Architektonische Kopfscheibe (Kassel, Wilhelmshöher Schloss)

Architektonische Kopfscheibe. Kassel-Wilhelmshöhe, Löwenburgkapelle, Nr. 52. Westfalen(?), um 1250/60.
Katalog
Von Daniel Parello
Abmessungen
Kassel oder Niedersachsen(?), um 1250/60.
Zur Frage des ursprünglichen Standorts: Es existieren keinerlei Aufzeichnungen zur Herkunft des Architekturfragments. Maße und Zeitstellung lassen das Stück jedoch mit zwei ornamentalen Kopfscheiben in Zusammenhang bringen, die heute im Hessischen Landesmuseum in Kassel aufbewahrt werden (Nr. 1, 2). Schäfer 1881 bzw. 1910, S. 171, überliefert für diese das Zisterzienserinnenkloster in Nordshausen als ehemaligen Standort; Heidelbach 1909, S. 245, und Holtmeyer 1910, S. 120, teilen mit, dass auch Glasmalereien aus Nordshausen zur Ausstattung der Löwenburg verwendet worden seien. Da die gemeinsame Provenienz von Glasmalereien im Schlossdepot und im Landesmuseum auch in anderen Fällen erwiesen ist, wäre die Herkunft der Architekturscheibe aus Nordshausen grundsätzlich zu erwägen. In den gleichen Zusammenhang gehören möglicherweise auch die verschollenen, ehemals auf dem Schloss zu Braunfels aufbewahrten Ornamentscheiben.
Erhaltung
Die Scheibe hat einige Fehlstellen, die Gläser sitzen noch im originalen, 3–4 mm breiten Blei. Die doppelten Randbleie sind mit Resten eingelegter Weidenruten versteift. Innenseitig finden sich keinerlei Anzeichen von Verwitterung, auch rückseitig kaum Korrosion. Einige Sprünge.
Komposition
Die Architekturbekrönung besteht aus einem zentralen Turmpolygon mit knaufverzierter Giebelkrone, das seitlich von kleinen durchfensterten Rundtürmen begleitet wird.
Stil, Datierung
Der Turmabschluss war offenbar Bestandteil eines Figurentabernakels. Der architektonische Formenapparat ruft die Fenster mit den romanischen Rahmenarchitekturen in der Marburger Elisabethkirche in Erinnerung5. Die mit Vierpässen und schlanken Rundbogenfenstern verzierten Giebel und Annexbauten, die von Knäufen auf den Dachfirsten bekrönt sind, begegnen etwa im Chorfenster nord II über den Standfiguren von Maria und Franziskus. Verwandte Schmuckformen treten im zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts auch in der Soester Malerei in Erscheinung6.
Bildnachweis
CVMA A 12461
Nachweise
Fußnoten
- Zu Aufbau und Funktionsweise der Rahmenformen in Marburg ausführlicher Parello 2002. ↑
- Ähnliche Architekturen zeigen die Reste eines Wurzel-Jesse-Fensters aus Lohne oder die Wandmalereien in Methler bei Unna. Vgl. Korn 1992, S. 38f., Abb. 32f. Zu den Architekturbekrönungen in der Soester Wandmalerei der Spätromanik siehe Schwartz 1956. ↑
Drucknachweis
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen / Daniel Parello unter Verwendung von Vorarbeiten von Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 3), Berlin 2008, 283 [= 52. Architektonische Kopfscheibe]
Indizes
Siehe auch
Extern
GND-Explorer (Objekt)
Nachnutzung
Rechtehinweise
Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Architektonische Kopfscheibe (Kassel, Wilhelmshöher Schloss)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/313-2-01-01_architektonische-kopfscheibe-kassel-wilhelmshoeher-schloss> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/313-2-01-01
![Architektonische Kopfscheibe: ES [= Erhaltungsschema] Nr. 52 Architektonische Kopfscheibe: ES [= Erhaltungsschema] Nr. 52](https://www.lagis-hessen.de/img/cvmahessen/s1/313-2-01-01_40.jpg)