Zentrums“, der späteren Deutschen Zentrumspartei, deren Parteivorsitz er 1891 übernahm. Lieber wurde 1870 in das preußische Abgeordnetenhaus und im März 1871 in den ersten Reichstag gewählt.Während des Kulturkampfes profilierte er sich in den 1870er Jahren als redegewandter Gegner von Reichskanzler Bismarck (1815–1898), insbesondere bei den Debatten um die Einschränkung der Frauen- und Kinderarbeit, die gesetzliche Sonntagsruhe und die allgemeine Arbeitszeitbegrenzung. Nach der teilweisen Zurücknahme der in der ersten Hälfte der 1870er Jahre eingeführten „Kulturkampfgesetze“ und der Beendigung der zwischen Staat und katholischer Kirche geführten Auseinandersetzung1 schlug die Zentrumspartei unter Liebers Führung einen betont nationalen Kurs ein. So unterstützte er zum Beispiel besonders die ab 1898 im Reichstag verabschiedeten Flottenvorlagen, und damit die Großmachtambitionen Kaiser Wilhelms II.
(KU)

Bezugsrahmen

Nachweise

Fußnoten

  1. Bei Beendigung des Konflikts hatte der „Kulturkampf“ schätzungsweise 1.800 katholische Pfarrer ins Gefängnis gebracht und zur Beschlagnahmung von Kircheneigentum im Wert von 16 Millionen Goldmark geführt.

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Rechtehinweise

Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Tod des Zentrumsführers Ernst Lieber in Camberg, 31. März 1902“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/3046_tod-des-zentrumsfuehrers-ernst-lieber-in-camberg> (aufgerufen am 25.11.2025)

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