Waldkappel

Die Lage von Waldkappel im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Stadt
Lagebezug
13,5 km westsüdwestlich von Eschwege gelegen
Lage und Verkehrslage
Von Waldgebieten umgebene Kleinstadt mit regelhaften Grundrissmerkmalen am südlichen Zufluss des Schemmerbaches in die Wehre. Kern der 1854 durch Brand zerstörten Stadt im Südosten um die Kirche mit Marktplatz. Ellipsenförmige Ausdehnung mit regelmäßigem Straßennetz und bogenförmig geschwungener Hauptstraße, Wall und Graben. Kleine Vorstadt vor dem Obertor im Südwesten. Planmäßiger Wiederaufbau mit gitterförmigem Straßennetz. Hindenburg- und Leipzigerstraße (diese im Zuge der L 3226) umrunden in Hufeisenform den äußeren Ring der Bebauung, Mittel- und Kirchgasse bilden im Innern mit ihrem Südwest-Nordost Verlauf die Hauptachsen. Jüngere Siedlungsentwicklung im Nordwesten im Bereich Wehrfeld und im Süden. Im Norden verläuft in West-Ost-Richtung die A 44. Verkehrsanbindung über die nördlich der Ortslage verlaufenden Bundesstraße B7 sowie über die Landesstraße L 3226 und die Kreisstraße 33. Endbahnhof der Eisenbahnlinie Waldkappel – Kassel/Wilhelmshöhe ("Lossetalbahn") (Inbetriebnahme der Strecke 1.12.1879).
Ersterwähnung
1226
Siedlungsentwicklung
Obertor im Südwesten, Untertor im Nordosten, Hartmuthsachser Tor im Nordwesten
Historische Namensformen
- Capelle, de (1226) [Klosterarchive 1: Klöster an der Werra, S. 342, Nr. 876]
- Kapile, de (1261) [Wyss, Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei 1, S. Nr. 175]
- Kappele, de (1296) [Urkunden und Regesten Kloster Cornberg, S. 24, Nr. 37]
- Capelle, in (1301) [Landgrafen-Regesten online Nr. 431]
- Kappele (1324) [Hochschul- und Landesbibliothek Fulda, HS. 100 B 6 (Kopialbuch der Abtei Fulda) Bl. 25v, Nr. 252]
- Cappele (um 1376) [Vogtherr, Ältestes Lehnbuch der Landgrafschaft Hessen, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 37 (1987), S. 25-71, hier S. 41 (53)]
- Waldkappil (1379) [HStAM Bestand Urk. 13 Nr. 4855]
- Capelle in dem dorffe daz men nennet Waltcapelle (1383) [HStAM Bestand Urk. 13 Nr. 4857]
- Cappele, zcu (1391) [HStAM Bestand Urk. 76 Nr. 3608]
- Cappel (1446) [HStAM Bestand Urk. 76 Nr. 260]
- Waltcappel (1448) [Klosterarchive 1: Klöster an der Werra, S. 488, Nr. 1259]
- Waltcappell (1585) [Der ökonomische Staat, S. 86]
- Waltkappel (1708/10) [Schleenstein, Landesaufnahme, Karte Nr. 12]
Bezeichnung der Siedlung
- villa (1324)
- Dorf (1353, 1383, 1424, 1446)
- Flecken (1556, 1569)
- statt (1574)
- Stadt (1744)
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
Umlegung der Flur
1895/96
Älteste Gemarkungskarte
1802
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3561342, 5668058
UTM: 32 U 561244 5666230
WGS84: 51.144247° N, 9.875519° O
Statistik
Ortskennziffer
636012150
Flächennutzungsstatistik
- 1885 (Hektar): 1587, davon 700 Acker (= 44.11 %), 150 Wiesen (= 9.45 %), 589 Holzungen (= 37.11 %)
- 1961 (Hektar): 1591, davon 526 Wald (= 33.06 %)
Einwohnerstatistik
- 1585: 162 Haushaltungen (Der ökonomische Staat)
- 1744 (Gewerbetreibende): 10 Handelsleute und Krämer, 14 Bäcker, 7 Metzger, 16 Schuhmacher, 4 Lohgerber, 2 Weißgerber, 38 Leinweber, 4 Wagner, 2 Grobschmiede, 1 Weißbinder, 4 Schlosser, 2 Töpfer, 7 Schneider, 3 Bender, 5 Schreiner und Glaser, 1 Maurer, 1 Seiler, 2 Sattler, 1 Bader, 1 Chirurg, 2 Müller, 1 Hutmacher, 2 Färber, 2 Buchbinder, 3 Wirte, 2 Branntweinbrenner, 3 Tagelöhner
- 1747: 169 Feuerstätten (Dorfbuch der Landgrafschaft Hessen-Cassel HStAM Bestand S Nr. 105)
- 1885: 1107, davon 1089 evangelisch (= 98.37 %), 10 katholisch (= 0.90 %), 8 Juden (= 0.72 %)
- 1961: 1901, davon 1378 evangelisch (= 72.49 %), 480 katholisch (= 25.25 %)
- 1970: 1997
- 1986: 5080 Einwohner (mit Stadtteilen)
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Amt Lichtenau, Stadt Waldkappel
- 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Bischhausen, Stadtgericht Waldkappel
- 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Bischhausen, Stadtgericht Waldkappel
- 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Eschwege, Kanton Bischhausen
- 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Bischhausen, Stadtgericht Waldkappel
- 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege
- 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Eschwege
- 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Eschwege
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
- 1974: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Werra-Meißner-Kreis
Altkreis
Eschwege
Gemeindeentwicklung
Am 1.2.1971 erfolgte im Zuge der hessischen Gebietsreform die Eingliederung der Gemeinde Mäckelsdorf in die somit erweiterte Stadt Waldkappel. Zu deren weiterer Entwicklung s. Waldkappel, Stadtgemeinde. Sitz der Stadtverwaltung ist Waldkappel.
