Oberrieden

Die Lage von Oberrieden im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Dorf
Lagebezug
7 km südöstlich von Witzenhausen
Lage und Verkehrslage
Geschlossenes Dorf mit regellosem Grundriß entlang des nördlich in die Werra mündenden Riedbachs, unmittelbar westlich der heutigen Landesgrenze zum Freistaat Thüringen. Auf breitem Geländevorsprung über der Werra in markanter Lage die Kirche. Westlich über dem Bach 2 parallele Gassen, dazwischen Reste eines ummauerten Lindenplatzes mit Steintisch. Die heutige Hauptachse (Hilgershäuser Straße) führt im Zuge der in S-N Richtung verlaufenden L 3240 nordöstlich der Ortslage auf die B 27. Bahnhof der Eisenbahnlinie Bebra – Friedland ("Bebra-Friedländer-Bahn"; "Werratalbahn III") (Inbetriebnahme der Strecke 15.5.1876).
Vorbemerkung Historische Namensformen
Der Beleg zu um 1150 aus der fuldischen Überlieferung ist vermutlich auf einen wüsten Ort beim Riederhof östlich von Kaltensundheim, nordwestlich von Meiningen, zu beziehen (Codex Eberhardi 3 (Index), S. 321)
Historische Namensformen
- Rieden, in (um 1150) [Kopiar um 1160 Codex Eberhardi 2, Bl. 187r, S. 347; Dronke, Codex diplomaticus Fuldensis Nr. 819; Dobenecker, Regesta 1, Nr. 1682]
- Reden, de (1252) [Eckhardt, Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Allendorf an der Werra und des Salzwerks Sooden, S. 12-13, Nr. 7]
- Rhieden, de (1253)
- Riden, de; Rieden, de (1271) [Urkundenbuch des Klosters Mariengarten, S. 52, Nr. 31]
- Reden, in (1299) [Urkundenbuch Stift Hilwartshausen, S. 103-104, Nr. 113; sofern hierauf und nicht auf Unterrieden zu beziehen]
- Rieden (1347) [HStAM Bestand Urk. 13 Nr. 4007]
- Ryeden (1370-1380) [Landgrafen-Regesten online Nr. 1434]
- Ridem, in; Ryden, de, in (um 1376) [Vogtherr, Ältestes Lehnbuch der Landgrafschaft Hessen, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 37 (1987), S. 25-71, hier S. 41-42 (45, 54)]
- Rydin, zu (1409) [HStAM Bestand Urk. 49 Nr. 1621]
- Ryden (1466) [A. Eckhardt, Geschichte der Ämter Ziegenberg und Ludwigstein, in: O. Perst (Hrsg.), Festschrift für Karl August Eckhardt, S. 111-144, hier S. 122; HStAM Bestand S Nr. 9]
- Rieden (1585) [Der ökonomische Staat, S. 85]
- Ride (1592) [Mercator, Hassia landtgraviatus HStAM Bestand Karten Nr. R II 28]
- Ride (1708/10) [Schleenstein, Landesaufnahme, Karte Nr. 10]
- Ober Rieda (1722) [HStAM Bestand Karten Nr. P II 8998]
- Ober Rieden (1747) [Dorfbuch der Landgrafschaft Hessen-Cassel HStAM Bestand S Nr. 105]
Bezeichnung der Siedlung
- predium (um 1150)
- villa (1299)
- Dorf (1347, 1466)
Umlegung der Flur
1955/63
Älteste Gemarkungskarte
1722
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3564633, 5686384
UTM: 32 U 564534 5684549
WGS84: 51.308588° N, 9.925843° O
Statistik
Ortskennziffer
636001080
Flächennutzungsstatistik
- 1961 (Hektar): 530, davon 104 Wald (= 19.62 %)
Einwohnerstatistik
- 1466: 19 Hausgesesse
- 1543: 31 Hausgesesse
- 1575/85: 42 Hausgesesse
- 1681: 48
- 1747: 71 Mannschaften mit 72 Feuerstellen [Dorfbuch der Landgrafschaft Hessen-Cassel HStAM Bestand S Nr. 105]
- 1750 (Gewerbetreibende): 2 Müller, 1 Wagner, 2 Faßbinder, 4 Schneider, 2 Hufschmiede, 1 Nagelschmied, 1 Korbmacher, 31 Leinweber, die auch Landwirtschaft betreiben, 10 Leinweber, so sommerzeits tagelöhnen, 1 Musikant und Leinweber, 3 Wirte, 3 einzelne Weibspersonen
