Demonstration in Frankfurt gegen den Abschuss eines koreanischen Passagierflugzeugs

 

Ereignis

Was geschah

Am heutigen Sonntagnachmittag versammeln sich in der Innenstadt von Frankfurt am Main etwa 600 Koreaner zu einem Trauermarsch, um der 269 Opfer des am 1. September von sowjetischen Abfangjägern abgeschossenen Passagierflugzeugs der Korean Air Lines zu gedenken. Die Menschen koreanischer Abstammung formieren ihren Demonstrationszug gegen 14 Uhr im Bahnhofsviertel (Kaisersack), um gegen die „barbarische Handlung“ zu protestierten. Auf ihrem Weg verteilen die Teilnehmer mit Verbeugung Flugblätter an Passanten. Der Umzug bleibt still und friedlich, führt die Trauernden zur Hauptwache und geht nach zweieinhalb Stunden ohne Zwischenfälle zu Ende. Nur bei einer Zwischenkundgebung vor dem Gebäude der Bank für Gemeinwirtschaft (Kaiserstraße 29) wird eine sowjetische Nationalfahne verbrannt. Viele Demonstrationsteilnehmer tragen dunkle Anzüge und Krawatten, die Frauen schwarze Kostüme. Die koreanische Nationalhymne wird angestimmt. Im Zug laufen Kinder neben ihren Eltern. Um den Hals eines kleinen Mädchens baumelt ein Schild. Darauf steht mit Buntstiften geschrieben: „Andropow! Warum tötest Du unschuldige Kinder?“ Auf einem Transparent der koreanischen Kinderschule in Frankfurt prangt in großen Buchstaben: „Warum?“ Ein weiteres Plakat zeigt den sowjetischen Staats- und Parteichef Juri Andropow (1914–1984), der mit Hammer und Sichel – den Symbolen des Kommunismus auf der Staatsflagge der Sowjetunion – ein Flugzeug zertrümmert. Unterwegs bleiben Passanten auf der Kaiserstraße stehen, diskutieren und bekunden Sympathie mit den Demonstranten, jedoch schließen sich höchstens 20 Deutsche dem Zug an, unter ihnen der Frankfurter Bürgermeister Hans-Jürgen Moog (geb. 1932; CDU) und seine Ehefrau. Das geringe Interesse, dass der Demonstrationszug bei jenen Teilen der Frankfurter Bevölkerung geweckt hat, die die Stadt sonst zu einer Protest-Hochburg gemacht haben, entlockt einem Polizeibeamten die Bemerkung, es sei schon beeindruckend: „Hätten die Amis eine Maschine abgeschossen wäre heute sicher der Teufel los gewesen.“1 Am vorangegangenen Donnerstag hatte ein Abfangjäger der sowjetischen Luftverteidigung die zivile Boeing 747 der südkoreanischen Fluggesellschaft Korean Air Lines irrtümlich wegen einer Verletzung des sowjetischen Luftraumes über internationalen Gewässern westlich der Insel Sachalin (Pazifischer Ozean nördlich von Japan) abgeschossen. Dabei kamen alle Insassen der Verkehrsmaschine ums Leben.
(KU)

Bezugsrahmen

Nachweise

Fußnoten

  1. Zitiert nach Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.9.1983, S. 31.

Literatur

  • Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.9.1983, S. 31: „Andropow! Warum tötest Du unschuldige Kinder?“ – Sechshundert Koreaner protestieren gegen den Abschuß des Jumbo-Jet
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.10.1983, S. 8: Moskau zeigt seine Angst vor der Wahrheit – Ein Monat nach dem Flugzeugabschuß fehlt noch immer eine lückenlose, glaubhafte Darstellung / von Ernst Levy

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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

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„Demonstration in Frankfurt gegen den Abschuss eines koreanischen Passagierflugzeugs, 4. September 1983“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/5346_demonstration-in-frankfurt-gegen-den-abschuss-eines-koreanischen-passagierflugzeugs> (aufgerufen am 25.11.2025)

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