Reichenbach

Die Lage von Reichenbach im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Dorf
Lagebezug
21 km südsüdwestlich von Witzenhausen, 5,5 km südöstlich von Hessisch Lichtenau
Lage und Verkehrslage
Geschlossenes Dorf mit einfachem Grundriss und geringer Siedlungsdichte am Oberlauf des Vockebachs und am südlichen Rand der Lichtenauer Hochfläche. Auf nach Süden gerichtetem Sporn oberhalb der Talsiedlung in prominenter Lage die Kirche; südlich darunter jenseits des rundummauerten Lindenplatzes regellose Gehöftgruppe; auf dem Rücken nordwestlich an die Kirche anschließend Straße, parallel dazu im Südhang Gasse. Durch den Ort führt von Südosten kommend und hier rechtwinkelig abknickend als Hauptachse die L 3249 (Klosterstraße-Gozmarstraße)
Ersterwähnung
1089
Historische Namensformen
- Richenbach, de (1089) [Fälschung; F. Pfaff, Die Abtei Helmarshausen, 2: Der Güterbesitz, die Verfassung und die Wirtschaft der Abtei, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, NF 35 (1911), S. 57-58, Urkundenbeilage 1; Honselmann, Von der Carta zur Siegelurkunde, S. 160; J. Linneborn, Inventar des Archivs des bischöflichen Generalvikariats zu Paderborn, S. 7-8, Nr. 9]
- Richenbach, de (1133) [UB Mainz 1, S. 505-507, Nr. 588]
- Rigenbach, de (1138) [UB Mainz 2,1, S. 4-6, Nr. 5]
- Richenbahc, de (1139) [UB Mainz 2,1, S. 17-19, Nr. 12]
- Richenbach, de (1146) [MGH Diplomata Könige 9, Konrad III. : Hausmann, S. 284-286, Nr. 156]
- Richenbach, de (1148-1154) [Urkunden Kloster Hardehausen, S. 41, Nr. 1]
- Richenbach, de (1152) [UB Mainz 2,1, S. 322-324, Nr. 173]
- Richenbach, in (1207) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 1, S. 1-2, Nr. 1]
- Richebach, de (1209) [HStAM, Urk. Best. 15, Nr. 6, Regest Klosterarchive 2: Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein, S. 5-6, Nr. 6]
- Richembach, de (1211) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 1, S. 2, Nr. 2]
- Richinbach (1225) [Cronica Reinhardsbrunnensis (1340-49) MGH Scriptores 30,1: Holder-Egger, Supplementa, S. 602 Digitalisat]
- Richenbagh, de (1226) [Klosterarchive 1: Klöster an der Werra, S. 342, Nr. 876]
- Richenbach (1233 [Codex Diplomaticus Saxoniae I A 3: Urkunden der Markgrafen von Meissen und Landgrafen von Thüringen 1196 - 1234, S. 340-341, Nr. 490]
- Rychinbach (1330) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 2, S. 399-400, Nr. 543]
- Ryghenbac, in (1340) [Klosterarchive 1: Klöster an der Werra, S. 392-393, Nr. 1000]
- Riechinbach, czu (1393)
- Richenbach, in (1425-28) [Demandt, Quellen Fritzlar, S. 554-562, Nr. 411 I, hier S. 558)
- Rychenbach (1436)
- Riechenbach (1471)
- Reichenbach (1553) [HStAM Bestand S Nr. 524]
- Reichenbach (1585) [Der ökonomische Staat, S. 86]
- Reichenbach (1708/10) [Schleenstein, Landesaufnahme, Karte Nr. 7]
Bezeichnung der Siedlung
- castrum (1225)
- molendinum situm inter castrum et villam (1261) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 1, S. 122-134, Nr. 175]
- hus (1330)
- Dorf (1352)
- Burg (1354) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 2, S. 597-598, Nr. 898]
- sloz (1403)
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
- Breitenrode
- Deinebach
- Eppenrode
- Gerolderode
- Große Steine
- Habichsgeren
- Lindau
- Mesche
- Reichenbach
- Schlicher
- Suckenrode
- Weißenbach
- Reichenbach (→ Burgen, Schlösser, Herrenhäuser)
- Reichenbach, Deutschordensniederlassung (→ Klöster)
Burgen und Befestigungen
Umlegung der Flur
1906
Älteste Gemarkungskarte
1720
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3554483, 5669962
UTM: 32 U 554387 5668134
WGS84: 51.162053° N, 9.777802° O
Statistik
Ortskennziffer
636006090
Flächennutzungsstatistik
- 1767: 1796 Acker ohne herrschaftliche und kirchliche Güter
- 1961 (Hektar): 888, davon 380 Wald (= 42.79 %)
- Bis 1454: 12 1/2 Huben in der Feldmark
Einwohnerstatistik
- 1539: 28 Mann und Feuerstellen
- 1575/85: 38 Hausgesesse
- 1639: 15 Einwohner
- 1681: 31 Hausgesesse
- 1747: 40 Mannschaften mit 54 Feuerstätten (Dorfbuch der Landgrafschaft Hessen-Cassel HStAM Bestand S Nr. 105)
- 1776: 226 Einwohner
- 1961: 333, davon 317 evangelisch (= 95.20 %), 12 katholisch (= 3.60 %)
- 1970: 325
