Zoll-Stock-Gewann: in der Zollstocksgewandt

Historischer Beleg aus Merzhausen  
Gemeinde
Usingen
Landkreis
Hochtaunuskreis
Topografische Karten
KDR 100, TK25 1900 ff.

Beleg

Standard-Flurname

Zoll-Stock-Gewann

Belegort

Belegtyp

historisch

Belegzeit

1711

Quelle

Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abteilung 135, Akten Nr. IX, 69a.

Deutungen

Mittelhessisches Flurnamenbuch

Gewann

Zu mhd. gewande st. sw. F. ‚Grenze, Umkreis, Acker‘; eigentlich ‚der Grenzstreifen, der beim Wenden des Pfluges entsteht‘. Das Wort gehört daher, wie ahd. giwanta ‚(Jahres-) Wende, Wechsel; Bewandtnis, Beschaffenheit‘ als Ableitung zum schwachen Verb ahd. wenten, mhd. wenden ‚wenden‘. Der durch die Wendefläche des Pflugs an den Enden des Feldes verbleibende Grenzstreifen, der nachträglich vertikal zur Hauptrichtung gepflügt werden musste, fasst die im Prozess der Vergewannung entstandenen Parzellen zu einer Einheit zusammen, auf deren Gesamtheit sich der Begriff Gewann ausweitet. Aus der allgemeineren Bedeutung entwickelt sich schließlich ein Fachbegriff für eine Einteilungseinheit der Ackerflächen, die in Vierecke von gleichartiger Bodenbeschaffenheit aufgeteilt wurden. In den Belegen zeigt sich eine Varianz zwischen fem. und neutr. Genus; viele Belege sind <d>-haltig und stehen damit formal enger an der Ausgangsbedeutung ‚wenden‘.

Stock

Die hier aufgeführten Namen gehören zu nhd. Stock, ahd. mhd. stoc st. M. mit einem weiten Bedeutungsspektrum, von dem als namengebend vor allem in Frage kommen: ‚Stock; Baumstumpf, Baumstamm; Opferstock; Bildstock; Schlagbaum‘. (1) In den Zusammensetzungen mit Stock als BT und GT -acker, -wiese, -feld u. ä. erinnert der Name meist daran, dass die Grundstücke nach der Rodung noch (Baum-)Stümpfe aufwiesen, die dann wieder austrieben. Stockweiden, deren so gewonnene Weidenruten zum Flechten verwendet wurden, sind in mittelhess. FlN aber nicht belegt. (2) Besonders dem Namen Stockacker kann aber auch die Rechtsbedeutung ‚unteilbarer und unveräußerlicher (Herren-) Besitz‘ zu Grunde liegen. (3) Stockwege haben ihren Namen dadurch erhalten, dass sie an morastigen Stellen mittels Stocklagen passierbar gehalten wurden. (4) Stockborn ist eine Bezeichnung für ‚Röhrbrunnen‘, die im Wortschatz Mittel- und Südhessens allerdings nicht belegt ist. (5) Das Stockhaus in Gießen ist die Bezeichnung für das ehemalige Gefängnis. - (6) Stock als GT bezeichnet meistens einen kleinen künstlichen Aufbau im Feld, wie die häufigen Bild- und Heiligenstöcke, oder Grenzanlagen, wie die Zollstöcke.

Zoll

Zu ahd. mhd. zol st. M. ‚Zoll‘, einer Entlehnung aus mittellat. toloneum ‚Zollhaus, Zoll‘. Es handelt sich um Stellen an Fernstraßen und Flüssen, an denen Abgaben entrichtet werden mussten. Mit Zollstock wurden zunächst die mit Zollzeichen versehenen hölzernen Säulen neben den Schlagbäumen bezeichnet, später auch die Schlagbäume selbst, manchmal auch nur Wegweiser.

