Einschränkung des Hausierhandels der Juden auf den Dörfern

HStAM 70 Hessen-Rotenburgische Hofkanzlei Nr. 5169  
Laufzeit / Datum
1789
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Nach einer Bereisung seines Bezirks macht der Landrat Keudell von Schwebda verschiedene Vorschläge zur Verbesserung von Handel und Gewerbe. Er beklagt den Hang zum Luxus, Verstöße gegen die Kleiderordnung, die Einfuhr ausländischer Waren und fordert die Einschränkung des Hausierhandels der Juden auf den Dörfern.
Bekanntlich sind die Juden der groeßte Theil, ja durchgängig ¾ in schlechtesten Umstaenden, so deren Abgabs-Anlagen beweisen, häufige Beyspiele wären anzuführen, daß solche mit einem Handlungscapital von 10 – 20 Rthlr. jährlich soviel erwerben, daß sie alle ihre Abgiften püncktlich entrichten, ohngeachtet sie einen Arbeitstag weniger haben, sich und ihre Familie ernaehren. Dieses zeigt klar, daß der Landmann durch solche gedruckt wird. Händler und Juden im Ort schwatzen ihm ausländische Waren auf, geben Kredite, lassen sich mit Produkten, die sie dem Bauern zu geringem Preis und unter Wert abschwätzen, bezahlen und schreiben für die Kredite eine Rechnung mit doppelter Kreide. So gerät der Bauer in immer größere Schulden, die er mit neuen Krediten und Grundstücksverschreibungen zu begleichen sucht.
Keudell wendet sich auch gegen die Klassenlotterie, die jedem den Loserwerb gestattet, und ihm Gewinnmöglichkeiten und unverhofften Reichtum in Aussicht stellt. Alles dieses mit der List der Juden zur Aufschwätzung als Collecteurs verknüpft, kann Arme und Reich, Kluge und Törichte gleichermaßen ins Unglück stürzen.
Garnhandel und graues Leinen sind Hauptprodukte des Landes. Da aber der Garnaufkauf hauptsächlich in den Händen der Juden liegt, die oft gutes und schlechtes Garn vermischen, können die Weber kein wirklich gutes Leinen herstellen und dafür auch keine guten Preise erzielen. Keudell fordert die Privilegierung des Garnhandels und den Ausschluss der Juden von demselben.

Weitere Angaben

Auszug aus einem dem Geheimen Rat in Kassel übergebenen Bereisungsprotokoll.

Nachweise

Edition

Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg / Nachträge von Uta Löwenstein (ungedruckt), Nr. NL 735.

Indizes

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Einschränkung des Hausierhandels der Juden auf den Dörfern“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/14778_einschraenkung-des-hausierhandels-der-juden-auf-den-doerfern> (aufgerufen am 25.11.2025)

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