- Berufsgliederung 1724: 2 Amtspersonen, 53 Leinweber, 2 Schmiede, 1 Schreiner, 1 Schneider, 5 Tagelöhner, 1 Hirt; zusammen: 65
- 1776: 1 Müller so zugleich Schreiner, 1 Wagner und Wirt, 2 Schmiede, 1 Schneider, 22 Leinweber und Tagelöhner, 1 Zimmermann, 1 Töpfer, 3 einzelne Weibspersonen
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 1383: Landgrafschaft Hessen, Amt Reichenbach
- 1454: Landgrafschaft Hessen, Amt Lichtenau (-Reichenbach)
- 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Amt Lichtenau, Der fünfte Ort
- 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Lichtenau
- 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Lichtenau
- 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Eschwege, Kanton Lichtenau
- 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Lichtenau
- 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Witzenhausen
- 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Eschwege
- 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Witzenhausen
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Witzenhausen
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Witzenhausen
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Witzenhausen
- 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Werra-Meißner-Kreis
Altkreis
Witzenhausen
Gemeindeentwicklung
Am 1.4.1972 erfolgte im Zuge der hessischen Gebietsreform die Eingemeindung nach Hessisch Lichtenau, Stadtgemeinde, dessen Stadtteil Reichenbach seitdem ist.
Gericht
- 1322 und 1324: landgräflicher Vogt
- 1352: Gericht und Vogt
- 1441: Schultheiß und Amtmann
- 1454: Galgengrund zu Eppenrode
- 1553: Gericht Hessen
- 1747: Niederes und peinliches Gericht Hessen
- 1807: Friedensgericht Lichtenau
- 1814: Amt Lichtenau
- 1821: Justizamt Lichtenau
- 1867: Amtsgericht Lichtenau
- 1879: Amtsgericht Lichtenau
- 1945: Amtsgericht Witzenhausen
- 1961: Amtsgericht Witzenhausen
- Flurnamen: 'Galgenberg', 'Galgenfeld', 'Galgengraben', 'Galgenhecke', 'Galgenwiese' südwestlich am Nordhang des Eisberges
Herrschaft
- Die seit dem 11. Jahrhundert greifbaren Anfänge von Reichenbach sind eng mit der Burg Reichenbach und dem gleichnamigen Adelsgeschlecht, einer Nebenlinie der Grafen von Ziegenhain, verknüpft.
Deutscher Orden Zur Niederlassung des Deutschen Ordens Reichenbach, Deutschordensniederlassung. 1207-1211 gelangt das im Ort gelegene ehemalige Nonnenkloster an den Deutschen Orden, der hier seine älteste Niederlassung in Deutschland begründet.Hessen, Landgrafen 1233: Die Grafen von Ziegenhain verzichten gegenüber den Landgrafen von Thüringen mit Burg Reichenbach auch auf den Ort Reichenbach.- 1261: erwirbt der Deutsche Orden Besitz der von Cappel und der von Spangenberg in Reichenbach.
- 1330 und 1354 verpfänden die Landgrafen von Hessen dem Deutschen Orden u.a. die Burg Reichenbach.
- 1383: Eckehard von Felsberg gesteht dem Landgrafen Hermann auf seinen Vorwerken und Gütern im Gericht Reichenbach die gleichen Rechte wie auf anderen Vorwerken zu.
- 1410: Beyger Meisenbug verkauft dem Landgrafen Hermann sein Holz vor dem Hagen zu Reichenbach.
Hessen, Landgrafen 1519: Graf Adam von Belebungen erhält von Landgraf Philipp einen Zins unter anderem aus Amt und Ort Reichenbach verschrieben.Hessen, Landgrafen 1553: Landgräfliches Dorf- 1575/85: Etliche Zinsen zu Reichenbach plessisches Lehen der von Hundelshausen
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
Kaufungen, Kloster Vor 1456: Kloster Kaufungen erkennt Ansprüche Krafts von Felsberg auf Güter im Gericht Reichenbach nicht an.- 1471: Kraft von Felsberg verzichtet auf Güter im Gericht Reichenbach.
Ortsadel
Adel: Grafen 1089-1272
Ortsadel: 1146-1394
Kirche und Religion
Ortskirchen
- Kirche gehört zunächst den Grafen von Reichenbach, die sie für ein ( Zisterzienserinnen -?) Kloster stifteten. Nach Auflösung desselben ecclesia 1207 an Deutschen Orden
- 1211: Bestätigung; Kommende (1225 - 1356 Komture) um 1310 der Deutschordens-Ballei Hessen inkorporiert, im 16. Jahrhundert mit Haus Marburg vereinigt
- 1273: Umfangreiche Schenkungen der Grafen von Bilstein an Deutschen Orden Reichenbach. Deutscher Orden Reichenbach gehört zu den frühesten Deutschordens-Niederlassungen nördlich der Alpen.