Südhessisches Flurnamenbuch

Gewann

Zu mhd. gewande st. sw. F. ‚Grenze, Umkreis, Acker‘; eigentlich ‚der Grenzstreifen, der beim Wenden des Pfluges entsteht‘. Das Wort gehört daher, wie ahd. giwanta ‚(Jahres-) Wende, Wechsel; Bewandtnis, Beschaffenheit‘, als Ableitung zum schwachen Verb ahd. wenten, mhd. wenden ‚wenden‘. „Der durch die Wendefläche des Pflugs an den Enden des Feldes verbleibende Grenzstreifen, der nachträglich vertikal zur Hauptrichtung gepflügt werden musste, fasst die im Prozess der Vergewannung entstehenden Parzellen zu einer Einheit zusammen, auf deren Gesamtheit sich der Begriff Gewann ausweitet.“1 Aus der allgemeineren Bedeutung entwickelt sich schließlich ein Fachbegriff für eine Einteilungseinheit der Ackerflächen, die in Vierecke von gleichartiger Bodenbeschaffenheit aufgeteilt wurden. Die ältesten Belege zeigen dentalhaltige Formen wie gewande st. sw. F., deren etymologischer Zusammenhang mit wenden noch durchsichtig ist, dann folgt die aus regionaler Assimilierung von /nd/ > /n(n)/ entstandene Form Gewann. Daneben stehen nur wenige der sonst in Hessen häufigeren Gewende-Belege, die als Umlautformen von Gewand zu erklären sind. Das Genus schwankt örtlich verschieden zwischen fem. und neutr.

Stock

Die hier angeführten Namen gehören mit hoher Sicherheit zu nhd. Stock, ahd. mhd. stoc st. M. mit einem weiten Bedeutungsspektrum, von dem als namengebend vor allem in Frage kommen: ‚Stock; Baumstumpf, Baumstamm; Opferstock; Bildstock; Schlagbaum‘. Namen im Singular und als Simplex weisen in der Regel auf Bildstöcke oder andere kulturelle Überreste wie die Heidenstöcke (s. Heide) hin, sofern nicht auch ein Grenzzeichen in Frage kommt (vgl. auch das mehrfach belegte Stockschlag). In den Zusammensetzungen mit Stock als BT und GT -acker, -wiese, -feld u. ä. erinnert der Name meist daran, dass die Grundstücke nach der Rodung noch (Baum-) Stümpfe aufwiesen, die dann wieder austrieben. Stockweiden, deren so gewonnene Weidenruten zum Flechten verwendet wurden, sind in südhess. FlN aber nicht belegt. Besonders dem Namen Stockacker kann aber auch die Rechtsbedeutung ‚unteilbarer und unveräußerlicher (Herren-)Besitz‘ zu Grunde liegen. Wege, die Stockweg, -straße, -schneise heißen, haben ihren Namen dadurch erhalten, dass sie an morastigen Stellen mittels Stocklagen passierbar gehalten wurden (vgl. auch Specke). Die mehrfach in FlN genannte Stockstraße (Haßloch, Königstädten, Rüsselsheim) kennzeichnet eine alte Verbindungsstraße von Trebur zum Main. Der BT deutet darauf hin, dass der Weg durch gerodeten Wald führte1. Stockbrunnen/ Stockborn schließlich ist eine Bezeichnung für Röhrbrunnen, die im Wortschatz Südhessens allerdings nicht belegt ist. - Schwieriger ist die Beurteilung von Pluralformen, weil sie lautlich (mit mundartlicher Entrundung /ɔ/ /e/) mit dem ebenfalls häufigen Steck(en) (s. d.) zusammenfallen. Die Stockach (Klein-Gerau) heißen Flurstücke am Mühlbach, sodass der Name trotz des fem. Genus als Kollektivform zu Stock ‚Ort mit vielen Stöcken‘ wie Stöckich (Harreshausen) zu verstehen ist oder als älterer GewN auf -ach vom jüngeren GewN Mühlbach abgelöst wurde. Auch der FlN in Lautern ist vermutlich mit -es, -e(d)s gebildete Kollektivform. Der FlurN in Neutsch weist hingegen das Adjektiv stockig auf.

Zoll

Zu ahd. mhd. zol st. M. ‚Zoll‘, einer Entlehnung aus mittellat. toloneum ‚Zollhaus, Zoll‘. Es handelt sich um Stellen an Fernstraßen und Flüssen, an denen Abgaben entrichtet werden mussten. Mit Zollstock wurden zunächst die mit Zollzeichen versehenen hölzernen Säulen neben den Schlagbäumen bezeichnet, später auch die Schlagbäume selbst. Bei den Zollstock-Belegen sind FIN und Appellativ nicht immer sicher zu trennen. In Eberstadt hat offenbar eine Umdeutung aus Zell(e) (zu mhd. zagel ‚Schwanz‘) stattgefunden.

Hessischer Flurnamenatlas

Gewann

Karte 7

Nachnutzung

Rechtehinweise

Hessisches Flurnamenarchiv – Prof. Dr. Hans Ramge, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Zoll-Stock-Gewann: in der Zollstocksgewandt (Merzhausen)“, in: Hessische Flurnamen <https://lagis.hessen.de/de/orte/hessische-flurnamen/alle-eintraege/614322_in-der-zollstocksgewandt> (aufgerufen am 27.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/fln/614322