Programm und Inhalt einer Schrift wider die Juden

HStAM [ohne Angabe] Nr.  
Laufzeit / Datum
16. Jh.
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest-Typ

Abschrift Ende 16. Jh. ohne Angabe des Verfassers

Regest

"Mesias der greulichen hocherschrecklichen verderblichen würmb und crocodilen, nemlich der versteckten juden, der sie irem reden nach widerumb in ir gelopt landt führ[en], iren tempel samt einem gewaltig mechtigen regiment im abgrundt der hollen aufbawen und anrichten würdt, auß uhrsächen, daß sie widder alle götliche gesetz, polliceyen und erbarkeythen zu höchstem schimpf und schaden der christenheyth also handlen und darbey gelaßen seyndt meher, dann allen Christen gestattet worden; inn etliche fragstück und articuln gefaßet, wie aus hernachvolgendem register oder indice zu sehen, allen potentaten der christenheith zu wa[rnung?] und erwegung des gerechten letzten proceß, alda sie ires haushaltens halben rechnung und antwort geben müßen, durch N.N."
Der im nachfolgenden aufgeführte Index nennt folgende vierundzwanzig Punkte:

  1. Von der sichtbaren Strafe Gottes über die Juden vermöge aller Prophezeihungen.
  2. Ob aufgrund der Heiligen Schrift und ihres [der Juden] gottlosen Lebens der Beweis zu führen ist, daß sie dem Wort Gottes nicht glauben, das Alte Testament nach ihrem Gefallen auslegen und den Gesetzen Mosis zuwider leben, somit also weder Gott noch ihrem Gesetz und den Propheten gehorchen.
  3. Ob sie deswegen und durch Gottes Zorn ihres gehabten "stattlichen regiments" beraubt und in alle Welt zerstreut wurden.
  4. Ob sie nicht anfangs von Gott selbst für das heiligste Volk gehalten und allen anderen Völkern vorgezogen wurden.
  5. Ob zu beweisen ist, daß sie viele der ihretwegen den kaiserlichen Konstitutionen eingefügten Artikel übertreten, was doch keinem Christen gestattet wird.
  6. Ob nicht aus der Heiligen Schrift zu beweisen ist, daß die jetzigen Juden nicht das einst von Gott geliebte Volk sind, sondern "wie ein zusamen geflickter betlermantel" von zweierlei heidnischen und jüdischen Völkern abstammen.
  7. Ob nicht in der Heiligen Schrift und in anderen Chroniken hinreichend berichtet wird von unzähligen gräulichen Morden, die sie an jungen Kindern und Christen begangen haben und für die viele Juden zum Tode verurteilt wurden.
  8. Ob nicht wahr ist, daß noch vor wenigen Jahren aus vielen verderblichen Ursachen die Juden aus zahlreichen Königreichen und Fürstentümern vertrieben und tausende zu Tode gebracht wurden.
  9. Ob nicht wahr ist, daß die Königreiche und Fürstentümer nach der Vertreibung der Juden an Ehre, Gut und Nahrung für die Untertanen, von denen doch die Potentaten leben müssen, zugenommen haben und besser als zuvor dastehen.
  10. Ob nicht vor wenigen Jahren weiland Kaiser Ferdinand aus christlichem Eifer alle Juden aus Böhmen und Österreich vertreiben wollte.
  11. Ob nicht alle Potentaten und Christen bei der Taufe geschworen haben, dem Teufel und allen, die gegen Christus sind, zur Beförderung von Gottes Ehre zu widerstehen.
  12. Ob nicht die Gebote Gottes neben den natürlichen und anderen gemeinen Rechten dahin gehen, daß alle, die gegen göttliche und menschliche Satzungen handeln, an Leib und Leben gestraft und von den Frommen ausgestoßen werden sollen.
  13. Ob nicht viele Christen, wenn sie die weltliche Obrigkeit oder Christus gelästert haben, wie es doch von den Juden täglich mehr als einmal geschieht, an Leib und Leben öffentlich gestraft werden.
  14. Ob es nicht besser ist, die Juden als Feinde Christi aus der Christenheit zu vertreiben, als Christen, die, wenn sie auch nicht des Glaubens ihrer Obrigkeit sind, sich doch auf Christus berufen, mit Feuer und Schwert umzubringen, wie dies in Frankreich und den Niederlanden sowie an anderen Orten geschehen ist.
  15. Ob nicht aus der Vertreibung der Juden folgen wird, daß bei allen Regierungen viel Händel und Unruhen abgekürzt werden.
  16. Ob nicht zu beweisen ist, daß es kein blutgierigeres Volk auf Erden gibt als die Juden und daß diese die Christen, von denen sie nur Gutes und Reichtum erhalten haben, mehr als jedes andere Volk hassen.
  17. Ob nicht die tägliche Erfahrung lehrt, daß diese Juden Mörder, Räuber, Zauberer, Münzfälscher, Diebe, Landbetrüger und Anstifter allen Unglücks in der Christenheit sind, dazu Kundschafter der Türken, so daß "wann ein lermen im reich sich erhebt", sie ihr den Christen abgeraubtes Gut geschwind über Venedig durch türkische Juden in die Türkei bringen lassen.
  18. Ob sie nicht als öffentliche Hehler unsäglich viele Diebe, Räuber und Mörder machen und sie zu Taten anstiften, die sonst unterblieben.
  19. Ob nicht zu beweisen ist, daß etliche Juden, als in den letzten zehn Jahren die Räubereien sehr im Schwange waren, sich offen mit Straßenräubern verbündet haben.
  20. Ob nicht durch solche Diebereien und Hehlereien der Juden manch ehrlicher Kaufmann zugrunde geht und andere mit sich zieht, so daß oft ein ganzes Geschlecht zu Schanden und Spott kommt.
  21. Ob zu glauben ist, daß die Juden beim Beleihen wirklich nicht zwischen ehrlich erworbenem und gestohlenem Gut unterscheiden können.
  22. Ob sie nicht mit ihrem Wucher und ihren Spitzfindigkeiten den Anstoß dazu gegeben haben, daß solche "wucherische grieff" auch bei den Christen eingerissen sind.
  23. Ob nicht augenscheinlich ist, daß die Juden große Herren, Junker und Müßiggänger sind, die die Christen an vielen Orten zu Bettlern machen, die von ihrer Gnade leben müssen, obwohl die Heilige Schrift sagt, daß die Juden den Christen untertan sein sollen.
  24. Mahnung an alle Potentaten, die Juden als Verächter Gottes und der Gesetze und ein "crocodilisch geschmeiß" zu vertreiben, da sie ihre Duldung vor dem jüngsten Gericht nur schwer werden verantworten können.

Archivangaben

Altsignatur

115 Waldeck Ältere Kanzlei 39 Nr. 10

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Programm und Inhalt einer Schrift wider die Juden“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/6240_programm-und-inhalt-einer-schrift-wider-die-juden> (aufgerufen am 27.11.2025)

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