Richelsdorf

Dorf · 250 m über NN  
Gemeinde
Wildeck
Topografische Karten
KDR 100, TK25 1900 ff.
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Siedlung

Ortstyp

Dorf

Lagebezug

19,5 km südöstlich von Rotenburg an der Fulda

Lage und Verkehrslage

Dorf mit einfachem Grundriss und dünner Besiedlung am Rand des Richelsdorfer Gebirges an der in die Werra mündenden Weihe, unmittelbar an der östlich verlaufenden heutigen Landesgrenze zum Freistaat Thüringen. Hauptachsen sind die von Süden heranführenden L 3248 (Steinkaute) und L 3250 (Kupferstraße), die am Ortseingang zusammenlaufen und sich am Ortsausgang Richtung Süß und Blankenbach gabeln. Kern der Siedlung westlich der Gabelung vor dem ehemaligen Herrenhaus der von Cornberg unterhalb der Kirche mit alter Linde. Im Süden von Richelsdorf verläuft die A 4 Richtung Erfurt.

Ersterwähnung

1277

Siedlungsentwicklung

1928 erfolgt die Eingemeindung des aufgelösten Gutsbezirks Richelsdorfer Hütte.

Historische Namensformen

Bezeichnung der Siedlung

  • villa (1339)
  • Dorf (1431)

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung

Umlegung der Flur

1870

Älteste Gemarkungskarte

1717/18

Koordinaten

Gauß-Krüger: 3571055, 5649345
UTM: 32 U 570953 5647525
WGS84: 50.974944° N, 10.010625° O

Statistik

Ortskennziffer

632020050

Flächennutzungsstatistik

  • 1885 (Hektar): 760, davon 366 Acker (= 48.16 %), 44 Wiesen (= 5.79 %), 279 Holzungen (= 36.71 %)
  • 1961 (Hektar): 783, davon 290 Wald (= 37.04 %)

Einwohnerstatistik

  • 1585: 36 Haushaltungen (Der ökonomische Staat)
  • 1747: 74 Feuerstätten (Dorfbuch der Landgrafschaft Hessen-Cassel HStAM Bestand S Nr. 105)
  • 1771: 100 Häuser mit 499 Menschen; Gewerbetreibende: 1 Bäcker, 1 Drechsler, 3 Höcker-Crämer, 2 Leinweber so zugleich Ackerleute, 9 Leinweber, so zugleich Tagelöhner, 2 Metzger, 1 Wirt, 3 Müller, 2 Näherinnen, 1 Schmidt, 5 Schneider, 3 Schreiner, 1 Seifensieder, 3 Zimmerleute, 4 Tagelöhner, 11 einzelne Weibspersonen, 4 Handelsjuden
  • 1885: 500, davon 451 evangelisch (= 90.20 %), 0 katholisch, 49 Juden (= 9.80 %)
  • 1961: 912, davon 826 evangelisch (= 90.57 %), 84 katholisch (= 9.21 %)
  • 1970: 894

Diagramme

Verfassung

Verwaltungsbezirk

  • 1431: Fürstabtei Fulda, Amt Gerstungen, Lehen der von Kolmatsch
  • 1539: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Amt Sontra, Lehen der von Kolmatsch
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Amt Sontra, Vierter Gerichtsstuhl Wommen
  • 1617-1852: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Amt Sontra, Lehen der von Cornberg
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Sontra
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Eschwege, Kanton Nentershausen
  • 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Sontra
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Rotenburg
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Hersfeld
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Rotenburg
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Rotenburg
  • 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Rotenburg
  • 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Rotenburg
  • 1972: Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hersfeld-Rotenburg

Altkreis

Rotenburg

Gemeindeentwicklung

Am 31.12.1971 im Zuge der hessischen Gebietsreform neben anderen Gemeinden als Ortsteil der Gemeinde Wildeck eingegliedert.

Gericht

  • Gericht Wommen
  • 1826: Justizamt Nentershausen
  • 1822: Assistenzamt Nentershausen
  • vor 1827: Assistenzamt Nenntershausen des kurhessischen Justizamts (Reservaten-Amts) Rotenburg
  • 1827: Justizamt Nentershausen
  • 1867: Amtsgericht Nentershausen
  • 1879: Amtsgericht Nentershausen
  • 1932: Amtsgericht Rotenburg a. d. Fulda
  • 1933: Amtsgericht Rotenburg

