Großer Schaden im Frankfurter Korruptionsskandal

 

Ereignis

Was geschah

Im Frankfurter Stadtparlament erläutert der amtierende Personaldezernent Udo Müller, dass für die Stadt Frankfurt am Main nach bisherigen Erkenntnissen in den vorangegangenen zehn Jahren durch systematische Korruption in der städtischen Verwaltung ein Schaden von mindestens fünf Millionen DM entstanden ist. Bereits seit Mitte des Jahrzehnts hatten Fahnder gegen Unternehmen im Raum Frankfurt am Main und gegen städtische Behörden wegen des Verdachts der Bestechung bzw. der Vorteilsnahme ermittelt und waren auf skandalöse Zustände gestoßen, die das Ordnungsamt, die Führerscheinstelle, die Baubehörde, das Gartenamt und das Stadtreinigungsamt betrafen. Hier sei ein besonders drastischer Fall, der bundesweit Aufsehen erregte, herausgegriffen: Der seit 1959 bei der Stadt Frankfurt als gartenbautechnischer Angestellter arbeitende und 1981 zum Leiter der Abteilung „Planung und Bau von Sport-, Frei- und Schulaußenanlagen“ aufgestiegene Alfons Weil („Don Alfonso“) hatte jahrzehntelang Bestechungsgeschenke entgegengenommen bevor er städtische Aufträge vergab. Oberbürgermeister Wolfram Brück (1937–2016; CDU), damals Dezernent für Personal, Organisation und Recht, hatte Weil gegen vielfachen Protest in der Stadtverwaltung auf diesen Posten gesetzt. Einem internen Aktenvermerk zufolge „organisationsfreier zugeordnet“, war Weil fortan uneingeschränkt Herr über die Bau-Auftragsvergabe der Stadt. Er revanchierte sich bei Brück bald darauf mit der Sanierung der Tennisplätze von Brücks renommiertem „TC Palmengarten“, die er für einen Gesamtbetrag von 121.437,65 DM herrichten ließ. Ohne vorheriges Ausschreibungsverfahren erhielt der Frankfurter Familienbetrieb der Eheleute Klaus und Doris Grzanna von Weil „freihändig“ den Auftrag. Der eklatante Verstoß gegen die Vergabe- und Bauordnung wurde kurze Zeit später vom Magistrat abgesegnet. In der Folgezeit geriet die Firma immer mehr in Abhängigkeit von der Vergabe städtischer Aufträge und wurde von Weil rigoros ausgepresst. Den drohenden Bankrott im Nacken, wurde das Unternehmerpaar zwei Jahre später bei Wolfram Brück vorstellig und „packte aus“: „über Jahre habe der Auftragsvergabechef Bares und Brauchbares in Millionenhöhe von der Firma verlangt“. Brück, mit erdrückender Beweislast konfrontiert, erteilte seinem Vergabechef einen Rüffel – und drückte schließlich beide Augen zu, verschaffte Weil einen Rechtsanwalt und plädierte gegenüber den Grzannas für „einvernehmliche Lösungen“.
(KU)

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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0

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„Großer Schaden im Frankfurter Korruptionsskandal, 17. November 1988“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/1573_grosser-schaden-im-frankfurter-korruptionsskandal_grosser-schaden-im-frankfurter-korruptionsskandal> (aufgerufen am 26.11.2025)

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