Dieburg

Die Lage von Dieburg im Orthofoto
Siedlung
Ortstyp
Stadt
Lagebezug
14 km östlich von Darmstadt
Lage und Verkehrslage
Nördlich des Odenwaldes, an der zum Main fließenden Gersprenz. Römischer Straßenknotenpunkt zwischen Rhein- und Mainkastellen. Bahnhof der Eisenbahnlinie Mainz – Aschaffenburg ("Rhein-Main-Bahn I";"Main-Rhein-Bahn I") (Inbetriebnahme der Strecke 18.11.1858) und Offenbach am Main – Reinheim ("Rodgaubahn") (Inbetriebnahme der Strecke 1.10.1896) (Strecke ab hier bis Groß-Zimmern am 1.3.1980 stillgelegt).
Siedlungsentwicklung
Im Bereich zwischen Bahnhofsstraße und Minnefeld im Norden, Ringstraße und Hinter der Schießmauer im Osten und Süden sowie der Steinstraße im Westen ehemalige römische Siedlung.
Das heutige Dieburg entstand in Anlehnung an die Wasserburg. Viereckiger Marktplatz südöstlich vor der Burg, an Süd- und Ostseite anschließend zweirechtwinklig zueinanderliegende Stadtteile mit leiter- und gitterförmigem Straßennetz, von Mauern und Gräben umschlossen. Diese Anlage umfasste einen Teil des alten römischen Stadtbereichs und wurde später zur Vorstadt Altenstadt. Reste der Stadtmauer und 3 Türme: Mühl-, Schloss- und Hexenturm erhalten, ebenso die Festungsgräben des Schlosses. Vorstädte: Mönfeld im N, Steinweg (auch Holzhausen oder Oberdieburg genannt) im SW. Heutiger Stadtkern östlich der 1. Stadtanlage um Straßenkreuzung Aschaffenburg-Darmstädter- und Frankfurt-Groß-Umstädter Straße und um Wallfahrtskapelle und ehemaliges Kapuzinerkloster.
Historische Namensformen
- Dieburch (1207) [Urkundenbuch Eberbach 1, Nr. 57, 58]
- Ditburg (1208)
- Dipburg (1254)
- Dippurch (1262)
- Dipurg (1269)
- Diepurg (1276)
- Diepburg (1284)
- Dippurg (1286)
- Dyetburch (1291)
- Deypurg (1293)
- Dyburg (1297)
- Dypburg (1314)
- Dyppurg (1327)
- Dyepurck (1339)
- Ditpurg
- Dytpurg (1354)
Bezeichnung der Siedlung
- civitas (1208)
- oppidum (1277)
Siedlungsplätze innerhalb der Gemarkung
- Altenstadt
- Behelfsheim Schreiber
- Fohlenweide
- Forstgartenschneise
- Groschlag'sche Mühle
- Haus am Urberacher Weg
- Haus auf der Moret
- Lohmühle
- Monfeld
- Mörsmühle
- Papiermühle (Dieburg)
- Stockau
- Dieburg, Kapuzinerkloster (→ Klöster)
- Dieburg, Kongregation der Schwestern vom Göttlichen Erlöser (→ Klöster)
- Dieburg, Kongregation der Schwestern von der göttlichen Vorsehung (→ Klöster)
- Dieburg, Minoritenkloster (→ Klöster)
- Dieburg, Terminei der Frankfurter Dominikaner (→ Klöster)
- Dieburg, Tertiarinnenhaus (→ Klöster)
Burgen und Befestigungen
- Westlich der Altstadt zwischen Gersprenz und dem Leergraben ehemaliges Albinisches Schloss (1809) an der Stelle einer früheren Wasserburg (2. Hälfte 12. Jahrhundert).
- Stadtmauer mit Doppelgraben und dazwischen liegendem Wall, insgesamt zwischen 25 und 50 m breit, ca. 1.250 m lang. Um 1200 errichtet, ab 1800 teilweiser Abbau. 13 Stadttore/-pforten und 6 Türme.
