
Amöneburg, Kollegiatstift: Turm aus dem 14. Jahrhundert
Basisdaten
Das von Bonifatius auf dem mächtigen Basaltkegelberg in der Ohmniederung zu Beginn des 8. Jahrhunderts gegründete Benediktinerkloster wird 1360 in ein Chorherrenstift umgewandelt. Das Stift wird zum Zentrum der Territorialpolitik der Mainzer Erzbischöfe in Oberhessen und steht in ständiger Konkurrenz zu den hessischen Landgrafen. Es wird 1803 aufgehoben. Die heutige Stiftsschule, ein Gymnasium in kirchlicher Trägerschaft, sieht sich in der Tradition des ehemaligen Stiftes.
Orden
Kollegiatstift
Alte Diözesanzugehörigkeit
Kirchenprovinz Mainz, Erzbistum Mainz, Archidiakonat St.Stephan Mainz, Dekanat Amöneburg
Typ
Chorherrenstift
Territorium
- 1120 Erzbistum Mainz
- 1803 Kurfürstentum Hessen-Kassel;
Historische Namensformen
- ecclesia Collegium Clericorum secularium [...] in honorem Omnipotentis Dei et beati Iohannis Baptisti (1360) [Regesten der Erzbischöfe von Mainz von 1289-1396, Abt. 2, Bd. 1, S. 278-279, Nr. 1256]
Lagebezug
3 km südlich von Kirchhain
Lage
Das Kloster liegt auf der Höhe eines alten Vulkankegels im Ohmbecken über einer Kreuzung alter Heerstraßen.
Geschichte
1360 wird die Pfarrkirche des von Bonifatius gegründeten Klosters in ein Kollegiatsstift, Sanct Johannis baptista, durch Erzbischof Gerlach von Mainz (siehe Amöneburg, Benediktinerkloster) umgewandelt. Er stattet es mit Pfarrkirchen aus der Region und zahlreichen Rechten aus, wie der Befreiung von Abgaben und Steuergeldern und dem freien Nutzungsrecht des Grundbesitzes. Das Stift ist Sitz eines Offizials (Kommissars) des Archidiakons von St. Stephan in Mainz. Ihm ist eine Schule angeschlossen, in der der Nachwuchs ausgebildet wird.
Neben Pfarrrechten erhält das Stift umfangreichen Grundbesitz geschenkt, erwirbt Ablassbriefe und Reliquien. Mit der Stadt Amöneburg existieren Dauerkonflikte über den Weinausschank und die Besetzung von Kanonikerstellen mit Bürgersöhnen. Ende des 15.Jahrhunderts einigen sich Stift und Stadt auf die Einsetzung eines Schiedsgerichtes zur Klärung von Streitfällen und legen dies im Stadtbuch fest.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg (in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts) treten deutsche Bartholomiten (auch Bartholomäer oder Communisten genannt) ins Stift ein. Ihr "Institut der in Gemeinschaft lebender Weltpriester" widmet sich der Ausbildung guter Prediger und Seelsorger im Römisch-katholischen Priesterseminar. Die Mitglieder leben in einer Wohn- und Gütergemeinschaft und verpflichten sich zu einer einfachen asketischen Lebensform.
1803 wird das Stift säkularisiert, Besitz und Einkünfte gehen an das Kurfürstentum Hessen. Die meisten Kanoniker werden Pfarrer in den ehemals zum Stift gehörenden Pfarrkirchen, alle anderen Kanoniker werden entschädigt, wenn sie in Amöneburg wohnen bleiben.
Gründungsjahr
1360
Gründer
Erzbischof Gerlach von Mainz
Aufhebungsjahr
1803
Organisation
Im Stift leben zehn Priester als Kanoniker, die aus ihrer Mitte einen Vorstand (Dekan) wählen, der das Stift vertritt, die Einhaltung der Klosterregeln überwacht und als Pfarrer in Amöneburg die Gemeinde seelsorgerisch betreut. Zahlreiche Amöneburger Bürgersöhne treten in das Stift ein. Zur Stiftsgemeinschaft gehören Altaristen (bereits im Gründungsjahr fünf) und Laien, die auch als Schulmeister, Organisten und Kämmerer tätig sind.
Pfarrrechte
Patrozinien
Johannes der Täufer
Archivgeschichte
Archiv im Staatsarchiv Marburg: Urkunden, Akten.
Besitz
Der Minorit Raimund Sebastiani aus Fritzlar legt 1787 während seines Aufenthaltes im Stift Amöneburg ein dreibändiges Verzeichnis des Besitzes an. In ihm sind verzeichnet: Stadtallendorf, Amöneburg, Dampertshausen, Roßdorf, Kleinroßdorf, Heuchelheim, Kleinseelheim, Mardorf, Niederklein, Rüdigheim, Schwarzenborn Durch die Säkularisierung (1803) fallen folgende Güter neben weiteren Einkünften des Stiftes an das Kurfürstentum Hessen: Stadtallendorf, Amöneburg, Anzefahr, Erfurtshausen, Kleinseelheim, Mardorf, Moischt, Roßdorf, Rüdigheim
Ausstattung
Gebäude
Ein Turm ist der einzige Rest der 1360 gegründeten Stiftskirche. Die Kirche wird bis auf den Turm 1865 abgetragen, das Stiftsgebäude brennt 1916 ab.
Nachweise
Quellen
- Der Stand von 1940 bei Dersch, Klosterbuch, S. 6
Gedruckte Quellen
- Schneider, Stadt und Amt Amöneburg
- Der Stand von 1940 bei Dersch, Klosterbuch, S. 6
Literatur
- Denkmaltopographie Landkreis Marburg-Biedenkopf 1, S. 120
- Schneider, Stadt und Amt Amöneburg, S. 303 - 310
- Der Stand von 1940 bei Dersch, Klosterbuch, S. 6
Germania Sacra-ID
GND-Nummer
Indizes
Siehe auch
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Orte
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Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Amöneburg, Kollegiatstift“, in: Klöster und Orden <https://lagis.hessen.de/de/orte/kloester-und-orden/alle-eintraege/10629_amoeneburg-kollegiatstift> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/kl/10629