Gericht
- 1818: Kurfürstliches Justizamt Bischhausen
- 1822: Kurfürstliches Justizamt Bischhausen
- 1867: Amtsgericht Bischhausen
- 1879: Amtsgericht Bischhausen
- 1932: Amtsgericht Eschwege
Herrschaft
- Die Dorf- bzw. Stadtgeschichte von Waldkappel bis zum Ende des Alten Reiches ist aufgrund differenzierter Lehens- und Besitzverhältnisse kompliziert.
- Bei dem 1226 genannten Eckhardt von Cappel handelt es sich um einen bisteinischen Vasallen. 1301 erwirbt der Landgraf von Hessen von denen von Bilstein deren Rechte zu Waldkappel. Die von Cappel erhalten die vormals bisteinischen Güter als hessisches Lehen zurück. Die von Schlutwinsdorf erhalten das dortige Gericht als Lehen zurück. 1372 hat Ludwig von Schlutwinsdorf Einkünfte aus seinem hessischen Lehengut in Waldkappel versetzt. Hermann von Cappel besitzt um 1376 die Gerichtsbarkeit über 15 Männer von Landgraf Hermann von Hessen als Lehen. Hermann von Cappel verkauft 1449 seine Gülten, Zinsen, Renten und Gefälle in Waldkappel an Landgraf Ludwig von Hessen.
- Daneben ist auch der Abt von Fulda als Lehnsherr in Waldkappel präsent: 1324 tragen Heinrich von Honstein und seine Frau Hedwig u.a. (Wald-)cappel vom Abt von Fulda zu Lehen. 1391 bittet Hermann von Schlutwinsdorf, Burgmann zu Melsungen, den Abt von Fulda, ihn mit Gütern in Wanrode, Mäckelsdorf, Berkirsch und weiteren im Einzelnen aufgeführten Orten, u.a. zu Cappel, zu belehnen. Von 1433 (mit genauen Angaben 1446) bis 1823 werden die von Bonyeburg-Honstein von der Abtei Fulda mit Gütern in Waldkappel belehnt.
- Im 14. Jahrhundert sind somit die von Cappel als hessische, die von Schltuwinsdorf als hessische und fuldische Lehnsleute sowie die von Boyneburg als fuldische Lehnsleute bekannt. 1585 sind von den 162 Hausgesessen 74 hessisch, 66 Boyneburgisch und 22 denen von Hundelshausen, 1744 sind von den bürgerlichen Untersassen 79 landgräflich, 83 boyneburgisch und 22 denen von Hundelshausen. Erst 1780 beauftragt der Landgraf von Hessen den Justizbeamten zu Bischhausen, die Justizpflege zu versehen.
- Aufgrund seiner Dreiherrigkeit gehört Waldkappel im 15. Jahrhundert keinem Amt an, sondern es gab drei Schultheißen der Ganerben und drei Bürgermeister. 1448 siegeln zwar Bürgermeister und Rat zu Waldkappel und 1424 existiert bereits ein Rathaus. Die Stadtwerdung vollzieht sich jedoch erst um 1570, 1574 wird es erstmals Stadt genannt. Waldkappel besteht weiterhin aus drei Stadtteilen mit jeweils eigenen Schulheißen, Bürgermeistern und Gemeindevormündern. Der Stadtrat zählt im 17. Jahrhundert zwölf Mitglieder, von denen sechs hessisch, vier boyneburgisch und zwei hundelshäusische Hintersassen sind.
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
- 1301 besitzen die von Cappel im Dorf Güter und die Gerichtsbarkeit als Lehen .
Hessen, Landgrafen Der letzte von Kappel verkaufte 1449 seinen Anteil an Hessen.- 1358 schlossen die von Schlutwinsdorf und von Hundelshausen eine Ganerbschaft über das Dorf. Dessen "iudicium" hatten jene 1301 von Bilstein zu Lehen.
Hessen, Landgrafen Der Schlutwinsdorfische Teil kam teilweise 1391 als hessisches Lehen verliehen an die von Hundelshausen, teilweise fiel er 1414 an Hessen heim.Fulda, Kloster Auch die von Boyneburg-Hohenstein hatten bis 1792 Anteil als fuldisches Lehen.
