Speisen der Hungrigen (Marburg, Elisabethkirche)

 
Datierung
um 1245-1250
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Katalog

Von Daniel Parello

Abmessungen

H. 104,5 cm (95,5 cm ohne unteren Randstreifen), B. 82 cm.

Inschrift

Über dem Haupt der Heiligen der Schriftzug in gotischen Majuskeln: S(ANCTA) • ELIZABET.

Erhaltung

Die Speisung zählt zu den am schlechtesten erhaltenen Szenen des ganzen Zyklus. Rahmenornamente und Figurengruppe sind großflächig ergänzt. Als original erweisen sich nur noch größere Teile des Architekturbaldachins, die Oberkörper Elisabeths und der beiden stehenden Figuren; die Köpfe der Sitzenden und der gesamte Unterkörper der rechten Figur sind erneuert. Auf den farblosen Inkarnatgläsern haftet das Schwarzlot schlecht, die Konturen sind dort stellenweise abgegangen, während im blassrosafarbenen Inkarnat der linken Figur die sonst weitgehend verlorene Halbtonbemalung erhalten blieb.

Ikonographie

Unter einer Baldachinarchitektur mit schlanken Ecktürmchen und Dachreitern findet die Armenspeisung Elisabeths statt. In vorderer Reihe sitzen die Bedürftigen auf Schemeln, der Alte links ist durch den Stab in seinen Händen als Blinder gekennzeichnet und wird von Elisabeth – mit merkwürdig verzeichnetem Profilkopf – selbst gefüttert. Die ihr gegenübersitzende weibliche Figur löffelt ihre Suppe aus dem Napf; dahinter verspeist ein ausgezehrt wirkender Mann mit Schlapphut und Krückstock sein Brot. Über dem Blinden schließlich isst eine Frau mit bloßen Händen aus ihrer Schale. Für dieses, die Reihe der Barmherzigkeiten einleitende Werk bietet die Biographie Elisabeths mehrere Zeugnisse: Nach Auskunft ihrer Hofdame Isentrud hatte Elisabeth bereits im Hungerjahr 1226 die gesamte Jahresernte in den landgräflichen Kornkammern an Notleidende ausgeteilt162. Später im Hospital bereitete sie gemeinsam mit ihren Dienerinnen einfache Speisen zu, mit denen die Armen versorgt werden konnten. Das entsprechende Schreinrelief zeigt einen identischen Bildaufbau und liefert einen Hinweis, dass der Mantel Elisabeths nicht, wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts rekonstruiert, zylinderförmig herabfiel, sondern nach unten hin ursprünglich in die Breite ging163.

Bildnachweis

CVMA T 5700/1, Großdia RT 06/022

Nachweise

Fußnoten

  1. Vgl. Kroos 1981, S. 192.
  2. Eine vor der Restaurierung von 1903 angefertigte Aufnahme zeigt die ergänzte Gewandpartie noch mit weit fallendem Mantel; Bierschenk 1991, Abb. 72f.

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen / Daniel Parello unter Verwendung von Vorarbeiten von Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 3), Berlin 2008, 413 f. [= 1a. Speisen der Hungrigen]

Siehe auch

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Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Speisen der Hungrigen (Marburg, Elisabethkirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/321-1-21-01_speisen-der-hungrigen-marburg-elisabethkirche> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/321-1-21-01

Speisen der Hungrigen: ES [= Erhaltungsschema] Chor s II, 1a