Wehlheiden

Die Lage von Wehlheiden im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Dorf
Lagebezug
2,5 km südwestlich von Kassel
Lage und Verkehrslage
Stadtteil im Südwesten von Kassel mit anfangs einfacher dörflicher Struktur, geringer Siedlungsdichte und lockerer Gehöftanordnung. Die ursprüngliche Gemarkung in N-S-Ausdehnung umfasste das Gebiet südlich der Wilhelmshöher Allee bis zum Auefeld und nördlich bis zur Kölnischen Straße. Die W-O Ausdehnung reichte vom Rot-Kreuz-Krankenhaus bis zum Königstor. In der Neuzeit wird die Gemarkung frühzeitig in die Großraumplanung Kassels einbezogen und erlebt durch den Zuzug von Arbeitern zwar noch vor 1900 einen rasanten Bevölkerungsanstieg, entwickelt sich jedoch nicht zum Industriestandort. Unter nationalsozialistischer Herrschaft werden Kriegs- und Zwangsarbeiterlager in der Gemarkung Wehlheidens errichtet (s. Topographie des Nationalsozialismus). Nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und Wiederaufbau zunehmende Verschmelzung mit angrenzenden Gemarkungen zur Großstadt Kassel.
Ersterwähnung
1143
Siedlungsentwicklung
In der Gemarkung Gräber der späten Bronzezeit und der Hallstattzeit.
Vorbemerkung Historische Namensformen
In den hoch- und spätmittelalterlichen Quellen wird zeitweise zwischen (Nieder-) Wehlheiden und Oberwehlheiden unterschieden.
Historische Namensformen
- Welehethen, de (1146) [HStAM Bestand Urk. 56 Nr. 2337; Druck Wenck, Hessische Landesgeschichte 3, Urkundenbuch S. 69-70, Nr. 69]
- inferior Welhede, de (1219) [Klosterarchive 2: Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein, S. 511-512, Nr. 1378]
- Welede, in (1270) [Klosterarchive 2: Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein, S. 524, Nr. 1411]
- Wellede, in (1289) [Klosterarchive 2: Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein, S. 530-531, Nr. 1429]
- Welheide (1358) [Klosterarchive 2: Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein, S. 91, Nr. 223]
- Wellede (1366) [Klosterarchive 2: Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein, S. 300-301, Nr. 773]
- Welheyt (1457-1459) [HStAM Bestand S Nr. 411]
- Welheide (1460) [Klosterarchive 2: Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weißenstein, S. 267-268, Nr. 686]
- Welheiden (1585) [Der ökonomische Staat, S. 77]
- Wehlheiden (1708/10) [Schleenstein, Landesaufnahme, Karte Nr. 1]
Bezeichnung der Siedlung
- villa Welede (1251) [Schultze, Klöster, Stifter und Hospitäler, Nr. 1378]
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
Burgen und Befestigungen
- Schloss Schönfeld
Älteste Gemarkungskarte
1691
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3532652, 5686102
UTM: 32 U 532565 5684267
WGS84: 51.308783° N, 9.4672° O
Statistik
Ortskennziffer
611000021
Frühere Ortskennziffer
611000211
Flächennutzungsstatistik
- 1885 (Hektar): 376, davon 222 Acker (= 59.04 %), 70 Wiesen (= 18.62 %), 11 Holzungen (= 2.93 %)
Einwohnerstatistik
- 1585: 26 Haush. (Der ökonomische Staat)
- 1747: 88 Haush. (Stadt- und Dorfbuch des Ober- und Niederfürstentums Hessen)
- 1885: 5361, davon 4777 evangelisch (= 89.11 %), 504 katholisch (= 9.40 %), 33 andere Christen (= 0.62 %), 44 Juden (= 0.82 %), 3 andere (= 0.06 %)
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 1458/59: Landgrafschaft Kassel, Amt Ditmold
- 1534: Landgrafschaft Kassel, Amt Ahna
- 1787: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Niederhessen, Amt Bauna
- 1803-1806: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Bauna (seit 1804 Wilhelmshöhe)
- 1807-1813: Königreich Westphalen, Departement der Fulda, Distrikt Kassel, Kanton Ober-Vellmar
- 1814-1821: Kurfürstentum Hessen, Niederhessen, Amt Wilhelmshöhe
- 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
- 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Kassel
- 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Kassel
- 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Kassel
- 1899: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Stadtkreis Kassel
Altkreis
Kassel, kreisfreie Stadt
Gemeindeentwicklung
1.4.1899: Eingemeindung in die Stadt Kassel.
Gericht
- Im 16. Jahrhundert zum Gericht Kirchenditmold gehörig.
