Basisdaten
Das Stift wird von den Grafen von Nassau 1340 gegründet und zur Grablege der Familie bestimmt. Die Kirche ist dem heiligen Martin geweiht und wird im 17. Jahrhundert barockisiert.
Orden
Kollegiatstift
Alte Diözesanzugehörigkeit
Kirchenprovinz Trier, Erzbistum Trier, Archidiakonat St. Lubentius zu Dietkirchen
Typ
Chorherrenstift
Territorium
- Grafen von Nassau; vgl. Entwicklung Idstein
Historische Namensformen
- in collegiatam ecclesia erigere ... canonicis secularibus (1340) [nach Struck, Quellen zu Kollegiatstiften, S. 386-388, Nr. 860]
- godshuses de canonie zu Edchin (1342) [nach Struck, Quellen zu Kollegiatstiften, S. 388-389, Nr. 864]
Lagebezug
16,5 km nordöstlich von Bad Schwalbach
Lage
Im alten Stadtkern in der Nähe des Marktes liegt die Stiftskirche,
Geschichte
Die bereits um 1200 errichtete Kirche, von der noch der Turm zeugt, wird mit der Gründung und dem Ausbau des Stiftes in eine gotische dreischiffige Basilika umgebaut (1320). Gegründet wird das Stift 1340 durch Graf Gerlach von Nassau, dem dritten Sohn Königs Adolfs von Nassau, und seiner Frau Agnes von Hessen unter Beteiligung des Trierer Erzbischofs Balduin. Das Stift unterstreicht die Bedeutung der zur Stadt erhobene Residenz der Grafen von Nassau-Idstein. Sechs Kanoniker gehören zum Stift, von denen einer Vikar in der inkorporierten Pfarrkirche in Oberlahnstein ist. Die Grafenfamilie fördert mit bedeutenden Schenkungen das Stift auch im 15. Jahrhundert, ebenso der regionale Adel und auswärtige Geistliche besonders aus Mainz. Die Gruft in der Stiftskirche dient der gräflichen Familie als Grablege, der Kirchenraum den Stiftsherren und Familien des regionalen Adels. Zu den zentralen Aufgaben des Stiftes gehören die Feiern der Jahresgedächtnisse. Größere Darlehen des Stiftes an das Grafenhaus zeigen die enge finanzielle Verknüpfung. Die Geistlichen des Stiftes leben in eigenen Häusern in der Stadt. Seit dem 15. Jahrhundert ist am Stift eine Schule nachgewiesen.
Die seit 1526 in den Nachbargebieten sich durchsetzende Reformation in Nassau-Weilburg und der Landgrafschaft Hessen nutzt Graf Philipp II von Nassau-Idstein-Wiesbaden, um als Landesherr 1534 den Dekan des Stifts einzusetzen und 1542 eine Kirchenordnung zu erlassen. Das Stift verzichtet auf seine Rechte in Oberlahnstein und seine verbrieften Freiheitsrechte. 1553 wird es als katholische Einrichtung aufgehoben. Das Vermögen fließt in einen Fond, aus dem schulische, kirchliche und wohltätigen Ausgaben bestritten werden, der bis 1817 besteht (Schuledikt des Herzogtums Nassau).
1553 wird ein Inventar des Klosterbesitzes, des Klosterschatzes und des Archivs erstellt. Kleinodien, Schmuckstücke, kostbare Gewänder werden in Frankfurt verkauft.
Reparaturrechnungen für die Turmuhr aus dem frühen 16.Jahrhundert zeigen, dass das Stift bereits eine Uhr besaß.
Gründungsjahr
1333
Gründer
Graf Gerlach von Nassau
Aufhebungsjahr
nach 1546
Organisation
Laut Gründungsurkunde von 1340 gehören zum Kapitel acht Kanoniker, die den Dekan wählen, der durch den Trierer Erzbischof bestätigt wird. Der Dekan übt das Disziplinarrecht aus. Die Grafen von Nassau üben das Patronatsrecht aus und nominieren die Kanoniker. Diese haben Residenzpflicht in Idstein, versorgen die Pfarrei betreuen seelsorgerisch die Bevölkerung, halten Gottesdienste und beteiligen sich an der gräflichen Verwaltung. Wie im Erzbistum Trier für Stifte üblich, entscheiden die Mitglieder des Stiftes in Kapitelversammlungen eigenständig über ihre Geschäfte. Es gibt eine gemeinsame Finanzverwaltung, jeder Kanoniker erhält eine jährliche Rente. Die Mitglieder des Stiftes kommen aus dem niederen Adel und den bürgerlichen Familien Idsteins. Sie haben alle die priesterlichen Weihen. Die Landesherren setzen mehrere Altaristen ein, um die wenigen Stiftsmitglieder bei der Ausübung der priesterlichen Aufgaben zu unterstützen.