Koordinaten
Gauß-Krüger: 3488886, 5529456
UTM: 32 U 488815 5527684
WGS84: 49.901438° N, 8.844255° O
Statistik
Ortskennziffer
432004000
Flächennutzungsstatistik
- 1854 (Morgen): 8991, davon 4131 Acker, 802 Wiesen, 4058 Wald
- 1961 (Hektar): 2337, davon 1018 Wald (= 43.56 %)
Einwohnerstatistik
- 1485: 40 Hofstätten in Altenstadt und Minnefeld in mainzischem Besitz, 11 Häuser auf dem Steinweg
- 1508: insgesamt 341 Familien
- 1545: 333 steuerpflichtige Haushaltsvorstände
- 1618: 1816 bzw. 2600 Einwohner
- 1648: 500 Einwohner
- 1659: 975 Einwohner
- 1663: 1185 Einwohner
- 1695: 1500 Einwohner
- 1804: 2125 Einwohner
- 1829: 2965 Einwohner
- 1961: 9532, davon 2252 evangelisch (= 23.63 %), 7094 katholisch (= 74.42 %)
- 1970: 11394 Einwohner
- 1987: 13436 Einwohner
- 1997: 15012 Einwohner
Diagramme
Verfassung
Verwaltungsbezirk
- 1429: Mark Dieburg mit 15 Orten
- 1787: Erzstift Mainz, Oberes Erzstift, Oberamt Steinheim, Amtsvogtei Dieburg
- 1803: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Provinz Starkenburg, Amtsvogtei Dieburg
- 1806: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Amt Dieburg
- 1821: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Landratsbezirk Dieburg
- 1832: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- 1848: Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Dieburg
- 1852: Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- 1918/19-1934: Volksstaat Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Dieburg
- 1945: Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Dieburg
- 1946: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Dieburg
- 1977: Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg
Altkreis
Dieburg
Gericht
- Eigene Zent
- 1821: Landgericht Umstadt
- 1879: Amtsgericht Gross-Umstadt
- 1905: Amtsgericht Dieburg
Herrschaft
- 1277 kam König Rudolf von Habsburg einer Bitte des Mainzer Erzbischofs Werner (ad instantiam venerabilis Maguntini archiepiscopi) nach und freite das oppidum Dippurch cum omnibus suis iuribus mit städtischen Rechten
Besitz
Grundherrschaft und Grundbesitzer
- 1239 sind die Herren von Münzenberg erstmals im Besitz der Burg Dieburg mit ihrem Zubehör belegt, wozu offensichtlich neben der Kistelberger Mühle auch die spätere Wüstung Werlachen (beide Gemarkung Münster) zu rechnen ist . Als das Geschlecht im Jahre 1255 im Mannesstamm ausstarb, ging das Erbe zu fünf Teilen an die Grafen von Isenburg und zu einem Teil an die Grafen von Hanau . Allerdings griff offensichtlich der mächtigste Territorialfürst der Region, der Mainzer Erzbischof, schneller zu und brachte sich, wahrscheinlich unter der Begründung, es handele sich bei Dieburg um erledigtes Reichsgut, in den praktischen Besitz der Stadt, wo Erzbischof Werner 1269 urkundete. Mit dem Ankauf von Besitzrechten gelangte das Mainzer Erzstift und spätere Kurfürstentum 1310 entgültig in den Besitz Dieburg.
- Über weitere Besitztitel verfügten die Herren von Isenburg-Büdingen, Hanau und Brauneck.
Zehntverhältnisse
1346 Erzstift Mainz
Zehntrechte ferner bei dem Liebfrauenstift Mainz und dem Pfalzgrafen
Ortsadel
Im 13. Jahrhundert sind bereits folgende adlige Familien in Dieburg ansässig: Auerhahn, Aumann, Brising, Drunkel, Groschlag, Ulner und Weis.
Kirche und Religion
Ortskirchen
- 1232: Marienkapelle im Bereich der Altenstadt
- 1284: Pastor
- vor 1286: Stadtkirche
- 1291: Katharinenkapelle
Patrozinien
- Petrus; Paulus
- Maria; Katharina [1291]
- Laurentius; Heiliger Geist (Spiritus Sancti) [1385]
- Wolfgang [1587]
- Jodocus (Jost) [1613]
Pfarrzugehörigkeit
Ursprünglich zur Altstadt gehörig. Zur Kirchspiel gehörten: Eppertshausen, Georgenhausen, Harpertshausen, Hergershausen, Klein-Zimmern, Holzhausen (wü.), Leitersheim (wü.), Mönfeld (wü.), Werlachen (wü.), Zeilhard, Gundernhausen, Sulz (wü.), Stockau (wü.) und Dilshofen. Filialen waren Altheim (1354), Münster (vor 1278), Spachbrücken (vor 1550), Roßdorf (vor 1287) und Sickenhofen (vor 1360).
Patronat
Bis 1360 Erzstift Mainz, bis 1474 Mainzer Domkapitel, ab 1474 Mariengredenstift in Mainz
Diakonische Einrichtungen
Erste Gemeindeschwester auf Antrag eines gegründeten Krankenpflegevereins nach 1945, Johanna Wipper, eingesetzt Dieburg, Beiträge zur Geschichte einer Stadt, S. 311; nach Wegweiser für die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Ausgabe von 1954eine Schwesternstation mit 1 Arbeitskraft
Bekenntniswechsel
Der Ort blieb katholisch, erster evangelischer Gottesdienst 1852, erste evangelische Pfarrei 1865.
