Ehemals Altenberg · Klosterkirche
![Altenberg, Klosterkirche. Grundriss mit Fensterschema. Maßstab 1:300 [hier nicht maßstabsgerecht]](https://www.lagis-hessen.de/img/cvmahessen/s3/302-1_20.jpg)
Altenberg, Klosterkirche. Grundriss mit Fensterschema. Maßstab 1:300 [hier nicht maßstabsgerecht]
Katalogdaten
Vorbemerkung
Vom ursprünglichen, durch Beschreibungen des 17. und 18. Jahrhunderts überlieferten Bestand an Glasgemälden in der Kirche des Prämonstratenserinnenklosters Altenberg ist lediglich ein um 1804 in die Gräflich Erbachsche Sammlung abgewanderter, damals noch siebzehn Scheiben umfassender Zyklus auf uns gekommen. Während dreizehn Scheiben im Erbacher Schloss verblieben (Erbach Nr. 1–13; Fig. 19–31, Abb. 4–16), gelangten um 1940 zwei Scheibenpaare zunächst in Frankfurter Privatbesitz und von da jüngst an das Metropolitan Museum of Art, New York (Fig. 15, 17, 32f.). Nur mehr in Aquarellen sind ferner zwei Stifterscheiben mit den Darstellungen des deutschen Königs Adolf von Nassau und seiner Gemahlin Imagina überliefert (Fig. 14); von weiteren neun Glasgemälden haben wir Kunde aus einer Beschreibung des 17. Jahrhunderts1.
Geschichte des Baues
Die Gründungsgeschichte des auf einem Höhenzug gelegenen Stifts Altenberg bei Wetzlar liegt im Dunkeln2. Im Jahr 1179 war die Frauenzelle noch unter den Besitztümern der mittelrheinischen Prämonstratenserabtei Rommersdorf geführt. Durch ein kaiserliches Privileg Heinrichs VI. vom 26. Juli 1192 wurde das Kloster unter kaiserlichen Schutz genommen und die Vogtei für sich und seine Nachfolger im Reich reserviert. Die heutige Anlage geht im Wesentlichen auf die dritte magistra, die 1297 verstorbene Gertrud von Hessen, Tochter der Elisabeth von Thüringen, zurück, die das Kloster zu einer ersten Blüte brachte. Hinweise auf den Beginn der Bauarbeiten geben acht zwischen 1250 und 1267 ausgestellten Ablassbriefe, von denen sechs ausdrücklich für den Bau der Kirche bestimmt sind. In einer Urkunde von 1271 werden bereits der Hochaltar und einige der wichtigsten Stiftsgebäude erwähnt3.
Bibliographie
Johann Just Winckelmann, Gründliche und wahrhafte Beschreibung der Fürstenthümer Hessen und Hersfeld, VI, Kassel 1754, S. 255 (erwähnt einige noch in situ befindliche Glasmalereien in der Klosterkirche, von denen er lediglich die heute verschollenen Scheiben mit einem ungarischen und ziegenhainischen Wappen benennt); Fiorillo, I, 1815, S. 438 (zitiert Winckelmann); L. Ferdinand Dieffenbach, Graf Franz zu Erbach-Erbach. Ein Lebens- und Culturbild aus dem Ende des XVIII. und dem Anfange des XIX. Jh., Darmstadt 1879, S. 131 (erwähnt die Schenkung der erhaltenen Glasmalereien an den Grafen Franz von Erbach; bezeichnet diese als Stiftung des deutschen Königs Adolf von Nassau und datiert sie folglich vor 1298); Georg Schäfer, Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen, Provinz Starkenburg, Kreis Erbach, Darmstadt 1891, S. 62, 66, 75, Fig. 34 (gibt eine kurze Beschreibung des über verschiedene Räume des Erbacher Schlosses verteilten Zyklus, der jedoch nicht direkt mit Adolf von Nassau in Verbindung gebracht werden könne); Oidtmann 1898, S. 237 (betont den stark romanisierenden Charakter und die steife Zeichnung); Friedrich Ebel, Kloster Altenberg bei Wetzlar, in: Zs. für Bauwesen 55, 1905, Sp. 573–592, hier Sp. 588f. (Teile der ehemaligen Verglasung, darunter die in Erbach erhaltenen Scheiben, sollen aus dem 13. Jh. stammen); Schmitz 1913, I, S. 19 (ordnet den Zyklus unter die aus der ersten Hälfte des 14. Jh. stammenden Glasgemälde in Koblenz, Marburg und Fritzlar); Sherrill 1927, S. 132f. (macht in seinem Glasmalerei-Führer auf die acht Altenberger Scheiben im Erbacher Rittersaal aufmerksam); Arthur Galliner, Glasgemälde des Mittelalters aus Wimpfen, Freiburg i. Br. 1932, S. 69, Anm. 1 (hebt die Verkündigung und Anbetung besonders hervor); Wille 1952, I, S. 51–69, II, S. 37–52 (weist in der ersten grundlegenden Würdigung des Zyklus das Postulat einer Stiftung durch Adolf von Nassau zurück, da eine Datierung vor 1298 nicht vertretbar sei, und setzt die Scheiben als posthume Ehrung um 1326/33 an); Wentzel 21954, S. 40 (betont, ohne sich in der Datierung festzulegen, die isolierte Stellung der Scheiben innerhalb der hessischen Glasmalerei); Maria-Elisabeth Fritze-Becker, Das ehemalige Praemonstratenserinnen-Stift Altenberg/Lahn, Phil. Diss. Göttingen 1959 (Ms.), S. 43, 123–125 (Beurteilung und Datierung nach