- 1961: 673, davon 596 evangelisch (= 88.56 %), 74 katholisch (= 11.00 %)
- 1970: 652 Einwohner
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 1466: Landgrafschaft Hessen, Amt Ludwigstein
- 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Amt Ludwigstein
- 1627-1834: Landgrafschaft Hessen-Rotenburg (sogenannte Rotenburger Quart), teilsouveränes Fürstentum unter reichsrechtlicher Oberhoheit der Landgrafschaft Hessen-Kassel bzw. des Kurfürstentums Hessen
- 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Ludwigstein
- 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Ludwigstein
- 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Eschwege, Kanton Witzenhausen
- 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Ludwigstein
- 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Witzenhausen
- 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Eschwege
- 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Witzenhausen
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Witzenhausen
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Witzenhausen
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Witzenhausen
- 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Werra-Meißner-Kreis
Altkreis
Witzenhausen
Gemeindeentwicklung
Am 31.12.1971 im Zuge der hessischen Gebietsreform der Stadt Bad Sooden-Allendorf als Stadtteil eingegliedert.
Gericht
- 1747: Niederes und peinliches Gericht Hessen
- 1807: Friedensgericht Witzenhausen
- 1821-1834: Fürstlich Rotenburgisches Oberschultheißenamt Witzenhausen mit Justizamt Ludwigstein
- 1834: Justizamt Witzenhausen I
- 1837: Justizamt Witzenhausen
- 1867: Amtsgericht Witzenhausen
- 1879: Amtsgericht Witzenhausen
- Gerichtsplatz von niedriger Sandsteinquadermauer im Dreiviertel-Rund umzogen, daran steinerner Tisch
Herrschaft
- 1347 und 1588: landgräfliches Dorf. Um 1376 hat Brun an dem Berge als landgräfiches Burglehen u.a. einen Hof in Oberrieden.
- 1369: Landgraf Heinrich belehnt Wilhelm von Dörnberg mit Burglehen aus Oberrieden.
Hessen, Landgrafen 1370: Den von Netra wird durch Landgraf Heinrich das Dorf Oberrieden versetzt.- 1374: Landgraf Heinrich verschreibt den von Dörnberg 60 Mk aus dem Dorf Oberrieden.
Hessen, Landgrafen Kurz nach 1376: Brun von dem Berge hat von Hessen Gefalle und Fischereinutzung zu Oberrieden als Burglehen.Hessen, Landgrafen 1379: Landgraf Hermann verpfändet dem Lupold von Hanstein für 100 Mk das Dorf Oberrieden.- 1409: Kloster Germerode verkauft dem Martin von Hanstein das Vorwerk zu Oberrieden.
Hessen, Landgrafen 1428: Die Gebrüder von dem Berge erhalten von Landgraf Ludwig Einkünfte und Besitz zu Oberrieden als Burglehen.Hessen, Landgrafen 1438: Landgraf Ludwig belehnt Hans von Stockhausen mit Vorwerk zu Oberrieden.Hessen, Landgrafen 1447: Die von Dörnberg werden durch Hessen mit Gütern zu Oberrieden belehnt.Hessen, Landgrafen 1575/85: Allerlei Höfe, Zinsen und Güter als hessisches Lehen der von dem Berge.
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
Fulda, Kloster Um 1150: Kloster Fulda erhält von Graf Giso von Bilstein ein Gut zu Rieden (vgl. jedoch hierzu die Vorbemerkung zu den Namensformen).Mainz, Erzbistum 1299: Heinrich von Ziegenberg läßt dem Erzbischof von Mainz Äcker zu Oberrieden als Entschädigung auf.- 1327: Oberrieden ist zum Schloss Rusteberg leistungspflichtig.
