Schierstein

Die Lage von Schierstein im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Dorf
Lagebezug
5 km südöstlich von Wiesbaden
Lage und Verkehrslage
Siedlung am Rheinufer. 1859 Anlage des Schiersteiner Rheinhafens, der nach dem Ersten Weltkrieg erweitert wurde. Bahnhof der Eisenbahnlinie Wiesbaden – Oberlahnstein („Rheintalbahn“) (Inbetriebnahme der Strecke 11.8.1856).
Historische Namensformen
- Skerdestein (973) [MGH Diplomata Könige 2,1, Otto II. : Sickel, Nr. 60, S. 70]
- Scerdistein (um 990) [Überliefert in Urkunde 1040 MGH Diplomata Könige 5, Heinrich III. : Bresslau, Nr. 37, S. 47-48]
- Scerstein (1017) [Kop. 1487-1494 MGH Diplomata Könige 3, Heinrich II. : Bresslau, Nr. 366, S. 468]
- Scerstein (1052) [Überlieferung durch Schannat umstritten Mainzer Urkundenbuch 1, Nr. 292, S. 183]
- Scerstein (1057) [Überlieferung durch Schannat umstritten Mainzer Urkundenbuch 1, Nr. 298, S. 188-189]
- Scerestein (1098) [Originalentwurf MGH Diplomata Könige 6, Heinrich IV. : Gladiss, Nr. 462, S. 623-624]
- Schersten (1154) [Urkundenbuch der mittelrheinischen Territorien 1, Nr. 577, S. 634-635]
- Scherstein (1184) [Kop. XVII. Jahrhundert Schaus, Bleidenstädter Urkunden, S. 203-205]
- Scherstein (um 1200) [Kop. 1282/83 Wagner, Die eppsteinschen Lehensverzeichnisse, Nr. 190, 193, S. 89-90]
- Scherstein (1211) [Meyer zu Ermgassen, Oculus Memorie 2 X, 13, S. 129]
- Szerstein (1211) [Meyer zu Ermgassen, Oculus Memorie 2 XVIII, 71 S. 333]
Bezeichnung der Siedlung
- villa (973) [MGH Diplomata Könige 2,1, Otto II. : Sickel, Nr. 60, S. 70];
- villa (um 990) [Kop. 1040 MGH Diplomata Könige 5, Heinrich III. : Bresslau, Nr. 37, S. 47-48];
- praedium (1052);
- curtis (1154);
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3442526, 5545863
UTM: 32 U 442474 5544085
WGS84: 50.046272° N, 8.19654° O
Statistik
Ortskennziffer
414000270
Flächennutzungsstatistik
- 1885 (Hektar): 1192, davon 582 Acker (= 48.83 %), 58 Wiesen (= 4.87 %), 259 Holzungen (= 21.73 %)
Einwohnerstatistik
- 1885: 2423, davon 1853 evangelisch (= 76.48 %), 480 katholisch (= 19.81 %), 40 andere Christen (= 1.65 %), 50 Juden (= 2.06 %)
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 973: comitatus Ymikonis comitis Chuningessundera vocatus (Königssunderngau)
- 1017: in pago Cuningessundra in comitatu Reginhardi comitis (Königssunderngau)
- 1353: Grafschaft Nassau (walramische Linie), Herrschaft Wiesbaden
- 1787: Fürstentum Nassau-Usingen, Oberamt oder Herrschaft Wiesbaden
- 1806: Herzogtum Nassau, Oberamt Wiesbaden, Kirchspiel Schierstein
- 1816: Herzogtum Nassau, Amt Wiesbaden
- 1849: Herzogtum Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden,Herzogtum Nassau, Verwaltungsbezirk X (Kreisamt Wiesbaden)
- 1854: Herzogtum Nassau, Amt Wiesbaden
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Landkreis Wiesbaden (Main-Kreis)
- 1926: Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Stadtkreis Wiesbaden
Altkreis
Wiesbaden
Gemeindeentwicklung
Am 1.10.1926 Eingemeindung in die Stadt Wiesbaden.
Gericht
- 1343: Gericht zu Schierstein
- 1816: Amt Wiesbaden
- 1849: Justizamt Wiesbaden
- 1854: Justiz- und Verwaltungsamt Wiesbaden
- 1867: Amtsgericht Wiesbaden
Herrschaft
- 1353 im Weistum des Hofes Wiesbaden genannt
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
- 973 schenkt Kaiser Otto II. dem von seinem Vater begründeten Chorherrenstift Hilwartshausen (nördlich von Hannoversch-Münden) Weinberghe zu Schierstein, die zu vier Fuder Wein ausreichen und eine Hofstatt mit dessen Bewohner. 993 (?) schenkt Kaiser Otto III. der bischöflichen Kirche in Augsburg einen Hof in Schierstein am Rhein im Königssundergau auf Fürsprache der Kaiserin Adelheid und der Äbtissin Mathilde von Quedlinburg. Kaiser Heinrich III. bestätigt dies 1040. 1017 bestätigt Kaiser Heinrich II. dem Kloster Michelsberg bei Bamberg die dem Kloster von Bischof Eberhard von Bamberg geschenkten Besitzungen, worunter sich ein Hof zu Schierstein befand. Diesen Hof soll ein Udalrich, Vorgänger des Grafen von Nassau, dem Kloster 1052 zu entfremden versucht haben, wurde aber durch das Urteil eines unter kaiserlichem Vorsitz tagenden Fürstengerichts gezwungen, dieses wieder herauszugeben. 1184 bestätigt Papst Lucius III. den Besitz des Klosters Bleidenstadt u.a. in Schierstein. Ende des 15. Jahrhunderts bestand das Bamberger Gut aus 77 Morgen.
