Frankfurter Zeitung stellt Erscheinen ein
Ereignis
Was geschah
Die 1856 als „Frankfurter Geschäftsbericht“ von Leopold Sonnemann (1831–1909) und Heinrich Bernhard Rosenthal (1829–1876) in Frankfurt am Main gegründete, liberal-demokratische „Frankfurter Zeitung“ muss ihr Erscheinen einstellen.
Vorgeblicher Grund ist ein bereits am 23. März 1943 veröffentlichter Artikel des Journalisten und Historikers Herbert Küsel über den völkischen Dichter und Publizisten Dietrich Eckart (1868–1923). Der nur in der Erstveröffentlichung des „Ersten Morgenblatts“ (Nr. 150) enthaltene Beitrag Küsels1 ist allerdings auch unabhängig von den Dietrich in unerwünschter Weise „diffamierenden“ Ausführungen willkommener Anlass, die Tätigkeit der seit 1933 „gleichgeschalteten“, aber in einer vollkommen veränderten Presselandschaft allenfalls die Funktion eines liberalen „Feigenblatts“ erfüllenden Frankfurter Zeitung (die darüber hinaus auch 1934 aufgrund von Ausnahmegenehmigungen noch 27 jüdische Redakteure beschäftigt und bereits lange vor der „Machtergreifung“ als „Judenblatt“ galt) im „Sog einer allgemeinen Stillegungspolitik“ zu beenden.2
Das (für die Öffentlichkeit lapidar mit „Papierknappheit“ begründete) Verbot wurde bereits im Mai ausgesprochen, nachdem Küsels Artikel die Aufmerksamkeit Hitlers erregte hatte. Martin Bormann (1900–1945) erhielt daraufhin den Befehl, die „Frankfurter Zeitung“ kurzerhand einstellen zu lassen. Eigentlicher Anlass für die Reaktion des „Führers“ war wohl die Tatsache, dass sich Gerdy Troost (1904–2003; Architekturberaterin und Ehefrau des Speer-Vorgängers Paul Ludwig Troost, 1878–1934) „an seinem Tisch über ein ihr mißfallenes Feuilleton in dieser Zeitung beschwerte“.3
(KU)
Bezugsrahmen
Nachweise
Fußnoten
- Frankfurter Zeitung, 23.3.1943, S. 1 f.: hk [Herbert Küsel]: „Dietrich Eckart“. ↑
- Vgl. Bernd Sösemann, Journalismus im Griff der Diktatur. Die „Frankfurter Zeitung“ in der nationalsozialistischen Pressepolitik, in: Christoph Studt (Hrsg.), „Diener des Staates“ oder „Widerstand zwischen den Zeilen“? Die Rolle der Presse im „Dritten Reich“ (XVIII. Königswinterer Tagung Februar 2005) (Schriftenreihe der Forschungsgemeinschaft 20. Juli e. V. 8), Münster u. a. 2007, S. 11-38, hier S. 32-34. ↑
- Claudia Kinkela, Die Rehabilitierung des Bürgerlichen im Werk Dolf Sternbergers (Acta politica; 3),Würzburg 2001, S. 42, Anm. 135. ↑
Literatur
Weiterführende Informationen
- Günther Gillessen, Auf verlorenem Posten. Die Frankfurter Zeitung im Dritten Reich, 2., überarb. Aufl., Berlin 1987
- DER SPIEGEL 22/1987, 25.5.1987, S. 101-108: Sanfte Gegenrede zur kriegerischen Sprache / Von Martin Broszat (Stand: 26.10.2016).
- Heidenreich, Bernd / Neitzel, Sönke (Hrsg.): Medien im Nationalsozialismus, Paderborn 2010.
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Zitierweise
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„Frankfurter Zeitung stellt Erscheinen ein, 31. August 1943“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/863_frankfurter-zeitung-stellt-erscheinen-ein> (aufgerufen am 26.11.2025)
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