- Von der um 1140 erbauten Basilika der ehemals Klosterkirche die Arkadenwände erhalten; Spätgotischer Westturm,
- ecclesia (1425-28) [Demandt, Quellen Fritzlar, S. 554-562, Nr. 411 I, hier S. 558)
- Wiederaufbau 1788 - 95, Instandsetzung 1954 - 1956
- Kapelle auf der Burg 1432 und 1433 genannt
Patrozinien
- Maria
Pfarrzugehörigkeit
Kirchspiel 1569: Reichenbach mit Hollstein, Hopfelde, Wickersrode, 1585: auch noch Wollstein, bis 1613 1615, 1776, 1872 und 1994: Reichenbach mit Hollstein, Hopfelde und Wickersrode, nach Reichenbach eingepfarrt: Hof Glimmerode (1780), derselbe und Weißmühle (1872)
Patronat
1207: Deutscher Orden
Um 1310 1585, 1776: Komtur Marburg
Klöster
Bekenntniswechsel
Erster evangelischer Pfarrer: Johann Schick 1534-1536
Kirchliche Mittelbehörden
15. Jahrhundert: Mainzer Kirchenprovinz, Archipresbyterat Fritzlar, Erzpriestersprengel Gensungen 1585: Superintendentur Rotenburg-Allendorf 1780 und 1872: Klasse Lichtenau 1923: Kirchenkreis Kaufungen 1929: Kirchenkreis Witzenhausen
Kultur
Schulen
1776 ist ein Schulhaus vorhanden, 1910 einklassige Volksschule
Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)
Historische Ereignisse
1640: in Asche, von 63 Familien nur noch 15 ansässig
Im Siebenjährigen Krieg größtenteils eingeäschert
Wirtschaft
Mittelpunktfunktion
Die ältesten Amtsrechnungen von Reichenbach der Jahre 1383-1387 nennen die Orte bzw. Wüstungen Weißner, Retterode, Wollstein, Schnellrode, Mesche, Hollstein, Ichendorf, Obergude, Hopfelde, Velmeden, Laudenbach, Fürstenhagen, Vockerode, Siegershausen, Lichtenau, Steinbach, Hausen, Helsa, Diemerode, Weidelbach und Hasselbach. Zur weiteren Entwicklung des Amtes s. Hessisch Lichtenau
1491 und 1494 - 98: Glashütte im Hain
Töpferei: Flurnamen "Dippekochsländche", "Schleifkotten" (1553)
Mühlen
1261: Mühle
1776: Die Deichmühle wurde mit dem Wasser der Vock über ein oberschlächtiges Wasserrad als Mahlmühle bis 1917 betrieben.
Nachweise
Literatur
- Braasch-Schwersmann, Deutschordenshaus Marburg, S. 361 (Register)
- 1207 Reichenbach 2007. Kloster- und Deutschordenskirche
- K. Kollmann, "Grafen Wigger" und die Grafen von Bilstein, S. 223-224 (Register)
- Denkmaltopographie Werra-Meißner-Kreis, Bd. III: Altkreis Witzenhausen, S. 459-463
- Scholz, Wasser- und Windmühlen Werra-Meißner-Kreis, S. 73
- Siegel, Geschichte der Stadt Lichtenau, S. 264 - 274
- Historisches Ortslexikon Witzenhausen, S. 101 - 104
- Dersch, Hessisches Klosterbuch Nachdruck
- Friderici, Genealogische Beobachtungen, S. 44ff.
- G. Ganssauge, Zur Wiederherstellung der romanischen Klosterruine zu Reichenbach. In: Hessische Heimat 6, 1956/57 Heft 2
- W. Görich in: K. Schellhase, Territorialgeschichte. des Kreises Rotenburg an der Fulda und des Amtes Friedewald ( = Schriften des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde 33) 1970, S. 38f. mit Anmerkung 142
- Heldmann, Deutschordensballei
- Krummel, Ämter Melsungen, S. 65-78
- G. Freiherr Schenk zu Schweinsberg, Beiträge zur Genealogie der Grafen von Reichenbach-Ziegenhain (mit Stammtafel). In: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der Geschichts- und Altertumsvereine. 22, 1874. Ahg 14, 1876; 15, 1884 S. 72ff .
- G. Seib, Archivalische Nachrichten zur Pfarrei und Baugesch. der Pfarrkirche Reichenbach. In: Werraland 22. Jg. 1970 H. 1 und 2. IV.
- J. Voigt, Geschichte des deutschen Ritterordens
- Landau, Beschreibung des Hessengaues S. 102
Siehe auch
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„Reichenbach, Werra-Meißner-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/6713_reichenbach> (aufgerufen am 26.11.2025)
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