- vor 1822: Amt Ahna
- 1822: Landgericht Kassel
- 1850: Justizamt Kassel II
- 1867: Amtsgericht Kassel II
- 1879: Amtsgericht Kassel
Herrschaft
- Im 12. und 13. Jahrhundert gehört Wehlheiden zur Mark, später zum Gericht (Kirchspiel) Ditmold. Die herrschaftlichen Rechte sind nach 1247 im Zusammenhang der Auseinandersetzungen zwischen dem Erzstift Mainz und der Landgrafschaft Hessen nicht immer eindeutig zu greifen. 1366 wird im Zusammenhang mit der Erhebung der Pfarrkirche St. Martin in Kassel zur Kollegiatkirche diese ein Dotierung mit landgräflichen Gütern u.a. in Wehlheiden bestätigt.
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
- 1270 verzichten Hermann, Raveno und Egbert, Gebrüder, gen. Speigele auf das Eigentum an Gütern im Dorfe Wehlheiden, welche Wolthelm und dessen Brüder von ihrer Hand besaßen. Die Güter gelangen in den Besitz des Klosters Weißenstein, dass 1289 dort drei Hufen pachtet.
- 1292 erhält das Kloster Kaufungen zwei Hufen zu Wehlheiden.
- 1358 erhält Kloster Ahnaberg eine Stiftung bei Wehlheiden, im Jahr darauf erwirbt das Kloster dort einen halben Hof.
- 1366 wird das Martinsstift mit landgräflichen Gütern u.a. in Wehlheiden ausgestattet.
- Im Einkünfteverzeichnis von Kloster Hardehausen wird 1370 festgehalten, dass Abgaben von zwei Höfen mit sieben Hufen fällig sind. Die Einkünfte des Klosters werden noch 1603 bei seinem Verkauf erwähnt.
- 1460 vermacht Johann Meysenbug, Ritter, Marschall zu Hessen, zu seinem, seiner Frau Ermegart, seiner Kinder, Eltern und Freunde Seelenheile dem Prior und Konvente der Karmeliterbruder zu Kassel u.a. sein Gut zu Wehlheiden.
Ortsadel
Adlige 1146-1374
Kirche und Religion
Ortskirchen
- 1417 wird ein Kirchhof erwähnt.
- Eine 1834 niedergelegte Kapelle soll sich im Bereich der heutigen Schule befunden haben
- Adventskirche 1889 errichtet, nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1963 wiederaufgebaut
Pfarrzugehörigkeit
1585 und 1747 Filial von Kirchditmold, 1872 zur Hälfte nach Kirchditmold und zur Hälfte nach Oberneustadt Kassel eingepfarrt. 1888 wird die Kirchengemeinde von Kirchditmold gelöst und selbstständig. 1964 Aufteilung in die Kirchengemeinde Kassel-Wehlheiden und die Kirchengemeinde der Adventskirche. Diese Trennung wird 1984 wieder aufgehoben.
Diakonische Einrichtungen
02.02.1890 Diakonissenstation im Gemeindehaus; zwei Schwestern vom Evangelischen Verein für Krankenpflege eingestellt; Jungfrauenverein Rudolf Francke, Die christliche Liebestätigkeit in Kurhessen. Kassel 1904; 1926 nach Ritter, Kirchliches Handbuch, S. 9 Gemeindestation mit einem Diakon und drei Diakonissen, Kleinkinderschule
Bekenntniswechsel
Da Filial von Kirchditmold, Einführung der Reformation vermutlich unter dem Kirchditmolder Pfarrer Hektor Walter um 1527.
Kultur
Sprachgeschichte (Quellenfaksimiles)
Wirtschaft
Bis ins 19. Jahrhundert Landwirtschaft, dann durch die Industrialisierung bedingter Strukturwandel mit hohem Anteil von Gastwirtschaften
Mühlen
Von 1793 bis 1798 existiert eine Tabakwindmühle
Nachweise
Literatur
- Kassel-Lexikon, Bd. 2: L-Z, S. 313-314
- Denkmaltopographie Stadt Kassel 2, S. 487-556
- Scholz, Wasser- und Windmühlen in der Stadt Kassel, S. 121-123
- K. Heinemeyer, Königshöfe und Königsgut im Raum Kassel, S. 307 (Register)
- Eisenträger/Krug, Territorialgeschichte der Kasseler Landschaft, S. 108
- Historisches Ortslexikon Kurhessen, S. 497
- Classen, Kirchliche Organisation, S. 175
- Hochhuth, Statistik der evangelischen Kirche, S. 220
- Landau, Beschreibung der wüsten Ortschaften. Ausg. 1858, S. 54
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Orte
- Hessische Flurnamen
- Historische Kartenwerke
- Topografie des Nationalsozialismus in Hessen
- Topografische Karten
Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Wehlheiden, Kassel“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/2439_wehlheiden> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
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