Herrschaft

  • Die Herrschaft über Richesldorf im hessisch-thüringischen, bzw. -sächsischen Grenzraum war lange Zeit strittig. 1339 bestätigt Friedrich von Kolmatsch seine Verpflichtung als Burgmann auf der Burg Gerstungen [Gem. Gerstungen, Wartburgkrs.] und die Ausstattung mit einem Burglehen von 170 Pfund Hellern durch Abt Heinrich von Fulda, für die er bis zur Ablöse die Wüstung Rödchen und einen Mühlenbauplatz bei Richelsdorf samt Zubehörungen nutzen darf. 1431 wird Burkhard von Kolmatschmit dem Dorf Richelsdorf und weiteren im Einzelnen aufgeführten Lehen von Abt Johann von Fulda belehnt. Es folgen weitere Belehnungen des Geschlechts 1436, 1463, 1474, 1511, 1523. 1539 überträgt Abt Johann die Belehnung tauschweise an Landgraf Philipp von Hessen. Seitdem haben die hessischen Landgrafen die Lehnsherrschaft in Richelsdorf inne und so gelangt der Ort 1598 an Philipp Wilhelm von Cornberg, einen vorehelichen Sohn des Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen-Kassel. Schließlich wird es Hessisches Lehen der von Cronberg (1617-1852), die auch die hohe Gerichtsbarkeit innehaben.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer

  • Fulda, KlosterKloster Fulda (vgl. Herrschaft und Kloster)
  • Propst Heinrich, Äbtissin Isentrud (Ysendrudis [?]) und der Konvent des Klosters St. Nikolai in Eisenach bekunden 1277, dass ihnen Bertho [von Bimbach], Abt von Fulda, den Ort Richelsdorf auf zwölf Jahre gegen einen jährlichen Zins von zwei Pfund Wachs unter der Bedingung geliehen hat, dort innerhalb dieser Zeit ein Nonnenkloster zu errichten. Für den Fall, dass dieses Vorhaben scheitern sollte, wird die Anpassung des Wachszinses angedroht, wobei der Ort Richelsdorf beim Kloster St. Nikolai verbleibt.

Kirche und Religion

Ortskirchen

  • Pfarrer und Pfarrkirche (1481)
  • Turm aus dem 13. Jahrhundert, Schiff nach Zerstörung im 30 jährigen Krieg wiederrichtet, 1990 renoviert.
  • Katholische Pfarrkirche ( St. Josef) 1957 an der Steinkaute errichtet

Pfarrzugehörigkeit

1538 Filiale von Gerstungen, vor 1580 (schon 1570?) von dem Pfarrer in Süß versehen, 1580-1589 von Obersuhl, bis 1607 mit Süss verbunden, dann zumeist wieder als Filale mit Obersuhl. 1848 Pfarrei, zu der 1872 die Hütte, der Hammer, das Pochwerk und die Nieder -und Rotherainsmühle gehören. 1994 besteht das Kirchspiel Richelsdorf neben der Mutterpfarrei aus der Filiale Bauhaus und der Vikariatsgemeinde Süss

Patronat

von Cornberg

Klöster

  • 1277: Errichtung eines Nonnenklosters vom Fuldaer Abt durch das Benediktinerinnenkloster S. Nicolai zu Eisenach geplant, aber wohl nicht ausgeführt (Dersch, Klosterbuch Nachdr., S. 134).

Bekenntniswechsel

Erster evangelischer Pfarrer: möglicherweise Johann Zahn ca. 1535, sicher Johann Platz ca. 1537(?)

Juden

Provinzial Rabbinat Fulda 1835; 38; 1861: 57: 1905: 41; 1932/33: 41. Die Entwicklung der Gemeinde in der Zeit nach 1933 ist unklar. Die jüdische Gemeinde bestand seit 1750. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte die Gemeinde ihre höchste Mitgliederzahl. Eine Synagoge und ein jüdischer Friedhof waren im Ort vorhanden. Letzterer wurde 1881 angelegt. Zuvor fanden die Beerdigungen in Sontra statt. (alemannia-judaica)

Kultur

Schulen

1771 Schulhaus vorhanden
1910 Volksschule mit zwei Klassen

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)

Wirtschaft

Der bereits im späten Mittelalter belegte Bergbau im Richelsdorfer Schiefergebirge prägte jahrhundertelang die Entwicklung der Region und des Ortes. Neben Kupferschiefer wurde hier seit Ende des 19. Jahrhunderts auch Schwerspat abgebaut. Der Bergbau wurde 1955, die Schwerspatverarbeitung 1969 eingestellt.

Mühlen

s. Nieder-, Säge- und Roterainsmühle 1339 erhält Friedrich von Kolmatsch einen Mühlenbauplatz bei Richelsdorf 1771 3 Mahl-, 2 Öl- und 1 Schneidemühle in und außerhalb des Dorfes Die Dorfmühle (Kinkelsmühle) in der Mitte des Dorfes wurde als Mahl- und Kornmühle mit dem Wasser der Weihe über ein oberschlächtiges Wasserrad angetrieben. Sie wurde 1959 stillgelegt.

Nachnutzung

Rechtehinweise

Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Richelsdorf, Hersfeld-Rotenburg“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/3126_richelsdorf> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/ol/3126