Hl. Magdalena (Marburg, Elisabethkirche)

 
Datierung
um 1300-1320
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Katalog

Von Daniel Parello

Abmessungen

H. 96 cm, B. 83 cm.

Erhaltung

Das zugehörige Kopfstück mit der Bogenarchitektur ist verloren. Dagegen blieb der Torso bis auf die äußeren Perlbandstreifen nahezu vollkommen intakt erhalten; hier mussten lediglich drei Gewandstücke erneuert werden. Allerdings durchziehen heute zahlreiche störende Notbleie die Komposition. Auf dem blauen Gewand ist beginnender Lochfraß zu erkennen, stellenweise ist die Halbtonbemalung abgängig, an der weitgehend verlorenen Blattäderung der Eichblattborten wird der Verlust der Zeichnung besonders augenfällig.

Ikonographie

Maria von Magdala präsentiert sich in höfischer Aufmachung: Unter dem kunstvoll am Oberkörper drapierten, mit Feh gefütterten Mantel liegt ein gelbes, mit Borten verziertes Gewand, das den Blick auf die gemusterten Schuhe frei lässt. Das Salbgefäß wird von der im Mantel verhüllten Hand gehalten. Das ungewöhnlich dynamische Standmotiv mit ausgestelltem linken Bein hat wohl zu Missverständnissen bei der Rekonstruktion des Oberkörpers geführt: Schulter und Kopf zeigen heute in die diametral entgegengesetzte Richtung, müssen sich aber ursprünglich wie der Torso nach links, also weg von Christus, ausgerichtet haben. Vielleicht betont diese manierierte Haltung Magdalenas den Moment des Erschreckens darüber, in dem vermeintlichen Gärtner Christus erkannt zu haben (Io 20,14–18). Im rechten Konturverlauf des Mantels zeichnet sich der Ellenbogen einer erhobenen Hand ab; diese gehört zum festen Kanon der Noli-me-tangere-Darstellungen. Die Charlottenburger Werkstatt hat hier die ergänzte Hand an die Wange Magdalenas geführt und damit die Heilige als Trauernde interpretiert. Auch eine solche Deutung wäre denkbar, denn Jesus wandte sich an sie mit den Worten: »Frau, warum weinst du« (Io 20,15). Der Erscheinung Christi vor Maria von Magdala geht im Johannesevangelium die Begegnung mit den Engeln am leeren Grab voraus. Thematisch ließe sich die zwischen Grablegung und Auferstehung angesiedelte Szene gut mit der Funktion der Südkonche als dynastische Grablege der hessischen Landgrafen vereinbaren.

Bildnachweis

CVMA T 5722

Nachweise

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen / Daniel Parello unter Verwendung von Vorarbeiten von Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 3), Berlin 2008, 445 f. [= 4a. Hl. Magdalena]

Siehe auch

Extern

GND-Explorer (Objekt)

Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Hl. Magdalena (Marburg, Elisabethkirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/321-1-29-03_hl-magdalena-marburg-elisabethkirche> (aufgerufen am 26.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/321-1-29-03

Noli me tangere. Chor S II, 4-6 a/b (Montage). Marburg, um 1300-1320. (Ausschnitt)Noli me tangere. Chor S II, 4-6 a/b (Montage). Marburg, um 1300-1320. (Ausschnitt)Hl. Magdalena: ES [= Erhaltungsschema] Chor S II, 6b