Bettenhausen

Dorf · 151 m über NN  
Gemeinde
Kassel
Landkreis
Kassel
Topografische Karten
KDR 100, TK25 1900 ff.
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Siedlung

Ortstyp

Dorf

Lagebezug

3,5 km südöstlich von Kassel

Lage und Verkehrslage

Noch um 1900 Dorf mit zahlreichen Handwerks- und Industriebetrieben entlang der nördlich in die Fulda mündenden Losse. Durch Bahnanschluss und die Anlage des Kasseler Fuldahafens im Nordwesten dicht an der Grenze entwickelt sich der Ort im 20. Jahrhundert zügig zu einem industriellen Schwerpunkt im Kasseler Stadtgebiet mit starkem Anstieg der Wohnbevölkerung. Unter der nationalsozialistischen Herrschaft wurden vor und im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Kriegs- und Zwangsarbeiterlager in der Gemarkung Bettenhausen (s. Topographie des Nationalsozialismus) angelegt. Nach schweren Kriegszerstörungen trotz großflächiger Industriebrachen Zusammenwachsen mit den angrenzenden Stadtteilen zum Großstadtgebiet Kassel. Im Osten verläuft die A7, im Norden die L 3237 (Dresdner Straße), im Süden die Leipziger Straße. Bahnhof der Eisenbahnlinie Waldkappel – Kassel/Wilhelmshöhe ("Lossetalbahn") seit 1879 (Teilstrecke von Waldkappel - Kassel/Bettenhausen am 1.12.1879 eröffnet, die Teilstrecke Kassel/Bettenhausen - Kassel/Wilhelmshöhe am 15.3.1880). Endbahnhof der Eisenbahnlinie Kassel/Bettenhausen – Söhrewald/Wellerode-Wald ("Söhrebahn") (Inbetriebnahme der Strecke 22.8.1912) bis zur Stilllegung der Strecke ca. 1975.

Ersterwähnung

1126

Vorbemerkung Historische Namensformen

Der Beleg Bettenhusen (1197) [HStAM Bestand Urk. 18 Nr. 638; Druck: Wenck, Hessische Landesgeschichte 2,1 Urkundenbuch Nr. 90, S. 125-128] ist nach List, Spieskappel, S. 96 gegen Historisches Ortslexikon Kurhessen, S. 42 auf Bettenhausen bei Lich zu beziehen.

Historische Namensformen

Bezeichnung der Siedlung

Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung

Umlegung der Flur

1872

Älteste Gemarkungskarte

1691

Koordinaten

Gauß-Krüger: 3537928, 5685756
UTM: 32 U 537839 5683921
WGS84: 51.305347° N, 9.542823° O

Statistik

Ortskennziffer

611000071

Frühere Ortskennziffer

611000711

Flächennutzungsstatistik

  • 1885 (Hektar): 595, davon 327 Acker (= 54.96 %), 127 Wiesen (= 21.34 %), 30 Holzungen (= 5.04 %)

Einwohnerstatistik

  • 1585: 35 Haushaltungen (Der ökonomische Staat)
  • 1747: 80 Haushaltungen (Stadt- und Dorfbuch des Ober- und Niederfürstentums Hessen)
  • 2 Schmiede, 2 Zimmerleute, 1 Blechschmied, 1 Maurer, 1 Pergamentmacher, 1 Raschmacher, 10 Schneider, 1 Schafledermacher, 3 Leineweber, 3 Wolltuchmacher, 17 Tagelöhner, 1 einzelne Weibsperson (!), 2 Schutzjuden, 8 Müller, 1 Wirt
  • 1885: 1781, davon 1700 evangelisch (= 95.45 %), 66 katholisch (= 3.71 %), 2 andere Christen (= 0.11 %), 13 Juden (= 0.73 %)
  • 2006: 8281 Einwohner

Diagramme

Verfassung

Verwaltungsbezirk

  • 1458: Landgrafschaft Hessen, Amt Neustadt Kassel
  • 1585: Landgrafschaft Hessen, Niederhessen, Kassel, Gericht vor der Neuenstadt
  • 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Neustadt
  • 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Neustadt
  • 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Waldau
  • 1814-1817: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Kaufungen
  • 1817-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Waldau
  • 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
  • 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
  • 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
  • 1906: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Stadtkreis Kassel

Altkreis

Kassel, kreisfreie Stadt

Gemeindeentwicklung

1.4.1906: Eingemeindung in die Stadt Kassel.