- 1347: Berthold von Dörnberg und Heinrich von Worbis wollen das ihnen versetzte Dorf Oberrieden wieder freigeben.
Ortsadel
1252-1429
Kirche und Religion
Ortskirchen
- 1271: plebanus
- 1786-90: klassizistische Kirche an der Stelle eines gotischen Vorgängerbaus errichtet, 1862 restauriert
Patrozinien
- Georg (Georgius)
Pfarrzugehörigkeit
1519: Pfarrer wohnt in Allendorf. 1539 - 48: von Allendorf versehen 1550 - 62: Pfarrer von Oberrieden versieht Wendershausen mit. 1562 - 75: Pfarrer wohnt in Allendorf; zum Kirchspiel Oberrieden gehören Wendershausen#636016140 und Ludwigstein. Ab 1576: Pfarrer in Oberrieden mit Wendershausen 1654: mit der Versehung von Ellershausen beauftragt 1747, 1872 und 1994: Oberrieden mit Filiale Wendershausen (1872 auch Flachsbachsmühle)
Patronat
1374: Landgraf Hermann überträgt dem Sohn Eckhardts von Rieden das beneficium ecclesiasticum zu Oberrieden.
1438: Landgraf Ludwig belehnt Hans von Stockhausen mit dem Kirchlehen zu Oberrieden, wie es dessen Schwiegervater Joh. von Rieden innehatte.
1447: von Dörnberg mit dem Kirchlehen belehnt und folgend bis 1929: Patronat im Wechsel von Dörnberg mit der Kirchenregierung
Bekenntniswechsel
Erster evangelischer Pfarrer: Paul Töpfer 1537, auf Anordnung Landgraf Philipps Pfarrer der Dorfschaft Rieden
Kirchliche Mittelbehörden
Archpresbytariat vielleicht Witzenhausen Archdiakonat Heiligenstadt 1585: Sup. Rotenburg-Allendorf 1780 und 1782: Klasse Witzenhausen 1923: Kirchenkreis Witzenhausen
Juden
Flurname: "Judenkammer"
Kultur
Schulen
1910 einklassige Volksschule
Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)
Wirtschaft
Mühlen
1750 existieren zwei Mühlen mit oberschlächtigem Wasserrad, die beide vom Riedbach angetrieben werden: die Obermühle am Südrand und die Untermühle im östlichen Teil von Oberrieden. In der Obermühle wird das Rad 1936 gegen eine Turbine getauscht, die Untermühle wird seit 1970 nicht mehr betrieben.
Zoll
1575/85: 3 Gulden Landzoll
Nachweise
Quellen
Cal. Or.100 Mariengarten Nr. 27. Staatsarchiv Hannover
Kopiar Mariengarten Nr. 283, 287. LBH
Literatur
- 850 Jahre Oberrieden
- Scholz, Wasser- und Windmühlen Werra-Meißner-Kreis, S. 28-29
- Denkmaltopographie Werra-Meißner-Kreis, Bd. III: Altkreis Witzenhausen, S. 277-287
- K. Kollmann, "Grafen Wigger" und die Grafen von Bilstein, S. 182
- Historisches Ortslexikon Witzenhausen, S. 106f.
- A. Eckhardt, Geschichte der Ämter Ziegenberg und Ludwigstein, in: O. Perst (Hrsg.), Festschrift für Karl August Eckhardt, S. 111-144
- Buhse, Beschreibung des Dorfes Oberrieden bei Witzenhausen in wirtschaftlicher Beziehung, in: Landwirtschaftliche Zeitung für Kurhessen 1855
- Reccius, Oberrieden und Ahrenberg, in: Werratal 4 (1926), S. 8-9
- Großmann, Kirche zu Oberrieden, in: O. Perst (Hrsg.), Festschrift für Karl August Eckhardt, S. 219-228
- Hütteroth, althessische Pfarrer, S. 370, 529
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Orte
Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Oberrieden, Werra-Meißner-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/6621_oberrieden> (aufgerufen am 26.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/ol/6621