Kirchliche Mittelbehörden
Erzdiözese Mainz, Archidiakonat St. Peter und Alexander zu Aschaffenburg, Landkapitel Montat
Juden
1369 Ersterwähnung eines Juden, bis 1452 durchgängig Juden im Ort
1828: 107, 1880: 169, 1900: 133, 1925: 175, 1932/33: 271 Juden
Die Synagoge lag am Marktplatz. Die Gemeinde verfügte über einen Friedhof, eine Mikwe und ein Schächteramt. Zudem gab es vor Ort jüdischen Religionsunterricht (1514 Erwähnung einer Judenschule)
Kultur
Schulen
1440 Ersterwähnung einer Schule; seit 1652 Lateinschule der Kapuziner; 1680 Handarbeitsschule für Mädchen; 1869-76 Bischöfliches Knabenkonvikt, im Kulturkampf geschlossen, ab 1889 als Städtische Höhere Bürgerschule geführt, Ausbau zum Realgymnasium; 1859 Evangelische Privatschule, 1863 staatlich anerkannt; 1858-1875 Höhere Mädchenschule der Englischen Fräulein, Schließung im Kulturkampf; 1911 Höhere Mädchenschule; 1929 Kreis-Berufsschule
Hospitäler
Seit 1336 vorhandenes Spital; Urkunde vom 18.03.1336 ausgestellt in Avignon – Ablass für die Franziskaner in Dieburg zwecks Spendensammlung für die Einrichtung eines Spitals; Abschriften der Schenkungsurkunden u.a. in “Fundatio Hospitalis Dieburgensis ad Sanctum Spiritum“; Verwaltung des Fonds durch Hospitalmeister; Umwandlung der Hospitalkirche in Schulhaus, Versteigerung der Gebäude auf Befehl der hessischen Regierung aus DA am 21.01.1822; Erlös geht an Hospitalfond; 1966 an St.Rochus KH in Dieburg; Dieburg, Beiträge zur Geschichte einer Stadt, S. 267-268
Wirtschaft
Mittelpunktfunktion
Sitz eines Zentgerichts, zu dem die Altstadt (wü.), Altheim, Eppertshausen, Holzhausen (wü.), Klein-Zimmern, Leitersheim (wü.), Mönfeld (wü.), Münster, Werlachen (wü.) und Sulz (wü.) gehören.
Zur Mark gehörten 1429 15 Orte: Dieburg, Holzhausen, Mönfeld, Altenstadt, Münster, Werlachen, Altheim, Klein- und Groß-Zimmern, Spachbrücken, Georgenhausen, Zeilhard, Dilshofen, Roßdorf, Gundernhausen.
Leinweberei und Töpferhandwerk sind bedeutende Stützen der Wirtschaft; die Handwerker sind in Zünften organisiert; seit Mitte des 19. Jahrhunderts Bedeutungszuwachs im Dienstleistungsbereich als Schul- und Ausbildungszentrum, nach dem Ersten Weltkrieg Aufbau des Finanzamtes und Amtsgerichtes; differenzierte Einzelhandels-, Fachgeschäfte, damit Entwicklung zum Einkaufszentrum fürs Umland; um 1950 Bekleidungsindustrie und Tonwarenproduktion
Mühlen
Innerhalb der Stadtgemarkung befanden sich: Brückenmühle (Steinweg 1) aus dem 14. Jahrhundert, im 19. Jahrhundert neuerrichtet; die Erlesmühle (Mühlgasse, vor der Nordwestecke der Stadtmauer), 1420 erwähnt, 1967/68 abgerissen. Außerhalb der Stadtgemarkung befanden sich: die Groschlag'sche Mühle, die Kistelbergmühle, die Loh- und die Papiermühle
Markt
Fleischbänke am Markt 1306 erwähnt. Marktprivileg (5 Jahrmärkte) durch Kaiser Ludwig 1339, durch König Maximilian 1495.
Münze
Eine Münzprägung in Dieburg konnte bisher noch nicht nachgewiesen werden.
Zoll
1553 hat der Erzbischof von Mianz den Land, Gülten- und Marktzoll zu Dieburg.
Nachweise
Literatur
- Hinkel, Pfarrer, S. 161-173
- Müller, Starkenburg, S.114-128
- Herchenröder, Kunstdenkmäler Dieburg, S. 49-87
- Hessisches Städtebuch, S. 91-93
- Demandt, Kirchenorganisation, S.100-101
- Historisches Ortsverzeichnis Großherzogtum und Volksstaat Hessen, S. 72
- Denkmaltopographie Landkreis Darmstadt-Dieburg, S. 117-159
- Knappe, Burgen in Hessen, S. 534-535
- Römer in Hessen, S. 250-256
- Hessischer Städteatlas Dieburg,
- Keunecke, Münzenberger, S. 277-279
- Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch für die acquirierten Lande und die verlorenen Gebiete, S. 93f.
- Germania Judaica 3/1, S. 225f
- Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege in Deutschland 1932-1933. Herausgegeben von der Zentralwohlfahrtsstelle der Deutschen Juden, S. 379f.
- Krapp, Hessische Schulstatistik, S. 31
Siehe auch
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„Dieburg, Darmstadt-Dieburg“, in: Historisches Ortslexikon <https://lagis.hessen.de/de/orte/historisches-ortslexikon/alle-eintraege/13417_dieburg> (aufgerufen am 25.11.2025)
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