Pfarrrechte
Pfarrkirche von Oberlahnstein, Kapelle von Neuhof
Patrozinien
St. Martin (1340)
Archivgeschichte
Vom Stiftsarchiv wird 1553 ein Inventar erstellt, Teile der Urkunden gehen an die gräfliche Kanzlei. Diese wird im 30jährigen Krieg stark beschädigt. Reste des einstmaligen Klosterarchivs finden sich heute im Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden. Struck, Stifte St.Walpurgis in Weilburg und St.Martin in Idstein, S. 426-428
Bibliotheksgeschichte
Besitz
Neben dem gemeinsamen Besitz des Kapitels gibt es Sondergut der Kanonikate und des Dekans, außerdem einen Präsenz- und einen Baufonds. Grundbesitz und Grundrechte hält das Stift im Taunus in einem Bereich nördlich bis Niederselters am Embach, östlich bis Neuweilnau und Dillenberg, südlich bis Wiesbaden und westlich bis Huppert und Langschied in der Nähe der Aar:Adolfseck, Auringen, Bad Schwalbach, Bechtheim, Bermbach, Beuerbach, Breithardt, Camberg, Cratzenbach, Dasbach, Dausenau, Dillenberg, Ehrenbach, Eltville, Erbach, Esch, Fackenhofen, Gassenbach, Görsroth, Heftrich, Holzhausen, Huppert, Idstein, Kesselbach, Ketternschwalbach, Kirberg, Kröftel, Langschied, Limbach, Lindschied, Michelbach, Neuhof, Neuweilnau, Niederauroff, Niederems, Niedernhausen, Niederseelbach, Niederselters, Oberauroff, Oberems, Oberlahnstein, Oberseelbach, Ohren, Reichenbach, Rod an der Weil, Rode, Stauersbach, Steckenroth, Strinz-Margarethä, Strinz-Trinitatis, Wallrabenstein, Walsdorf, Wehen, Wiesbaden, Wißborn, Wörsdorf, Wolfsbach, Würges, Wüstems, Zuschenbach,
Ausstattung
Gebäude
Die ehemalige Kollegiatsstiftskirche St. Martin (bis 1553), heute ev. Pfarrkirche, sog. Unionskirche, wird im 17. Jh. als Predigt- und Hofkirche zu einer Basilika umgebaut. Von einer Anlage um 1200 ist nur der Turm erhalten, um 1328-40 gotischer Neubau und anschließende Erhebung zu einer Kollegiatsstiftskirche. Reicher Bestand an Grabmalen und Epitaphen des 15.-18. Jh.
Graf Johann von Nassau-Idstein (gest. 1677) und sein Erbe, Fürst Friedrich Ludwig von Nassau-Saarbrücken (gest. 1728) barockisieren die Gesamtanlage.
Denkmaltopographie
Nachweise
Arcinsys Hessen
Gedruckte Quellen
Literatur
- Struck, Stifte St.Walpurgis in Weilburg und St.Martin in Idstein, S. 384-434
- Denkmaltopographie Rheingau-Taunus-Kreis II: Altkreis Untertaunus, S. 330-399
- Kehrein, Nassauisches Namenbuch, S. 219
- Kleinfeldt, Kirchenorganisation, S. 177
- Vogel, Beschreibung, S. 817-819
- Schmidt, Nassau-Idstein, Teil II: Ortslexikon S. 69-77
Germania Sacra-ID
GND-Nummer
GND-Nummer Bauwerk
Indizes
Siehe auch
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Orte
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Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Idstein, Martinsstift“, in: Klöster und Orden <https://lagis.hessen.de/de/orte/kloester-und-orden/alle-eintraege/13016_idstein-martinsstift> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/kl/13016