Babenhausen

Die Lage von Babenhausen im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Stadt
Lagebezug
10 km nordöstlich von Dieburg
Lage und Verkehrslage
An der Gersprenz, linker Nebenfluss des Mains, in der Flugsandebene nördlich des Odenwaldes. Kreuzungspunkt von drei alten Handelsstraßen: Odenwald-Frankfurt, Franken-Frankfurt und Darmstadt-Aschaffenburg. Bahnhof der Eisenbahnlinie Mainz – Aschaffenburg ("Rhein-Main-Bahn (I)", "Main-Rhein-Bahn (I)") (Inbetriebnahme der Strecke 18.11.1858) und der Eisenbahnlinie Hanau – Eberbach ("Odenwaldbahn (I)", "Mümlingtalbahn") (Teilstrecke Hanau - Babenhausen am 1.5.1882 eröffnet und die Teilstrecke Babenhausen - Groß-Umstadt schon am 29.6.1870).
Ersterwähnung
1236
Siedlungsentwicklung
Planmäßig angelegte Marktsiedlung unmittelbar nördlich an die Burg anschließend. Unregelmäßiges Viereck mit nordsüdlich verlaufender Hauptstraße. Etwa in deren Mitte nach Osten Erweiterung zum rechteckigen Marktplatz, der wiederum im Osten von der Kirche abgeschlossen wird. Straßen rechtwinklig von der Hauptstraße abgehend, im westlich der Hauptstraße liegenden, größeren Stadtteil gitterförmiges Straßennetz, rings um die Stadt Straße an der Mauer oder an den dicht an die Mauer gebauten Häusern entlang. Befestigung mit Mauer, begonnen 1295, Neubau 1445, und Graben. Ursprünglich sieben Türme und zwei Tore: Bachtor im Süden, niedergelegt 1819, Bachtorturm 1840; Hanauer Tor im Norden ("Kühtor"), Abbruch 1823, Entfernung zwischen den Toren 325 m. zwei Türme: der Mühlturm oder Hexenturm und der Breschturm oder "Spitze Turm" erhalten, ebenso der größte Teil der Stadtmauer. Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten Durchbrüche durch den Festungsgürtel. Neuer süd-westlicher Stadtteil: "Neue Welt" seit Mitte 19. Jahrhundert, Erweiterung nach Norden seit 1870, Spessartviertel 1925 (im Norden), Siedlung an der Seligenstädter Landstraße 1936/37.
Historische Namensformen
- Babenhausense (1236)
- Babenhusen (1254)
- Babenhusen (1295)
- Babenhosen (1314)
- Babinhusin (1345)
- Babynhusin (1348)
- Babinhusen (1353)
- Bobinhusen (1357)
- Babinhusen (1374)
Bezeichnung der Siedlung
- castrum (1236)
- eidem ville omnia libertatis iura, quibus oppidum nostrum et imperii Frankenvort gaudet et hactenus est gravisum (1295) [Urkundenbuch der Herren von Hanau 1, Nr. 750]
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3496639, 5536295
UTM: 32 U 496565 5534520
WGS84: 49.963019° N, 8.952112° O
Statistik
Ortskennziffer
432002010
Flächennutzungsstatistik
- 1854 (Morgen): 12662, davon 3619 Acker, 667 Wiesen, 7966 Wald
- 1961 (Hektar): 3162, davon 1952 Wald (= 61.73 %)
Einwohnerstatistik
- 1377: 70 Gemeinsleute = etwa 300 Einwohner
- 1636: 90 Familien, einschließlich des benachbarten Dietzenbach
- 1707: 169 Familien
- 1754: 928 Einwohner
- 1775: 222 Familien, 48 Witwen und acht Judenfamilien
- 1786: 1033 Einwohner
- 1795: 1195 Einwohner
- 1800: 1192 Einwohner
- 1822: 1569 Einwohner
- 1948: 3702, davon 410 Neubürger, 384 Evakuierte
- 1961: 4583, davon 3362 evangelisch (= 73.36 %), 1075 katholisch (= 23.46 %)
- 1970: 7240 Einwohner
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Grafschaft Hanau-Münzenberg, Amt Babenhausen
- 1806/7-10: Kaiserreich Frankreich, Fürstentum Hanau, Amt Babenhausen (Militärverwaltung)
- 1810: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Babenhausen
- 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Seligenstadt
- 1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landkreis Offenbach
- 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Dieburg
- 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- 1918/19-1934: Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Dieburg
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Dieburg
- 1977: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Darmstadt-Dieburg
Altkreis
Dieburg
Gemeindeentwicklung
Für die Gemeindeentwicklung seit Einführung der hessischen Gebietsreform s. Babenhausen. Sitz der Gemeindeverwaltung ist Babenhausen.
Gericht
- Cent Altdorf
- 1821: Landgericht Steinheim
- 1835: Landgericht Seligenstadt
- 1879: Amtsgericht Seligenstadt
- 1968: Amtsgericht Dieburg
Herrschaft
- 1295 Stadtrechtsverleihung durch König Adolf von Nassau. 1351, 1401 und 1404 erneuert.
