Kopfscheibe mit segnendem Christuskind (Ersheim, Pfarr- und Friedhofskirche)

Hl. Georg und Maria mit Kind auf der Mondsichel und Kopfscheibe mit segnendem Christuskind. Ehemals Ersheim, Pfarr- und Friedhofskirche. Darmstadt, HLM, Nr. 186f. Heidelberg (Kamberger-Werkstatt), um 1517. – Kat. S. 151f.|Die vorzüglich erhaltenen Scheiben bildeten auch ursprünglich eine Einheit. (Ausschnitt)
Katalog
Von Uwe Gast
Abmessungen
H. 21,2 cm, B. 41,7 cm. – Inv. Nr. Kg 30:42; Beeh-Lustenberger 1973, Nr. 280.
Erhaltung
In der Substanz bis auf ein winziges, im Zuge der letzten Restaurierung durch Gottfried Frenzel ergänztes Stück vollständig original, aber von zahlreichen Sprüngen durchsetzt; von Frenzel großflächig doubliert.
Ikonografie, Komposition
Nackt, mit gespreizten Beinen und dabei irritierend geschlechtslos, sitzt das mit dem Kreuznimbus versehene Christuskind ebenerdig auf einem spitzblättrigen »Kissen« und hält, leicht zur Seite gewandt, seine Rechte segnend erhoben, während es in seiner Linken Globus und Kreuz trägt51. Das Blattkissen liegt auf einem in Untersicht wiedergegebenen unprofilierten Balken, Wolken bilden den Hintergrund. Die ostensive Geschlechtslosigkeit Christi bedarf einer Erklärung: Wenn der Glasmaler sich nicht einfach vor einer allzu drastischen Darstellung des nackten Kindes gescheut und dessen Penis deshalb weggelassen hat, könnte man hierin auch eine – wie auch immer motivierte – Reaktion auf die zeitgenössische Kritik an den unzähligen Bildern des Christusknaben sehen, die dessen Männlichkeit unverhohlen zur Schau stellten. Schon Johannes Geiler von Kaysersberg († 1510) hatte daran Anstoß genommen und geklagt, dass kein Maler ein Jesuskind mehr malen könne on ein zeserlin52.
Farbigkeit, Technik
Haare und Nimbus sowie Globus und Kreuz beim Christuskind in kräftigem Silbergelb; am Blattwerk wiederum grüne Malfarbe.
Bildnachweis
CVMA RT 13291, Großdia RT 05/085
Weitere Angaben
Standort heute
Darmstadt, Hessisches Landesmuseum
Nachweise
Fußnoten
- Zum Bildtyp s. Hans Wentzel, Art. »Christkind«, in: RDK, III, 1954, Sp. 590–608, hier Sp. 599f. ↑
- Zitiert nach AK Bern/Straßburg 2000, S. 114. Vgl. hierzu Leo Steinberg, The Sexuality of Christ in Renaissance Art and in Modern Oblivion, Chicago/London 21996, S. 330–333, zuletzt Jean Wirth, Die Bestreitung des Bildes vom Jahr 1000 bis zum Vorabend der Reformation, in: Handbuch der Bildtheologie, I: Bild-Konflikte, hrsg. von Reinhard Hoeps, Paderborn/München/Wien/Zürich 2007, S. 191–212, hier S. 210. – Nebenbei sei bemerkt, dass die Debatte, die das Buch von Leo Steinberg ausgelöst hat, namentlich in dem Aufsatz »The Body of Christ in the Later Middle Ages« von Caroline Walker Bynum, Eingang gefunden hat in den Roman »Jungfrau« von Thomas Meinecke (Frankfurt/M. 2008), hier in Person Concordia Werkmeisters, »Studierende der katholischen Theologie«, die sich für den Aspekt der Weiblichkeit Christi interessiert. Dass sich hier ein weites Interpretationsfeld für die Ersheimer Darstellung eröffnet, kann nur angedeutet werden. Gleichfalls geschlechtslos ist das Christuskind in Freiburg, Münster, Chor S III, auf der Schulter des Hl. Christophorus. ↑
Drucknachweis
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen / Uwe Gast unter Mitwirkung von Ivo Rauch (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 1), Berlin 2011, 152 [= 187. Kopfscheibe mit segnendem Christuskind]
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Rechtehinweise
Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Kopfscheibe mit segnendem Christuskind (Ersheim, Pfarr- und Friedhofskirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/106-1-01-02_kopfscheibe-mit-segnendem-christuskind-ersheim-pfarr-und-friedhofskirche> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/106-1-01-02
![Kopfscheibe mit segnendem Christuskind: ES [= Erhaltungsschema] Darmstadt Nr. 186f. Kopfscheibe mit segnendem Christuskind: ES [= Erhaltungsschema] Darmstadt Nr. 186f.](https://www.lagis-hessen.de/img/cvmahessen/s1/106-1-01-02_40.jpg)