Kreuzigung (Limburg, Diözesanmuseum)

 
Datierung
Mitte 14. Jahrhundert
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Katalog

Von Daniel Parello

Abmessungen

Mittelrhein (Mainz?), Mitte 14. Jahrhundert.
H. 81 cm, B. 59 cm. – Inv. Nr. 761 (Schenk zu Schweinsberg 1962, Nr. 23).

Inschrift

Auf dem Kreuz der Titulus in gotischer Majuskel: I•N•R•I.

Erhaltung

Original ist lediglich die Figurengruppe um Christus, Maria und Johannes sowie der Schollenhügel. Karoblütengrund, Rahmenarchitektur und Randstreifen wurden von Oidtmann frei hinzuerfunden. Die originalen Teile weisen eine fortgeschrittene Verwitterung auf und sind fast flächendeckend mit Lochfraß überzogen. Das Inkarnat ist stark gebräunt, durch mechanische Reinigung ist die Oberfläche entlang der Kratzspuren aufgeschlossen. Weniger stark angegriffen sind lediglich weiße und gelbe Farbgläser. Partiell ist ein Verlust der Konturzeichnung festzustellen.

Ikonographie

Christus mit rotem Nimbus und weißem Lendentuch hängt mit zur Seite geneigtem Haupt am Kreuz, das über einem Erdhügel aufragt (Dreinageltyp). Links steht Maria rot nimbiert in violettem Gewand und blauem Mantel mit gefalteten Händen, ihr gegenüber Johannes violett nimbiert mit kurzen gelockten Haaren in rotem Gewand und gelbem Mantel, in der Linken das Buch, die Rechte an die Brust gelegt. Beide richten ihren Blick zu Christus empor.

Technik, Stil, Datierung

In ihrer Dissertation zu den hessischen Glasmalereien des 14. Jahrhunderts stellte Wille die Kreuzigung dem Christusfenster der Annenkirche gegenüber und erkannte vor allem in der Gesichtsbildung (hochgezogenene parallele Augenbrauenlinien und seitlich herabfallende Mundwinkel) einen verwandten Figurencharakter. Während dort allerdings der körperbetonte und schwungvolle Gewandstil bereits auf eine Entstehung im dritten Jahrhundertdrittel hindeutet, kann das Kreuzigungsbild in seiner insgesamt strengeren Auffassung schwerlich nach der Jahrhundertmitte entstanden sein. Die Figuren besitzen einen geschlossen Umriss und die Stoffe werfen wenige, doch straff gespannte Falten. Aufschlussreich ist ein Blick auf die gegen 1360/70 entstandenen Glasmalereien in der Pfarrkirche zu St. Valentin in Kiedrich, die sich insgesamt durch ein sehr altertümliches Formenvokabular auszeichnen20. Der Apostel mit Buch (Hl. Johannes Ev.?) besitzt die gleichen Gesichtszüge wie Johannes, einen runden, von kurzen Locken gerahmten Kopf, doch schon an diesem in der Kölner Malerei häufig zu findenden Motiv lässt sich exemplarisch die gelöstere Haltung gegenüber der strengen Auffassung in Limburg aufzeigen, wo das Haar noch aus einem klar definierten doppelten Lockenkranz besteht21. So wird in der Limburger Kreuzigung vielleicht jenes Stilmilieu fassbar, in dem der Kiedricher Maler seine Ausbildung erhalten hat und auf welches er noch Jahrzehnte später zurückgreifen konnte. Die Zusammenhänge mit dem Limburger Christusfenster, das wiederum Bezüge zu den wohl im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts entstandenen Wandmalereien der Mainzer Christophkirche aufweist, deuten auf eine in Mainz selbst oder in der näheren Umgebung tätige Werkstatt hin. Eine mögliche Herkunft der Scheibe aus der Sammlung Zwierlein zu Geisenheim würde die Provenienz aus dem Rheingau erhärten22.

Bildnachweis

CVMA G 8910, Großdia G 91/103, Foto Marburg 23646

Nachweise

Fußnoten

  1. Hess 1999, S. 255–271, Abb. 214, 216.
  2. Vgl. das Kölner Missale (Hs. 874) in der Universitäts- und Landes-bibliothek Darmstadt (um 1330); Abb. in: AK Köln 1974, S. 135, Nr. 78.
  3. Schenk zu Schweinsberg 1962, S. 9, lokalisiert die Scheibe nach Kloster Marienhausen bei Mainz, doch wäre theoretisch auch eine Herkunft aus dem benachbarten Assmanshausen denkbar, aus dem Erwerbungen des Freiherrn im Jahr 1820 überliefert sind; hierzu zuletzt Hess 1999, S. 326.

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen / Daniel Parello unter Verwendung von Vorarbeiten von Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 3), Berlin 2008, 329 [= 7. Kreuzigung]

Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Kreuzigung (Limburg, Diözesanmuseum)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/315-3-02-01_kreuzigung-limburg-dioezesanmuseum> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/315-3-02-01

Kreuzigung: ES [= Erhaltungsschema] Museum Nr. 7