Beschwerden auf dem Tag zu Münzenberg wegen der Judenschulden
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Auf einem Tag der Mitherren zu Assenheim beklagen sich die hanauischen Vertreter darüber dass die Judenschuldner sich mit Unterstützung der solmsischen und isenburgischen Keller weigern, dem hanauischen Keller Pfänder auszuhändigen und unangesehen, die Juden den Burgern in iren grössten Nodten zue Bezalung etzlichs Korn Gelt verholffen und geliehen haben, und trotz einer Anhörung von Gläubigern und Schuldnern durch den Windecker Amtmann die Amtleuter der Mitherren die Bezahlung der Juden behindern und das vom Windecker Amtmann an der Scheune eines Schuldners angebrachte Schloss haben abnehmen lassen.
Der Jude Joseph klagt, dass er Jörg Bender laut Verschreibung 80 fl. geliehen, dafür auch für 3 Jahre Zinsen und ein Fass Wein erhalten, aber noch für 5 Jahre Zinsen zu fordern habe. Bender erklärt, er habe Joseph bis auf 18 fl. bezahlt und 1561 letztmalig mit ihm abgerechnet. Danach sei er ihm noch 29 fl. schuldig gewesen und habe ihm darüber eine neue Verschreibung gegeben. Joseph behauptet, diese verloren zu haben. Beide werden daraufhin auf den Rechtsweg verwiesen, wobei die hanauischen Vertreter betonen, dass solche Dinge zwar grundsätzlich vor dem allein dafür zuständigen hanauischen Gericht zu verhandeln seien, man aber in diesem Falle im Interesse beider Parteien die Verhandlung vor dem Assenheimer Gericht gestatte.
Die isenburgischen Vertreter fordern, dass, sofern die Assenheimer Juden mit isenburgischen Bürgern Geschäfte machen, sie wegen ihrer Forderungen nicht allein den hanauischen, sondern auch die solmsischen und isenburgischen Keller anzusprechen hätten. Das soll den hanauischen Vormündern zur Entscheidung vorgelegt werden.
Auf Klagen der Juden werden der isenburgische und solmsische Keller aufgefordert, sich künftiger Einmischungen bei Pfändungen aufgrund jüdischer Forderungen zu enthalten. Diese erklären sich dazu bereit, wenn die Juden die Assenheimer und hanauischen Untertanen nicht weiter mit überhöhten Zinsforderungen beschweren, über die sich Bürgermeister und Rat bei ihnen beklagt haben und derentwegen sie bisher die Pfändungen verhindert haben. Nach Verhandlungen mit den Juden willigen diese ein, von den Assenheimern nicht mehr als den sonst üblichen Binger Heller pro Gulden und Woche zu fordern. Der Windecker Amtmann soll in Kürze in Assenheim Juden und Judenschuldner verhören und beiden Seiten zu ihrem Recht verhelfen.
Die Juden berichten zudem, dass, als sie vor 6 oder 7 Jahren der Herrschaft Hanau die Tükensteuer bezahlt haben, Isenburg und Solms ebenfalls Zahlungen von ihnen gefordert haben, die sie aber auf Befehl von Graf Philipp von Hanau verweigern mussten. Daraufhin haben Solms und Isenburg damals durch ihre Diener und Untertanen die Judenhäuser plündern und Hausrat im Wert von etwa 50 fl. mitnehmen lassen, der ihnen bishe nicht ersetzt wurde. Außerdem haben ihnen vor einem Jahr, als der Sekretär von Laubach in Assenheim war, solmsische Diener etliche Zinnschüsseln abgenommen. Was den ersten Fall angeht, schieben der solmsische und isenburgische Keller die Verantwortung auf ihre Regierungen, die den Befehl zur Schatzung erteilt haben. Über den letzten Vorfall soll hanauischerseits nachgedacht werden, dan die anderen Assenheimischen Herren uber die Juden gleich wie Hanaw auch gern gebieten wöllen.
Archivangaben
Altsignatur
86 Hanauer Nachträge α 1935
Arcinsys-ID
Archivkontext
Nachweise
Edition
Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Staatsarchiv Marburg / Nachträge von Uta Löwenstein (ungedruckt), Nr. NL 112.
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Nachnutzung
Rechtehinweise
Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Beschwerden auf dem Tag zu Münzenberg wegen der Judenschulden“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/14157_beschwerden-auf-dem-tag-zu-muenzenberg-wegen-der-judenschulden> (aufgerufen am 25.11.2025)
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