Ortsadel
Adlige von Kappel (1226-1451)
Kirche und Religion
Ortskirchen
- plebanus (1348)
- Kirche (1479)
- Turm inschriftlich von 1394-96,1501 Langhaus geweiht, 1522 vollendet, heute dreischiffige Hallenkirche, 1979 renoviert
Patrozinien
- Georg (1479)
Pfarrzugehörigkeit
1585, 1744, 1872 und 1994 sind Friemen und Rechtebach Filialgemeinden.
Patronat
1585 und 1744 landgräflich
Bekenntniswechsel
Erster evangelischer Pfarrer: Johann Schütz 28.5.1532
Kirchliche Mittelbehörden
15. Jahrhundert: Erzbistum Mainz, Archidiakonat Heiligenstadt
Juden
Ort gehört zur Gemeinde Harmuthsachsen. Zeitweilig lebten 26 Juden im Ort.
Kultur
Schulen
1449 Erwähnung einer Schule; Schulmeister: Johannes Ludolph 1590-1592 (1591); 1655 ein Schulmeister für 60 bis 70 Schüler, Unterricht in Lesen, Schreiben, Deklinieren und Konjugieren, 1744 freies Schulhaus mit Rektor für die Jungen und Schulmeister für die Mädchen; 1835 drei Schulen; 1910 Volksschule mit vier Klassen
Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)
Historische Ereignisse
Zerstörungen 1534, 1637, 1854 und 1945
Wirtschaft
Mittelpunktfunktion
Die protestantische Klasse Waldkappel umfasste 1872 die Pfarreien Bischhausen, Germerode, Harmuthsachsen, Mitterode, Oetmannshausen, Schemmern, Thurnhosbach, Waldkappel und Wipperode.
Haupterwerbsquelle Landwirtschaft. Folgende Gewerbe werden 1744 zünftig aufgeführt: Handelsleute und Krämer, Bäcker, Metzger, Schuhmacher, Lohgerber, Weißgerber und Leinweber
um 1925 Zigarren-, Betonwaren und Stockfabrik
Mühlen
Eine niedernmole in dem dorffe Cappel wird schon 1446 genannt (HStAM Bestand Urk. 76 Nr. 260). In der Schleensteinkarte (1708/10) [Schleenstein, Landesaufnahme, Karte Nr. 12] und in der Katastervorbeschreibung 1744 werden zwei Mühlen genannt, die Ober- und die Untermühle. Die Obermühle vor dem Friemer Tor (Obertor, Friemer Str. 17) wurde mit dem Wasser des Schemmerbaches betrieben und hatte zwei oberschlächtige Mahlgänge. 1941 wird das Wasserrad gegen eine Turbine ausgetauscht, der Betrieb jedoch vor 1965 eingestellt. Die Untermühle im Mühlenweg wurde ebenfalls mit dem Wasser des Schemmerbaches über ein oberschlächtiges Wasserrad betrieben. Sie wurde beim Brand 1854 zerstört, eine neue Untermühle entstand 1860 östlich der Stadt an der Einmündung der Schemmer in die Wehre, ging jedoch um 1900 außer Betrieb. Zwei weitere Mühlen waren nur kurzzeitig in Betrieb: die Mittelmühle stellte diesen schon 1890 ein, außerhalb der Stadtgemarkung befand sich die Lohmühle brannte 1902 ab.
Markt
1556 verleiht Landgraf Philipp der Großmütige Waldkappel zwei freie, offene Jahrmärkte, einen auf Sonntag nach St. Pauls Bekenntnis (25.1), den anderen auf Sonntag nach Bartholomäi (25.8.) [HStAM Bestand Urk. 13 Nr. 4863]
Nachweise
Literatur
- Arnold, Kirche in der Region Werra-Meißner, S. 82
- Denkmaltopographie Werra-Meißner-Kreis 1, S. 442 - 525 (Kernstadt: S. 443-453)
- K. Kollmann, "Grafen Wigger" und die Grafen von Bilstein, S. 190
- W. Eckhardt, Miszellen zur Ortsgeschichte. Dorf, Flecken und Stadt Waldkappel
- Scholz, Wasser- und Windmühlen Werra-Meißner-Kreis, S. 130-131
- Waldkappel 1744
- Krummel, Ämter Melsungen, Spangenberg, Lichtenau und Felsberg, S. 78-82
- Historisches Ortslexikon Kurhessen, S. 270 (Kappel)
- Hessisches Städtebuch, S. 431-432
- Hütteroth, althessische Pfarrer, S. 546
- Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen: Anfang, Untergang, Neubeginn, Bd. 1. S. 336
- G. Landau, Stadt Waldkappel (mit einem Grundriß), in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 7 (1858), S. 240–309 (Digitalisat)
Siehe auch
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„Waldkappel, Werra-Meißner-Kreis“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/6392_waldkappel> (aufgerufen am 25.11.2025)
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