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
- 1256-1429 Herren von Hanau; 1429-1458 Grafen von Hanau; 1458-1736 Grafen von Hanau-Lichtenberg; 1736-1771 Landgrafen von Hessen-Kassel (gegen Ansprüche von Hessen-Darmstadt); 1771-1803 Landgrafen von Hessen-Kassel (nach Realteilung des Amtes Babenhausen)
Zehntverhältnisse
1383 ist der Zehnt bei den Herren von Hanau
Ortsadel
1. von Babenhausen (seit 1246), 2. Bonre (seit 1261), 3. Kreis von Babenhausen (seit 1351), 4. von Wasen (seit 1189/1287), 5. Mosbach von Wasen (seit 1378)
Kirche und Religion
Ortskirchen
- 1262 Pfarrkirche
- 1296 Pfarrer
- 1306: Burgkapelle
- 1472: Schloßkaplan
Patrozinien
- Nikolaus; Cornelius; Maria; Barbara
Pfarrzugehörigkeit
Ursprünglich zu Altdorf gehörig. 1339: ecclesia parrochialis. Zum Kirchspiel gehören die Wüstungen Langenbrücken und Zell.
Patronat
1262 ist das Patronatsrecht bei den Herren von Hanau
Diakonische Einrichtungen
Nach Wegweiser für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Ausgabe von 1954 besteht eine Schwesternstation mit einer, ein Kindergarten mit zwei Arbeitskräften; in Harreshausen/Babenhausen Schwesternstation mit Kindergarten
Bekenntniswechsel
Erster evangelischer Pfarrer: Erasmus Alberus 1544-1545, Ostern 1545 fand der erste evangelische Gottesdienst statt.
Neben der lutherischen Gemeinde bestand 1777-1796 eine reformierte.
Kirchliche Mittelbehörden
Archidiakonat des Propstes von St. Peter und Alexander in Aschaffenburg, Landkapitel Montat
Juden
Erste Erwähnung eines Juden in Babenhausen 1318, die einer Judenschule 1418. Belehnung Ulrichs III. von Hanau mit Reichslehen über die Juden 1351, Bestätigungen bis ins 17. Jahrhundert. Die Juden waren Viehhändler, Makler und Hausierer.
1828: 89, 1871: 100, 1900: 77, 1925: 55, 1933: 56 Juden.
Die Synagoge befand sich in der Amtstgasse 16. Friedhof, Mikwe und Schächteramt vorhanden. Ebenso fand jüdischer Religionsunterricht statt.
Kultur
Schulen
15. Jahrhundert Gründung einer Schule; 1518 Unter- und Oberschullehrer; Umwandlung 1545 in eine lutherische Schule; Schulordnung von 1599 und 1603; 1695 Gründung einer Lateinschule; vor 1720 Errichtung einer Mädchenschule; 1840 Industrieschule, 1857 Handwerker- und Fortbildungsschule, 1895 Höhere Bürgerschule; 1910 drei Schulhäuser von 1829, 1870 und 1872; Bürgerschule wird 1930 in Real- 1933 in Oberschule umgewandelt; 1947 Realgymnasium, Hauswirtschaftliche Berufsschule für Mädchen
Hospitäler
1389 Hospital, 1754 Neubau, 1872 Schließung des Hospitals
Wirtschaft
Mittelpunktfunktion
Amtssitz bestehend aus: Babenhausen, Harreshausen, Langstadt, Kleestadt und Dudenhofen.
Landwirtschaft, Kleingewerbe und Kleinhandel bilden im Mittelalter die Grundlagen der Wirtschaft; Bestehen einer wichtigen Leinweberzunft; Wirtschaftsblüte vor dem 30jährigen Krieg, danach Bevölkerungsrückgang und Armut ,verstärkt durch den Verlust der Residenzfunktion; nach 1870 Aufbau von Industriebetrieben: Zelluloidwaren, Brauerei, Holzverarbeitung, Futterkalk- und Zementwarenproduktion; Umstellung der Landwirtschaft auf Gemüseanbau (Spargel, Kartoffeln)
Mühlen
2 Mühlen
Markt
1295 Marktrecht; seit 1503 Jahrmarkt am 6.12. (Nikolaustag)
Münze
Kaiser Karl IV. verlieh am 22.2.1368 dem Edlen Ulrich III. von Hanau das Recht, in Babenhausen eine Münzstätte zu errichten und dort nach Frankfurter und Nürnberger Fuß unter eigenem Wappen zu prägen. In dieser Zeit in Babenhausen geprägte Münzen sind nicht nachzuweisen. 1404 bestätigt König Ruprecht das Münzrecht. Erst unter Graf Johann Reinhard ist eine Tätigkeit der Münzstätte in Babenhausen in den Jahren 1607-25 nachzuweisen (Goldgulden!). 1631 wird die Münzstätte als erloschen erwähnt.
Zoll
1454 Zoll- und Weggeld.
Nachweise
Literatur
- Müller, Starkenburg, S. 29-38
- Herchenröder, Kunstdenkmäler Dieburg, S. 10-42
- Demandt, Kirchenorganisation, S. 93
- Hessisches Städtebuch, S.55-57
- Historisches Ortsverzeichnis Großherzogtum und Volksstaat Hessen, S. 52
- Denkmaltopographie Landkreis Darmstadt-Dieburg, S. 38-76
- Knappe, Burgen in Hessen, S. 533-534
- Müller/Becker, Artikel Babenhausen, in: Hessisches Städtebuch, S. 55-57
- Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch für die acquirierten Lande und die verlorenen Gebiete, S. 21ff.
- Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege in Deutschland 1932-1933. Herausgegeben von der Zentralwohlfahrtsstelle der Deutschen Juden, S. 377
- Babenhäuser Mosaik II, S. 61
- Krapp, Hessische Schulstatistik, S. 29
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Orte
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Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
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Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Babenhausen, Darmstadt-Dieburg“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/13414_babenhausen> (aufgerufen am 25.11.2025)
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