[Unbekanntes Fenster]

 
Anzahl Scheiben
2
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Katalogdaten

Katalog Seite(n)

S. 120f.

Standort heute

Erbach, Schloss

Beschreibung

Zwei Rundscheiben. Ort und Zeitpunkt des Erwerbs und der ursprüngliche Standort sind nicht überliefert; möglich-erweise von Graf Franz I. zu Erbach-Erbach in den 1790er-Jahren in Nürnberg erworben (s.o. S. 112).
Bibliografie: Hess 1995/96, S. 236 (rechnet die Stücke pauschal zu einem »Zyklus von fünf Rundscheiben mit dem Paumgartner-Wappen [Nürnberg, um 1500]«).
Rekonstruktion, ikonografisches Programm, Komposition: Die Figuren der Hll. Thomas und Judas Thaddäus(?) ge-hörten mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu einer Folge der zwölf Apostel, für die es in der Druckgrafik des 15. Jahrhunderts zahlreiche Vorlagen gab – so etwa vom Meister E.S., von Martin Schongauer oder von Israhel van Meckenem. Die mutmaßliche Serie, der die nach Erbach gelangten Rundscheiben entstammen, scheint jedoch nur z.T. und eher allgemein auf druckgrafische Vorbilder zurückzugehen: Während der Hl. Thomas in Haltung und Ge-wanddisposition vielleicht an Figuren aus Schongauers Apostelfolge angelehnt ist (Hl. Petrus, L. 41; Hl. Johannes Ev., L. 45)42, erweist sich der Hl. Judas Thaddäus(?) mit seinem bewegten, faltenreichen Gewand als freie – stilis-tisch wohl am Nürnberger Buchholzschnitt der Zeit um 1490 orientierte – Variation derartiger Figurenerfindungen. Gleichwohl sind beide Apostel einander recht ähnlich. Dies liegt zum einen an ihrer eng verwandten, spiegelbildlich aufeinander ausgerichteten Haltung (was im Fall ihrer unmittelbaren Zusammengehörigkeit als Figurenpaar beab-sichtigt gewesen sein dürfte43Vgl. etwa die Folge der Apostelpaare des Meisters E.S. von 1467, in der die Hll. Thomas und Judas Thaddäus ein Paar bilden (L. 97); Höfler 2007, I, S. 85, II, Abb. 97), zum anderen an dem nahezu identischen Landschaftsausschnitt, der jeweils aus einem hügeligen Gelände besteht. Sollten, wie vermutet, weitere, bislang aber unbekannte Scheiben mit stehenden Aposteln zu ergänzen sein, dürften diese vom vorliegenden Schema einzelner, auf ein Pendant ausgerichteter Fi-guren kaum abgewichen sein.
Technik, Stil, Datierung: Grisaillemalerei mit Silbergelb. Sowohl in Komposition und Technik als auch in der derben Charakterisierung der untersetzten Gestalten lassen sich die Glasgemälde einer Gruppe kleinformatiger Scheiben zuordnen, die in Nürnberg in der Zeit um 1500 in gleichsam serieller Produktion für den freien Markt entstanden sind, allem Anschein nach – doch nicht mit letzter Gewissheit – in einer darauf eigens spezialisierten Abteilung der Werkstatt Veit Hirsvogels d.Ä.
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. So findet sich die Landschaft, in der beide Apostel stehen, kaum variiert auf mehreren Scheiben dieser Gruppe wieder45, und der Figurentyp, nach dem die Apostel gebildet sind, wurde auch für die Figur des Joseph einer Darstellung der Flucht nach Ägypten gewählt und in derselben plakativen Technik umgesetzt (Fig. 41)46. Da letztere Figuren eine deutliche Nähe zu den Holzschnitten in den Drucken Anton Kober-gers aus der Zeit um 1490 aufweisen – dem Heiligenleben (1488), dem »Schatzbehalter« (1491) und der Schedel-schen Weltchronik (1493) –, ist eine Entstehung der Erbacher Scheiben in diesen Jahren wahrscheinlich.

Nachweise

Fußnoten

  1. Schmitt 1999, S. 110f., 115, Nr. 41, 45, Abb. S. 124f
  2. Vgl.die Zusammenstellung bei Scholz 1991, S. 33 mit Anm. 116. Auf die quasi serielle Produktion der Werke verweist besonders Daniel Hess, in: AK Nürnberg 2000, S. 259, 261, 262f., Nr. 86, 88, 90. Zur Frage der Zuschreibung an die Hirsvogel-Werkstatt ausführ-lich Scholz 1991, S. 33–42
  3. Bei den zwei stehenden Königen einer Anbetung der Könige ebenso wie bei den Standfiguren der Hll. Johannes Ev. und Anna Selb-dritt (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Inv. Nr. MM 119f., 145f.); Essenwein 1898, S. 17, 19. Vgl. AK Nürnberg 2000, Abb. S. 259, Scholz 1991, Abb. 312.

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen / Uwe Gast unter Mitwirkung von Ivo Rauch (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 1), Berlin 2011

Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„[Unbekanntes Fenster]“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-objekte/105-1-03_unbekanntes-fenster> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/105-1-03