Reste einer Ornamentverglasung des 13. Jahrhunderts (Lorsch, Kloster)

Reste einer Ornamentverglasung. Darmstadt, HLM, Nr. 2. Mittelrhein, um 1260/65. – Kat. S. 184f.
Katalog
Von Uwe Gast
Befund
Ein weiterer, in seinem Umfang nicht bezifferbarer Teil des Grabungsfundes Friedrich Behns besteht aus grünlich weißen Glasstücken und -scherben einer Grisaille-Ornamentverglasung, die gegenständig angeordnete, stilisierte Ahornblätter innerhalb eines Rautenflechtbandes zeigte. Aus verwertbaren Stücken wurde um 1935 – vermutlich durch Otto Linnemann – ein kleines, naturgemäß »fiktives« Feld zusammengesetzt (Abb. 66), das mit Randstreifen und Rahmen 52,5 x 39 cm misst, wobei die Blattquadrate – ihrer vier bilden den Rapport – eine Kantenlänge von ca. 8 cm aufweisen. Die meist originalen Glasstücke sind in Substanz und Bemalung angegriffen; sie sind fleckig verbräunt und verwittert, ihre Bemalung ist mit brauner und schwarzer Lotfarbe kalt nachkonturiert worden.
Ornament, Stil, Datierung
Für das Motiv eines Flechtbandes mit gegenständig angeordneten Blättern gibt es ab der Mitte des 13. Jahrhunderts verschiedene, in der Literatur z.T. schon genannte Vergleichsbeispiele. So hat Suzanne Beeh-Lustenberger zum einen auf »Reste von Grauteppichfenstern« aus der Elisabethkirche in Marburg, um 1240/50, zum anderen auf verwandte Ornamentverglasungen in der ehemaligen Zisterzienser-Klosterkirche in Haina, um 1260/70, hingewiesen40; dabei steht das in Marburg überlieferte Ornament den Resten aus Lorsch besonders in der Zweistieligkeit und der Stilisierung der Blätter nahe, während in Haina deren Form und Zeichnung bereits etwas feinsinniger gestaltet sind. Ähnliche Blattformen wie auf den Fragmenten aus Lorsch begegnen im dritten Viertel des 13. Jahrhunderts auch im Hintergrund einer Kreuzigung Christi in der ehemaligen Zisterzienserinnen-Klosterkirche in Namedy41. Somit gibt es genügend Anhaltspunkte, jenen zweiten Lorscher Scherbenbestand in die Zeit nach der Mitte des 13. Jahrhunderts zu datieren. Wie bereits Beeh-Lustenberger vermutet hat, dürfte der Anlass zu einer Neuverglasung von Kirche oder Kloster am ehesten in dem Brand von 1247 zu suchen sein, mit dem Erneuerungsarbeiten verbunden waren, die bei der Neuweihe im Jahr 1266 abgeschlossen gewesen sein müssen42.
Mittelrhein, um 1260/65.
Nachweise
Fußnoten
- Beeh-Lustenberger 1973, S. 34 (Nr. 22f.). Vgl. insbesondere das Ornamentfeld in Marburg, Universitätsmuseum, Inv. Nr. 3015 (Parello 2008, S. 378, Nr. 5, Abb. 349), und das Fenster Lhs. n IV in Haina (Parello 2008, S. 174f., Abb. 74, 76). ↑
- Grodecki/Brisac 1984, S. 186, 188, Abb. 181. ↑
- Siehe auch AK Mannheim 2010, II, S. 262, Nr. VI.A.15 (Uwe Gast). ↑
Drucknachweis
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen / Uwe Gast unter Mitwirkung von Ivo Rauch (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 1), Berlin 2011, 184 f. [= o. A.. Reste einer Ornamentverglasung des 13. Jahrhunderts]
Indizes
Siehe auch
Extern
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Nachnutzung
Rechtehinweise
Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Reste einer Ornamentverglasung des 13. Jahrhunderts (Lorsch, Kloster)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/112-1-02-01_reste-einer-ornamentverglasung-des-13-jahrhunderts-lorsch-kloster> (aufgerufen am 26.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/112-1-02-01