Pietà (Hanau, Marienkirche)

Hl. Georg und Pietà mit Wappen Hanau/Pfalz. Chor n VI, 3/4a, 3-5b. Mittelrhein, um 1492/97.
Katalog
Von Daniel Hess
Abmessungen
H. 79/79,5 cm, B. 56/57,5 cm.
Erhaltung
Mit Ausnahme der Ergänzungen, welche bis auf den Marienkopf und die Unterschenkel Christi kaum ins Gewicht fallen, und den umfänglichen Retuschen im Christuskörper sind die Scheiben weitgehend intakt erhalten. Außenseitige Doublierungen vor allem beim Christuskopf; einzelne Sprungbleie. Astwerkbekrönung in 6b ursprünglich nicht zugehörig.
Ikonographie
Die Darstellung von Maria, die den vom Kreuz abgenommenen Sohn auf ihrem Schoß hält, ist seit der zweiten Hälfte des 14. Jh. in der deutschen Kunst weit verbreitet, in der Glasmalerei jedoch selten vertreten. Neben einer Zeichnung des Gewandstudienmeisters um 1480, die ein monumentales, dreibahniges Fenster mit der Darstellung überliefert29, sei vor allem auf die Glasgemälde in Walburg (letztes Viertel des 15. Jh.) und Lautenbach (um 1482) hingewiesen, in denen die Pietà jeweils in Verbindung mit Stifterbildern erscheint30. Bei der Hanauer Pietà, die bereits ursprünglich mit den stehenden Heiligen und dem Allianzwappen verbunden war, handelt es sich um eine Gedächtnisstiftung Philipps d. J. für seine rund 40 Jahre früher verstorbenen Eltern, welche im Chor begraben sind.
Komposition
Sowohl farblich als auch motivisch schließen der Hl. Georg und das Doppelwappen bereits ursprünglich an die Pietà an und bildeten eine pyramidale Gesamtkomposition, welche sich über drei Fensterbahnen erstreckte. Als einziger Rest einer zweiten, wohl weiblichen Heiligenfigur, welche als Pendant zu Georg das zentrale Wappen und die Pietà rechts flankierte, hat sich in der unteren rechten Ecke des Wappenfeldes ein weißer Gewandzipfel erhalten. Im Hinblick auf den Namen von Reinhards Frau könnte es sich dabei um die Hl. Katharina > Margarete gehandelt haben. Während die Astwerkbekrönungen über den flankierenden Heiligen nicht die gesamte Feldbreite einnehmen und direkt über der Figur in die Blankverglasung hinüberleiten, überragt die Mittelbahn die Seitenlanzetten um ein Feld; auch diese Bekrönung war mit Damastgrund hinterlegt.
Farbigkeit
Mit Ausnahme des blauen Damastgrundes und der weißgelben Nimben ist die gesamte Darstellung in Grisaille gehalten.
Stil, Datierung
Schmitz, 1913, sah in der 1509 datierten Pietà von Fritzlar ein verwandtes, jedoch qualitativ geringeres Glasgemälde derselben Werkstatt, was im Hinblick auf die abweichende Proportionierung und Modellierung der Figuren jedoch nicht zu überzeugen vermag31.
Bildnachweis
CVMA G 8785, 8787, Detail G 8796, Großdia G 40, 42
Nachweise
Fußnoten
- Vgl. Hartmut Scholz, in: Kat. Ausst. Ulm 1995, S. 31f., Abb. 2. ↑
- Vgl. Becksmann, CVMA Deutschland II, 1, 1979, S. 180, Abb. 235-239. ↑
- Zu Fritzlar vgl. Christian Rauch, Fritzlar, ein kunstgeschichtlicher Führer, Marburg 1925, S. 58, Abb. S. 77; die Fritzlarer Glasmalereien werden im dritten hessischen Teilband (CVMA Deutschland III, 3) behandelt werden. ↑
Drucknachweis
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet / Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 2), Berlin 1999, 254 [= 4/5b. Pietà]
Siehe auch
Extern
GND-Explorer (Objekt)
Nachnutzung
Rechtehinweise
Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Pietà (Hanau, Marienkirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/210-1-05-04_pieta-hanau-marienkirche> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/210-1-05-04


![Pietà: ES [= Erhaltungsschema] Chor nord VI, 4a, 3-6b [4-5b] Pietà: ES [= Erhaltungsschema] Chor nord VI, 4a, 3-6b [4-5b]](https://www.lagis-hessen.de/img/cvmahessen/s1/210-1-05-04_40.jpg)