Marter des Hl. Georg mit Hammer und Eisenhaken (Immenhausen, Stadtkirche)

Marter des Hl. Georg mit Hammer und Eisenhaken. Ausschnitt. Ehemals Immenhausen, Stadtkirche, Chor I. Immenhausen, Glasmuseum, Nr. 2 und 3. Westfalen
Katalog
Von Daniel Parello
Abmessungen
H./B.: 2 (2b und 3b): 67,5–68/47; 3 (3b): 36,5/35; 4 (3c): 25–25,5/48; 5 (3c): 32,5/48; 6 (4c): 35/47,5; 7 (4c): 25/48; 8 (5c): 27,5/20 (Fragment); 9 (5c): 40/34 cm (Fragment).
Erhaltung
Drei Figurenfelder des Großmedaillons sind verloren. Die erhaltenen Stücke sind mit zahllosen farblosen oder dunkel mattierten Gläsern geflickt und mit vielen Sprungbleien durchsetzt. Feld 5c ist nur mehr fragmentarisch erhalten. Durch unsachgemäße Lagerung haben sich an einigen Feldern weitere Glasstücke gelöst oder sind zu Bruch gegangen. Die Halbtonüberzüge sind insbesondere in den Inkarnaten partiell ausgebrochen und zeigen ein fleckiges Erscheinungsbild.
Ikonographie
Die Verluste erschweren die eindeutige Bestimmung des Martyriums, doch scheint in der mittleren Bahn der Hl. Georg mit Händen an ein Galgengerüst gehängt dargestellt gewesen zu sein, wobei seine Beine bis auf Höhe des unter ihm liegenden Nagelfasses herabreichten. Der kniende Schächer legte seine – heute verlorene – Linke auf das Fass und fügte mit dem Hammer in der anderen Hand dem Märtyrer klaffende Fleischwunden zu37. Es wird hier also nicht mehr die Folter mit dem durchnagelten Fass gezeigt, in dem Georg gerollt wird. Offenbar wollte man auf die Darstellung des Fasses aber nicht verzichten und damit zugleich auf die vorangegangene Marter verweisen38. Der Folterung wohnt rechts der heidnische Kaiser bei, treffend charakterisiert durch lebendige Gesichtszüge. Das Gesicht ist knochig, der Mund zahnsichtig geöffnet, die Augenlider sind schwer. Der Kaiser trägt reiche Kleidung, einen pelzbesetzten, gegürteten Damastrock und über dem Turban eine Krone. In den Händen hält er das Zepter, nutzt aber die Hände zum Gestikulieren, um Georg zur Umkehr zu überreden. Seine wahre Gesinnung verrät ein kleiner Dämon an seiner Seite, der mit Lanze und Schild bewaffnet ist. Vor dem Kaiser kniet in gebückter Haltung der Scherge mit dem Folterwerkzeug.
Technik, Stil
Das plastisch wirkende Gesicht des Kaisers zeigt gegenüber den anderen Kopftypen eine weitaus kräftigere Halbtonmodellierung, die auch mit der sensibleren Konturzeichnung besser abgestimmt ist. Beides lässt die Alterszüge des Herrschers verstärkt zur Geltung kommen.
Farbigkeit
Auf grünem Wiesenboden das gelbe, mit weißen Ruten gebundene Fass. Für den Kopf des Schergen zog der Glasmaler ein weißes Glas heran, das zu den Haaren hin nach Rot changiert. Das grasgrüne Stück hinter der emporgehobenen Hand könnte zum Bein eines weiteren Schergen gehören. Der Kaiser in Violett mit goldgelber Krone; Gesicht auf blassviolettem Glas, der Dämon aus farblosem Glas mit gelbem Schild. Rock des Schergen weiß, Strümpfe violett, gelbe Stiefel.
Bildnachweis
CVMA JJ 12867 (2), 12861 (3), Großdia JJ 01/227, JJ 12869 (4, 7), 12864 (5), 12859 (6), JJ KB 294 (8, 9), Großdia JJ 01/225
Weitere Angaben
Standort heute
Immenhausen, Glasmuseum
Nachweise
Fußnoten
- Zwar ist der Hammer ein gebräuchliches Element des an grauenvoller Vielfalt kaum zu überbietenden Georgsmartyriums, doch wird er meist nur zum Eintrümmern des Schädels oder zum Einschlagen der Nägel in das Fass bzw. in das Fleisch gebraucht. Demnach könnte es sich im Immenhausener Georgsfenster auch um eine missverstandene Interpretation handeln. Dass das Feld bereits im frühen 20. Jh. aus verschiedenen Szenen zusammengesetzt wurde, ist wohl auszuschließen. Zu Darstellungsformen des Heiligen siehe Klaus J. Dorsch, Georgszyklen des Mittelalters. Ikonographische Studie zu mehrszenigen Darstellungen der Vita des hl. Georg in der abendländischen Kunst unter Einbeziehung von Einzelszenen des Martyriums, Frankfurt/Main, Bern, New York 1983 (zur Hammermarter S. 96f.). ↑
- Dorsch 1983 (wie Anm. 37), S. 149–154, hat in seiner ikonographischen Abhandlung zu Georgszyklen die offensichtlichen Zusammenhänge solcher in Handelsregionen gehäuft auftretenden Darstellungen nicht erkannt, wenn er das Fassmartyrium vor allem auf den süddeutsch-alpenländischen Raum begrenzt sieht. Das Fass war überall das gebräuchlichste Transportmittel für Waren aller Art. Die Salzfolter Georgs, das Einreiben der Wunden mit Salz, das aus Fässern genommen wird, dürfte in diesem Sinne gleichfalls auf einen intensiven Salzhandel verweisen. Nicht weiter verwunderlich ist es daher, wenn die mit der Hanse im Austausch stehenden Städte Halberstadt oder das süddänische Broager eben solche Szenen bevorzugten, da das Fass sicher auch als Symbol ihres Wohlstandes verstanden wurde. ↑
Drucknachweis
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen / Daniel Parello unter Verwendung von Vorarbeiten von Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 3), Berlin 2008, 271 f. [= 2-9.. Marter des Hl. Georg mit Hammer und Eisenhaken]
Indizes
Siehe auch
Extern
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Nachnutzung
Rechtehinweise
Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Marter des Hl. Georg mit Hammer und Eisenhaken (Immenhausen, Stadtkirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/312-1-13-01_marter-des-hl-georg-mit-hammer-und-eisenhaken-immenhausen-stadtkirche> (aufgerufen am 26.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/312-1-13-01







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