Gericht

  • 1585 Gericht vor der Neuenstadt, zweiter Schöffenstuhl Heiligenrode
  • vor 1822: Amt Waldau
  • 1822: Landgericht Kassel
  • 1850: Justizamt Kassel I
  • 1867: Amtsgericht Kassel II
  • 1879: Amtsgericht Kassel

Herrschaft

  • Da das Kloster Kaufungen ursprünglich den gesamten Zehnten in Bettenhausen besaß, ist an eine Zugehörigkeit zum Königshof Kassel zu denken.
  • Die landgräflich-hessische Landesherrschaft setzt sich vermutlich noch im 13. Jahrhundert durch und ist den ältesten Salbüchern zufolge später unstrittig.

Besitz

Grundherrschaft und Grundbesitzer

  • 1145 bestätigt der Mainzer Erzbischof Heinrich I. dem Augustinerchorherrenstift Weißenstein unter anderem 3 1/2 Hufen in Bettenhausen, die es von der Abtei St. Alban in Mainz erworben hat.
  • 1313 überträgt der Kleriker Bonifatius dem Kloster Kaufungen zwei Hufen in Bettenhausen. In der Folge erwirbt das Stift weiteren Besitz.
  • 1315 beurkundet der Kasseler Rat, dass nach eidlicher Aussage der Bewohner von Bettenhausen der Hof des Kasseler Bürgers Heinrich Sewis daselbst von allem Zehnt an Hühnern, Ferkeln oder anderem frei sei.
  • Im 14. Jahrhundert erwirbt das Kloster Ahnaberg in Bettenhausen zahlreiche Rechte und Einkünfte.
  • 1376 tauscht Kloster Nordshausen einen Acker Landes am Lindenberge gegen eine Hofstatt in Bettenhausen beim Hofe des Ahnaberger Propstes (HStAM Bestand Urk. 39 Nr. 70).
  • Neben Zehnt- und Patronatsbesitz (s. dort) haben die Herren von Elben weitere Beziehungen zu Bettenhausen. 1445 gehen das steinerne Haus und ein Gut zu Bettenhausen von ihnen zu Lehen aus (HStAM Bestand Urk. 110 Nr. 127), 1508 werden sie von der Äbtissin von Kaufungen mit dortigen Gütern belehnt.

Zehntverhältnisse

1126 gibt der Mainz Erzbischof Adalbert I. dem Kloster Kaufungen den Novalzehnten in Heiligenrode, Umbach, Bettenhausen und Eschenstruth zurück, den er eine zeitlang in Anspruch genommen hat. Die Äbtissin hatte nachgewiesen, dass dem Kloster der Zehnte von allen Rodungen zusteht. Bettenhausen ist allerdings erst Anfang des 13. Jahrhunderts in die Urkunde interpoliert worden.
Ein Teil des Zehnten ist als Kaufunger Lehen in den Händen der Herren von Elben, die ihn 1468, 1477 und 1507 verpfänden. 1545 erhalten die von Elben ihren Zehntanteil von den Landgrafen von Hessen. Seit 1700 sind die von Buttlar im Alleinbesitz dieses Zehnten und haben 1746 den größten Anteil in ihren Händen.
Einen anderen Zehntanteil kommt als Kaufunger Lehen über von Wolfershausen und die Treusch von Buttlar 1527/28 an Kaspar von Berlepsch. Er wird jedoch nach der Säkularisierung des Stifts nicht mehr vno den Landgrafen vergeben und befindet sich noch 1746 in herrschaftlichem Besitz.