Wille); Beeh-Lustenberger 1965, S. 31–35 (resümiert in ihrer Bearbeitung der in Privatbesitz abgewanderten zwei Scheibenpaare die Forschung und vertritt ebenfalls eine Datierung um 1330); Petra Zimmer, Die Funktion und Ausstattung des Altares auf der Nonnenempore. Beispiele zum Bildgebrauch in Frauenklöstern aus dem 13. bis 16. Jahrhundert, Phil. Diss. Köln 1990, S. 127f. (nach Fritze-Becker und Ebel); European Sculpture and Works of Art, Auktionskat. Sotheby,s, London 10. Dez. 1992, S. 18f., Abb. 25 (Scheibenpaar mit der Verkündigung zum Verkauf angeboten; Beurteilung und Datierung nach Beeh-Lustenberger); Hess 1995, bes. S. 35–43 (Stiftung der Glasmalereien im Rahmen der Einrichtung einer nassauischen Grablege und Datierung um 1290/1300); Hess 19995/96, S. 246, Abb. 7, 9 (Erwähnung der Scheiben im Zusammenhang mit der Sammlung des Grafen Franz von Erbach); Hess 1998 (erkennt in der Chorverglasung Reminiszenzen des Zackenstils); Claudia Schumacher, in: AK Köln 1998, S. 338f., Nr. 93 (zur Sammlertätigkeit des Grafen Franz von Erbach); Thomas Doepner, Das Prämonstratenserinnenkloster Altenberg im Hoch- und Spätmittelalter. Sozial- und frömmigkeitsgeschichtliche Untersuchungen, Marburg 1999, S. 64, 67, 392–394 (Auflistung der quellenmäßig überlieferten Glasmalereistiftungen, folgt Hess 1995 in der Datierung des Chorachsenfensters); Hess 1999, S. 21, 25, 43, 165, 187 (sieht entwicklungsgeschichtliche Zusammenhänge zum »mittelrheinisch-hessischen« Marburger Genesiszyklus und einer Marienscheibe im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst); Timothy B. Husband, in: Mirror of the Medieval World, ed. by William D. Wixom, The Metropolitan Museum of Art, New York 1999, S. 124f., Nr. 145 (folgt Hess 1995); Gast, Oppenheim, 2005, hier S. 122–125, Abb. 6 (nennt Altenberg als Beispiel für bahnübergreifende Kompositionen); Journal of Glass Studies 47, 2005, S. 217 (Farbabb. der neu erworbenen und restaurierten Anbetungsszene); Christian Schuffels, »Beata Gerdrudis, filia sancte Elyzabet«. Gertrud, die Tochter der heiligen Elisabeth, und das Prämonstratenserinnenstift Altenberg an der Lahn, in: AK Wartburg 2007, II, S. 229–244, hier S. 241, Anm. 14 (nimmt irrtümlich den vollständigen Verlust der Glasmalereien an); Uwe Gast, in: ZfKg 71, 2008, S. 281 (Hinweis auf kompositorische Entsprechungen der Anbetung der Könige im Chorachsenfenster und am Altenberger Altar).
Nachweise
Fußnoten
- Unter den nachmittelalterlichen Glasgemälden verdient ein heute im Stadtmuseum Braunfels bewahrtes Scheibenfragment mit der Inschrift Maria Schenk von Schweinsburg Frauw Meisterin zu Aldenburg A(nno) d(omi)ni 1570 besondere Beachtung. Von drei weiteren, dort noch zu Beginn der 1990er-Jahre vorhandenen Ornamentscheiben, die gleichfalls aus Kloster Altenberg stammen sollen, fehlt nach dem Umbau des Museums heute jede Spur (s. hierzu den Katalogeintrag zu Braunfels, Schloss, S. 98). In der Altenberger Klosterkirche sind ferner zwei 1706 datierte Wappenscheiben im Nonnenchor erhalten, sowie eine wohl im selben Jahr von Johannes Wirtz, Abt des Mutterklosters Rommersdorf (1706–1729), gestiftete Wappenscheibe mit zum Teil unleserlicher Inschrift in Fenster süd III; vgl. auch Ebel 1905 (s. Bibl. S. 72), Sp. 590. ↑
- Siehe hierzu jetzt Doepner 1999 (s. Bibl.), S. 10–19, der die Klosterchronik als spätmittelalterliches Kompilat entlarvt. Nach dieser soll das Kloster von einem Wanderprediger namens Godefridus Clamator gegründet worden sein, der eine erste Anlage sowie eine dem Hl. Nikolaus geweihte Kapelle erbaut habe. Letztere soll offenbar bis in die Zeiten des Dreißigjährigen Krieges bestanden haben. Zum ältesten Baubestand vgl. Ebel 1905 (s. Bibl.), Sp. 579f. ↑
- Zur Baugeschichte grundlegend Fritze-Becker 1959 (s. Bibl.), S. 1–20; zusammenfassend dies., Die Wandmalereien der ehemaligen Praemonstratenserinnen-Stiftskirche Altenberg/Lahn, in: HessJb 10, 1960, S. 44–96, hier S. 48f. ↑
Drucknachweis
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen / Daniel Parello unter Verwendung von Vorarbeiten von Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 3), Berlin 2008
Nachnutzung
Rechtehinweise
Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Ehemals Altenberg · Klosterkirche“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-objekte/302-1_ehemals-altenberg-klosterkirche> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
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