Untersuchung gegen den Juden Sußman zu Witzenhausen wegen Falschgeldverbreitung

HStAM 17 I Alte Kasseler Räte Nr. 1593  
Laufzeit / Datum
1599 Juni 21/Juli 1 - September 7/17
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 21. Juni 1599 berichten Schultheiß, Bürgermeister und Rat zu Witzenhausen nach Kassel, daß ein Händler aus dem Stift Münster dem Juden Sußman weißleinenes Tuch verkauft und von ihm dafür falsche Fürstengroschen bekommen hat. Als Sußman sah, daß der Händler die Münzen für gut hielt, hat er angeboten, ihm auch Gold- und Silbermünzen einzuwechseln und ihm, nachdem ein Wechselgeld von einem Pfennig pro Taler vereinbart war, für 7 Taler falsche Fürstengroschen gegeben. Der Händler hat, als er in der Herberge den Betrug merkte, bei der Stadt Anzeige erstattet und ist zu Sußmans Überführung und zur Feststellung, ob noch mehr Falschgeld vorhanden ist, noch einmal zu dem Juden geschickt worden, der ihm diesmal 12 Taler gegen 9 Fürstengroschen derselben falschen Prägung gewechselt hat. Daraufhin vorgeladen, hat es Sußman vorgezogen, zu fliehen. Zur Sicherstellung des Krämers ist Sußmans Frau gepfändet und aufgefordert worden, das eingenommene gute Geld herauszugeben. Die falschen Münzen hat die Stadt bis auf einige, den Räten zum Beweis übersandte, in Verwahrung genommen. Die Stadt bemerkt abschließend, daß diese Art Falschgeld derzeit stark im Umlauf ist, ohne daß man bislang die Quelle feststellen konnte.
Am 22. Juni antworten die Kasseler Räte mit einem scharfen Verweis, daß man Sußman hat entkommen lassen, und ordnen eine Vernehmung der Frau und die Durchsuchung des Hauses nach Falschmünzen und Prägewerkzeug an.
Die Hausdurchsuchung bleibt, wie Schultheiß, Bürgermeister und Rat am 12. Juli berichten, erfolglos. Sußmans Frau gibt an, daß sie die Fürstengroschen vergangene Fastnacht von einem Unbekannten gegen gute Reichstaler eingewechselt haben. Das Wechselgeld betrug 6 Heller. Als ihrem Mann ein Verdacht kam, daß die Münzen falsch sein könnten, ist er zum Schultheißen gelaufen, hat dort aber nur den Knecht getroffen, der mit ihm gegangen ist und den Fremden aufgefordert hat, das gute Geld herauszugeben. Der hat das auch versprochen, ist stattdessen aber geflohen.
Schultheiß, Bürgermeister und Rat fügen hinzu, daß der Knecht des Schultheißen die Angaben von Sußmans Frau bestätigt hat, und merken an, daß Sußman ein erst seit einem halben Jahr verheirateter junger Mann ist, der ähnlicher Vergehen noch nie verdächtig war.
Am 23. Juli unterrichtet der Kanzler zu Kassel die Stadt davon, daß Sußman, sobald er sich in Hessen oder Witzenhausen blicken 1äßt, verhaftet werden soll.
Am 5. September berichtet der Jude Moschi aus Bovenden den Kasseler Räten, daß sein fünfzehnjähriger Verwandter Sußman aus Witzenhausen von einem Mühlhäuser Bürger beim Geldwechseln mit falschen Groschen betrogen worden ist. Einige Wochen später hat er einem Leinenhändler von dem Betrug erzählt, gefragt, ob er ihm für die schlechten Münzen Leinen verkaufen will, und ihm, als der Händler darauf einging, diese Münzen ausgehändigt. Als der Händler die Groschen dann aber im Wirtshaus gezeigt hat, hat der Wirt sie ihm abgenommen und aufs Rathaus getragen. Der Krämer ist verhaftet worden, Sußman aber, der erfahren hatte, daß er ebenfalls festgenommen werden sollte, ist entwichen.
Moschi verwendet sich für Sußman, der in jugendlicher Unerfahrenheit, aber keineswegs betrügerisch gehandelt hat, als er dem Händler die klar als falsch bezeichneten Münzen anbot. Er bittet, ihn nach Witzenhausen zurückkehren zu lassen, damit er nicht in schlechte Gesellschaft gerät.
Von dieser Supplik unterrichtet, übersenden Schultheiß, Bürgermeister und Rat den Kasseler Räten am 5. September einen Bericht über Sußmans (Sausman) Betrugsanzeige bei dem Knecht des Schultheißen und die folgenden Ereignisse. Sie fügen hinzu, daß Sußman zu Witzenhausen zunächst bei seinem Vater, dann als verheirateter Mann, dessen Ehe aber noch keine drei Jahre besteht, gelebt hat, und nie der Falschgeldverbreitung verdächtigt wurde.
Darauf entscheidet der Kanzler zu Kassel am 7. September, daß Sußman als ein junger Mann ohne großes Vermögen, der ihm unterschobenes Falschgeld wissentlich ausgegeben hat, nach Witzenhausen und zu seiner Familie zurückkehren kann, doch soll ihn der Schultheiß dort vierzehn Tage in den Turm sperren und ihm eine angemessene Geldstrafe auferlegen.

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

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„Untersuchung gegen den Juden Sußman zu Witzenhausen wegen Falschgeldverbreitung“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/6166_untersuchung-gegen-den-juden-sussman-zu-witzenhausen-wegen-falschgeldverbreitung> (aufgerufen am 25.11.2025)

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