Ehemals Nieder-Ingelheim, Augustiner-Chorherrenstift in der Pfalz

 
Standort
Nieder-Ingelheim
Anzahl Fenster
1
Anzahl Scheiben
1
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Katalogdaten

Beschreibung

Mit einer am 14. Jan. 1354 in Nidern Ingelnheim ausgestellten Urkunde begründete König Karl mit Erlaubnis des Mainzer Erzbischofs Gerlach von Nassau und des Domkapitels in Palatio Caesareo Ingelnheim – d.h. an jenem Ort, wo, wie eigens erwähnt wird, Karl der Große geboren worden sein und wo ihm von einem Engel das »Triumphschwert des rechten Glaubens« (orthodoxe fidei gladius triumphalis) überreicht worden sein soll – ein Augustiner-Chorherrenstift zu Ehren Jesu Christi, des Erlösers, und der seligen Wenzel und Karl, seiner Vorgänger; dieses reich ausgestattete, innerhalb der karolingischen Pfalz gelegene Stift war abhängig von dem wenige Jahre zuvor in der Prager Neustadt gegründeten Stift auf dem Karlshof (Karlov) und sollte mit vier Kanonikern böhmischer Herkunft besetzt werden77.
Das Wenige, was von der künstlerischen Ausstattung des Stifts bekannt ist, findet sich in einem Bericht des Gesandten(?) Nikolaus Lindenmayr, der Nieder-Ingelheim um 1637/38 besucht und den baulichen Zustand der Anlage beschrieben hat. Lindenmayr erwähnt u.a. in einer stuben, die – wie auch ein alte Capell – zum Baukomplex der Aula regia gehört zu haben scheint78, eine Rundenfensterscheuben mit dem Bildnis Kaysers Caroli magni […], ganz altveterisch (s. Reg. Nr. 44). Offenbar war es eine mittelalterliche Glasmalerei. Vielleicht stammte sie, wie Adolf Zeller vermutet hat (s. Bibl.), aus ebenjener Kapelle, die Lindenmayr im gebew der Burg oder Kayserl. Saal erwähnt. Wo und wann dieses Glasgemälde geschaffen wurde, bleibt unbekannt79; vermutlich ging es mit dem Verfall der Anlage im 17./18. Jh. verloren.

Bibliographie

Joseph Neuwirth, Zur Geschichte der Bauten in Ingelheim. Nach brieflichen Aufzeichnungen in einer Handschrift der Prager Universitätsbibliothek, in: Westdeutsche Zs. für Geschichte und Kunst 9, 1890, S. 92–96, hier S. 96 (erste Veröffentlichung eines im Jan. 1638 abgefassten Briefes von Nikolaus Lindenmayr, in dem dieser ein Glasgemälde mit der Darstellung Kaiser Karls des Großen in Ingelheim erwähnt; vgl. Reg. Nr. 44); Oidtmann 1929, S. 469 (Erwähnung der von Neuwirth 1890 publizierten Quelle im Kontext des Umgangs mit Glasmalereien in nachmittelalterlicher Zeit); Adolf Zeller, Die Auswertung des Befundes früher Bauanlagen im Saale in Ingelheim. Reichsaal und Kaiserwohnung (Forschungen an karolingischen Bauten im Rheingau und in Rheinhessen, Heft 1), Berlin 1935, S. 18 (das erwähnte Glasgemälde mit der Figur Karls des Großen sei »unter Wegschneiden der Linken mit dem Reichsapfel nach Herausnahme aus seinem ursprünglichen Standorte, wohl dem Chorfenster der abgebrochenen Kapelle, die demnach dem heiligen Karl gewidmet gewesen wäre, in einem profanen Wohnraume wieder untergebracht« worden, »um die Erinnerung an die Bedeutung des Baues als Kaiserwohnung festzuhalten«); Ernst Emmerling, Ein Bild Kaiser Karls des Großen in der Ingelheimer Saalkirche, in: Zs. des Aachener Geschichtsvereins 66/67, 1954/55, S. 5–11, hier S. 9f. (fasst als ursprünglichen Standort des erwähnten Glasgemäldes die Saalkirche ins Auge; erwägt eine Entstehung im späten 12. Jh., gleichzeitig mit vier nach Ingelheim zu lokalisierenden Scheiben in Berlin [Kriegsverlust] und Wiesbaden); Ernst Emmerling, Die Ingelheimer Bau- und Kunstdenkmäler, in: Ingelheim am Rhein. Forschungen und Studien zur Geschichte Ingelheims, hrsg. von Johanne Autenrieth, Ingelheim am Rhein 1964, S. 275–295, hier S. 279f., 282 (vermutet Herkunft aus einem »größeren kirchlichen Bildzyklus«); Hess 1999, S. 311 (Zusammenfassung der Überlieferung zur »Rundscheibe mit dem Bildnis Karls des Großen«; Datierung 14. Jh.).

Nachweise

Fußnoten

  1. Adalbert Erler, Das Augustiner-Chorherrenstift in der Königs-pfalz zu Ingelheim a.Rh. Ein Arbeitsbericht (Sitzungsberichte der Wis-senschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main XXIII,1), Stuttgart 1986, Urkundenan-hang I. Zu Geschichte und Bedeutung dieses Stifts s. auch Wagner/Schneider 1878, S. 25–30; zuletzt, mit weiterführender Literatur: Franz Machilek, Karl IV. und Karl der Große, in: Karl der Große und sein Nachleben in Geschichte, Kunst und Literatur (Zs. des Aachener Geschichtsvereins 104/05, 2002/03), Aachen 2003, S. 113–145, hier
    S. 141f., Wolfgang Schmid, Wallfahrt und Memoria. Die Luxemburger und das spätmittelalterliche Rheinland, in: Rheinische Viertel-jahrsblätter 70, 2006, S. 155–214, hier S. 195. Vgl. auch Zoë Opacic, Karolus Magnus and Karolus Quartus: Imperial Role Models in Ingelheim, Aachen and Prague, in: Engel/Gajewski 2007, S. 221–246
  2. Vgl. die ausführliche Diskussion der Quelle bei Hans Schmitz, Pfalz und Fiskus Ingelheim (Untersuchungen und Materialen zur Ver-fassungs- und Landesgeschichte 2), Marburg 1974, bes. S. 180–184.
  3. Beachtenswert ist der Hinweis von Peter C. Claussen, Der Wenzelsaltar in Alt St. Peter. Heiligenverehrung, Kunst und Politik unter Karl IV., in: ZfKg 43, 1980, S. 280–299, hier S. 291f., dass bei der Ausstattung des Stifts mit dem Import von »Prager Kunst« zu rechnen ist. Eine im frühen 16. Jh. entstandene Scheibe mit einer Darstellung Kaiser Karls des Großen befand sich bis 1892 in der Karlshofer Kirche in Prag, heute Muzeum hlavního mesta Prahy, Inv. Nr. 8197; s. Matouš 1975, S. 85–87, Abb. 78.

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen / Uwe Gast unter Mitwirkung von Ivo Rauch (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 1), Berlin 2011

Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Ehemals Nieder-Ingelheim, Augustiner-Chorherrenstift in der Pfalz“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-objekte/141-1_ehemals-nieder-ingelheim-augustiner-chorherrenstift-in-der-pfalz> (aufgerufen am 28.11.2025)

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