Engel mit Lammwappen (Wiesbaden, Museum Sammlung Nassauischer Altertümer)

 
Datierung
um 1510-1520
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Katalog

Von Daniel Hess

Abmessungen

Rundscheibe. Durchmesser 62-62,5 cm. Inv. Nr. 11032. Cohausen, 1888, S. 300, Nr. 103. Derzeit deponiert.
Zu unbekanntem Zeitpunkt ins Museum gelangt. Nach Inventarkarte angeblich aus Kloster Tiefenthal, ursprünglicher Standort jedoch unsicher.
[Zur Frage der Herkunft] Auf der Basis einer älteren Überlieferung, nach welcher die beiden Stauferscheiben (Nr. 1f.) aus dem Kloster Tiefenthal herrühren sollen, wurde auch für diese Scheibe eine Herkunft von dort postuliert. Mag dies allenfalls für den bislang zu Unrecht als Pendant in Anspruch genommenen Dreipaß mit dem Wilden Mann zutreffen, der sich seit 1995 im Abteimuseum im Kloster Eberbach befindet (Abb. 15, 19), muß unsere Rundscheibe stilistisch und maltechnisch nach Köln lokalisiert werden. Über das Wappen läßt sich als ursprünglichen Standort das nach seiner Aufhebung 1805 niedergebrannte Kölner Augustinerinnenkloster Lämmchen vermuten, das von Johannes Rinck 1502 und 1511 mit großzügigen Stiftungen bedacht und wie ein Familienkonvent ausgestattet worden war20.

Erhaltung

Bis auf eine kleine Ergänzung in der Flügelspitze und geringfügigem, partiellem Lochfraß intakt. Einzelne Sprünge und Sprungbleie; Verbleiung 1915/16 erneuert.

Ikonographie, Komposition

Der mit wallendem Haar aus dem Himmel herabfahrende, sich scharf nach links wendende Engel präsentiert einen Wappenschild, den ein Lamm mit Traube als Symbol des eucharistischen Opfers ziert. Auch wenn nicht auszuschließen ist, daß es sich dabei um ein Familienwappen oder um ein allegorisches Wappen handelt, liegt die Bedeutung als sprechendes Wappen des Kölner Klosters Lämmchen nahe. Als Vergleichsbeispiel kommen etwa jene beiden Lämmer in Frage, die auf der Mitteltafel eines gegen 1514 von Johann Rinck in die Klosterkirche gestifteten Altarretabels dargestellt sind21.

Farbigkeit, Technik

Engel in weißem Untergewand und weißem Brokatmantel mit violettem Futter; Flügel außen braunrosa, innen rot; roter Wappenschild mit Fiederranken und Lamm in Grisaille und Silbergelb; weiße Maßwerkrahmung, blauer Grund. Modellierung mittels naß gestupftem Halbton und markanter Konturlinien sowie kleiner Schraffurnester in den dunkelsten Partien; außenseitig zarte Braunlotlasuren in den Schattenlagen.

Stil, Datierung

Die weichen Falten der Gewänder und die Modellierung des Kopfes erinnern nebst der identischen Farbpalette stark an die ältere Scheibengruppe des heute über die ganze Welt verstreuten Bernhardszyklus aus dem Kreuzgang des Zisterzienserklosters Altenberg; dort finden sich überdies identische spätgotische Maßwerkrahmen22. Die Rundscheibe dürfte deshalb analog zu diesem Bestand um 1510/20 datiert werden, zeigt jedoch keine engeren Zusammenhänge mit der weichen Zeichnung der Gesichter und härteren Modellierung der Gewänder in den beiden von Johannes Rinck zwischen 1502 und 1511 gestifteten Glasgemälden (ehemals Berlin, Kunstgewerbemuseum), für deren Provenienz Schmid das Kloster Lämmchen oder die Rincksche Privatkapelle im Hause Königstein vorgeschlagen hat23.

Bildnachweis

CVMA G 8859

Weitere Angaben

Rundscheibe

Nachweise

Fußnoten

  1. Zum Kloster Lämmchen und seiner ehemaligen Ausstattung vgl. Kdm. Stadt Köln, 2. Band, III. Abteilung, Ergänzungsband, Düsseldorf 1937, S. 224-227; Schmid, 1994, S. 167-172, 176.
  2. Vgl. wiederum Schmid, 1994, S. 167-170, Abb. 30. Nach seinem mündlichen Hinweis läßt sich das Lamm mit keiner kölnischen Familie in Verbindung bringen. Folglich spricht vieles für ein redendes Wappen des Klosters Lämmchen.
  3. Zu diesem Zyklus vgl. zuletzt Brigitte Lymant, Die Bernhardsfenster aus Altenberg und St. Apern, in: Arno Paffrath, Bernhard von Clairvaux. Leben und Wirken, Köln 1984, S. 222-227.
  4. Vgl. Schmid, 1994, S. 176-178, Abb. 33f.

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet / Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 2), Berlin 1999, 322 f. [= 25. Engel mit Lammwappen]

Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Engel mit Lammwappen (Wiesbaden, Museum Sammlung Nassauischer Altertümer)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/219-1-10-01_engel-mit-lammwappen-wiesbaden-museum-sammlung-nassauischer-altertuemer> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/219-1-10-01

Engel mit Lammwappen: ES [= Erhaltungsschema] Nr. 25