- Besitz des Trierer Stifts St. Simeon wird bereits in einer Güterliste 1098 genannt, 1155 gehörte die curits zum Kapitelsgut.
- Zahlreiche Mainzer Stifte und Klöster hatten in Schierstein Besitz, so Liebfrauen, St. Johannes, St. Stephan, Altmünster und das Deutschordenshaus. Ferner versuchten auch das Kloster Teifenthal und Eberbach auf Schierstein überzugreifen sowie an Adligen die Herren von Schierstein und die Marschälle von Frauenstein.
- Der entscheidende Durchbruch aber gelang des Grafen von Nassau, auch wenn sich ihre Besitzansprüche erst im 14. Jahrhundert nachweisen lassen. Da die Einwohner von Schierstein steuerpflichtige Untertanen der Grafen waren, konnten sie herrschaftliche Hoheitsanprüche durchsetzen und gliederten Schierstein ihrer Herrschaft Wiesbaden ein.
- Die Vogtei und die Gerichtsbarkeit in Schierstein hatten um 1200 die Herren von Eppstein inne und noch im 15. Jahrhundert hatten diese Besitz in Schierstein.
Zehntverhältnisse
Um 860 schenkt Kaiser Ludwig der Deutsche dem Kloster Bleidenstadt den Zehnten im Pfarrsprengel von Schierstein mit der Kirche. Der Zehnthof befand sich am Westrand des Ortes.
Kirche und Religion
Ortskirchen
- um 860: Kirche und Pfarrsprengel
- Die Kirche befand sich unmittelbar neben dem Zehnthof am westlichen Ortsrand. Nach einem Teileinsturz im Jahre 1732 wude die alte Kirche 1752 endgültig niedergelegt. Der an anderer Stelle errichtete Neubau war 1754 vollendet.
Patrozinien
- Maria (Katholische Pfarrkirche); Christopherus (evangelische Kirche)
Pfarrzugehörigkeit
Bis 1544 war Frauenstein Filiale, seitdem Pfarrei.
Patronat
1295 wurde die Pfarrkollatur mit der Baupflicht von Erzbischof Gerhard von Mainz dem Kloster Bleidenstadt übertragen. 1705 fiel das Patronatsrecht durch einen Vergleich an den Fürst von Nassau-Usingen.
Diakonische Einrichtungen
Nach Wegweiser für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Ausgabe von 1954 eine Schwesternstation mit 2, ein Kindergarten mit 1 Kraft
Bekenntniswechsel
1534/35 wurden erste lutherische Predigten in Schierstein gehalten. Die Einführung der Reformation erfolgte um 1545.
In allen Orten des Herzogtums Nassau wurde ab 1817 die Union des lutherischen und reformierten Bekenntnisses zu einer evangelischen Kirche eingeführt.
Kirchliche Mittelbehörden
Archidiakonat des Propstes von St. Peter in Mainz, Dekanat Kastel
Juden
1843: 65, 1905: 70 Juden
Synagoge, Friedhof
Kultur
Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)
Wirtschaft
In der durch seine fruchtbaren Böden ausgezeichneten Gemarkung waren von jeher Weinbau und Landwirtschaft die entscheidenden Wirtschaftsformen.
Im 19. Jahrhundert Ansiedlung von industriellen Unternehmungen, u.a. der Sekt-Firma Söhnlein (Rheingold).
Markt
1720 wurde ein Jahrmarkt an Schierstein verliehen.
Nachweise
Literatur
- Kehrein, Nassauisches Namenbuch, S. 268
- Bach, Siedlungsnamen, S. 67
- Kleinfeldt, Kirchenorganisation, S. 80
- Vogel, Beschreibung Nassau, S. 541-542
- Schäfer, Herren von Eppstein, S. 300, 399
- Regesten Herrschaft Wiesbaden, S. 161-162 (Register)
- Monsees, Inschriften Wiesbaden S. XXVI, S. 140 (Register)
- Struck, Weinbau Wiesbaden-Schierstein
- Heyen, St. Simeon, S. 699-700
- Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen: Anfang, Untergang, Neubeginn, Bd.2
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Orte
- Hessische Flurnamen
- Historische Kartenwerke
- Jüdische Friedhöfe
- Topografie des Nationalsozialismus in Hessen
- Synagogen in Hessen
- Topografische Karten
Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Schierstein, Wiesbaden“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/11146_schierstein> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
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