Kirche und Religion

Ortskirchen

  • Kirche und Patron (1318) [HStAM Bestand Urk. 110 Nr. 397; HStAM Bestand K Nr. 196]
  • Marienkirche (Erfurter Str. 10) Neubau 1792/93, geringe Reste gotischer Bauplastik von der Vorgängerkirche. Schiff nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1953/54 ersetzt
  • Immanuelkirche (Wissmannstr. 66) 1963 geweiht
  • Katholische Kirche St. Kunigundis (Leipziger Kirche) 1927 geweiht

Pfarrzugehörigkeit

1505 ist Bettenhausen aus dem Filialverhältnis zu Waldau gelöst, 1585 aber wieder eingepfarrt nach Waldau, 1747 und 1872 Filial davon. 1900 Lösung des Filialverhältnisses von Waldau.
1951 wird wiederum von der Marienkirche das Erlenfeldgebiet durch die Errichtung der Immauelkirche abgetrennt, im Jahr darauf das Eichwaldgebiet durch die Errichtung der Jakobuskirche

Patronat

1318 denen von Elben als Schadensersatz übertragen, die das Recht bis zu ihrem Aussterben 1536 innehaben, danach den von Buttlar als Besitznachfolgern zustehend

Diakonische Einrichtungen

30.10.1887 Kleinkinderschule mit 60 Kindern im Haus des Bischofs Schuchard-Waldau; seit 15.05.1902 kleine Diakoniestation mit 2 Schwestern: Betreuung von Jungfrauenverein, angestellt von politischer Gemeinde Rudolf Francke, Die christliche Liebestätigkeit in Kurhessen. Kassel 1904; 1926 nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 3 Gemeindestation mit einem Diakon und zwei Krankenpflegeschwestern, Kleinkinderschule; Fortbestand der Station bis 1955; weitere Station in Erlenfeld (Landeskirchliches Archiv Kassel, Findbuch G 2.6. Kurhessisches Diakonissenhaus)

Bekenntniswechsel

Erster evangelischer Pfarrer: Caspar Morus ca. 1536

Kirchliche Mittelbehörden

15. Jahrhundert: Kirchenprovinz Mainz, Archidiakonat St. Peter zu Fritzlar, Erzpriestersprengel Ditmold

Juden

Im 16. und 17. Jahrhundert eigenständige jüdische Gemeinde im Ort. Mehrere jüdische Familien waren ansässig. 1630 erfolgte die Anlage eines jüdischen Friedhofs, der auch für Kaufungen, Waldau und Heiligenrode zuständig war. Der neuere Teil des Friedhofs wurde 1841 angelegt. Ein neuer Friedhof wurde 1932 in Nutzung genommen. Er liegt dem alten schräg gegenüber am Fasanenweg. Er wird bis heute genutzt. alemannia-judaica

Kultur

Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)

Wirtschaft

Die Nutzungsmöglichkeiten der durch die Losse vorhandenen Wasserkraft machen Bettenhausen seit dem Mittelalter zu einem bevorzugten Standort für Mühlen, Handwerk und Industrie. Zunächst vor allem Metallgewerbe (Agathof und Messinghof), Kattun, seit dem 19. Jahrhundert auch Chemie. Nach starken Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg kann der Ort in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts diese Entwicklung nicht fortsetzen.

Mühlen

Lomuolle (1372) [StA Marburg, Urk. 13 (Generalrepertorium Kassel) Nr. 830] Mühle bzw. Mühlstatt zu Wesen oberhalb von Bettenhausen an der Losse gelegen wird in einer Urkunde von 1384 genannt (Landau, Beschreibung der wüsten Ortschaften. Ausg. 1858, S. 58).

Nachnutzung

Rechtehinweise

Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Bettenhausen, Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/2441_bettenhausen> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/ol/2441