Heilige Anna (Lich, Stiftskirche St. Maria)

Hl. Anna. Lich, Stiftskirche, Chor n II, 2a. Frankfurt, Mainz oder Wetzlar, um 1525.
Katalog
Von Daniel Parello
Abmessungen
H. 81 cm, B. 56,5 cm.
Erhaltung
Kopf der Hl. Anna, einige Gewandstücke sowie Teile der Rahmenarchitektur im 19. Jh. ergänzt. Bemalung ungewöhnlich stark berieben und vereinzelt vollständig abgegangen. Das Glas selbst zeigt keinerlei Spuren von Korrosion.
Ikonographie, Komposition
Von dem ursprünglich mehrere Felder umfassenden Bildmotiv der Anna Selbdritt, die dem Jesusknaben auf Marias Schoß einen Apfel reicht, hat sich nur noch das rechte Teilstück mit Anna erhalten. Anna sitzt auf einer mit roten und gelben Kissen belegten Thronbank und beugt sich mit dem Apfel in ihrer Rechten nach links. Vor der maßwerkverzierten Rückwand spannt ein kostbar gewandeter Engel den roten Vorhang auf, dahinter öffnet sich der Blick zum Himmel. Das bahnübergreifend konzipierte Bild war von einer rundbogigen Rahmenarchitektur mit seitlich auf Postamenten ruhenden Säulen eingefasst. Im 1515 entstandenen Annenfenster im Freiburger Münster nach Entwurf Baldungs dürfte eine hinsichtlich Figurenanordnung und Raumorganisation vergleichbare Komposition vorliegen (Fig. 347). Die in Paris und Brüssel erhaltenen Werkstattumzeichnungen zeigen überdies sogar die gleichen charakteristischen Faltennasen in den Gewändern19. Baldung hat das Thema mehrfach beschäftigt. Auch auf einer wohl noch aus der Freiburger Zeit stammenden Tafel im Basler Kunstmuseum sowie in einem im ersten Jahrzehnt entstandenen Holzschnitt (M. 17) steht jeweils die Darreichung des Apfels an den Jesusknaben im Mittelpunkt des Sippenbildes20. Der tiefere Bildsinn liegt in diesem als Gegenentwurf zum paradiesischen Sündenfall formulierten Motiv: Denn durch die Ankunft Christi wird die Menschheit von der durch Adam und Eva in die Welt gekommenen Erbsünde erlöst.
Bildnachweis
CVMA G 8827, A 11210, A 11213 (Detail)
Nachweise
Fußnoten
- Vgl. DGM I, 1995, S. 225f., Nr. 78 mit Taf. S. 250. Von der Anna-Selbdritt-Gruppe des Freiburger Fensters haben sich zwei Umzeichnungen der Ropstein-Werkstatt nach den Entwürfen Baldungs in Paris und Brüssel erhalten. Vgl. Helmut Perseke, Hans Baldungs Schaffen in Freiburg (Forschungen zur Geschichte der Kunst am Oberrhein 3/4), Freiburg i. Br. 1941, S. 119–121, 132, Abb. 14–16. ↑
- Vgl. Gert von der Osten, Hans Baldung Grien. Gemälde und Dokumente, Berlin 1983, S. 84–86, Nr. 19, Taf. 52; Matthias Mende, Hans Baldung Grien. Das graphische Werk. Vollständiger Bildkatalog, Unterschneidheim 1978, S. 44 und Abb. 17. ↑
Drucknachweis
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen / Daniel Parello unter Verwendung von Vorarbeiten von Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 3), Berlin 2008, 288 [= 2a. Heilige Anna]
Indizes
Siehe auch
Extern
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Nachnutzung
Rechtehinweise
Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Heilige Anna (Lich, Stiftskirche St. Maria)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/314-1-01-01_heilige-anna-lich-stiftskirche-st-maria> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/314-1-01-01
![Heilige Anna: ES [= Erhaltungsschema] Chor n II, 2a Heilige Anna: ES [= Erhaltungsschema] Chor n II, 2a](https://www.lagis-hessen.de/img/cvmahessen/s1/314-1-01-01_40.jpg)