Ehemals Worms, Dom St. Peter

 
Standort
Worms
Anzahl Fenster
1
Anzahl Scheiben
1
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Katalogdaten

Beschreibung

Der anstelle mehrerer aufeinanderfolgender, seit dem 9. Jh. nachweisbarer Vorgängerbauten errichtete heutige Dom St. Peter wurde, wie neuerdings vermutet wird, wohl zu Beginn des 12. Jh. begonnen und war zu seiner Weihe 1181 weitgehend fertiggestellt; spätere, noch erhaltene Um- bzw. Anbauten sind die Silberkammer an der Ecke zwischen Ostchor und Nordquerhaus (Mitte 13. Jh.), die Kapellen auf der Südseite (Nikolaus-, Anna- und Georg-Kapelle, um 1290–1310/20) und die ehemals dem Hl. Ägidius, jetzt Maria gewidmete Kapelle auf der Nordseite (um 1480ff.)83 Von seiner ehemaligen Farbverglasung ist lediglich bekannt, dass im Jahr 1259 Fenster im Bau erneuert worden sind und dass es in der Ägidius-Kapelle zwei Scheiben mit Stifterbildern, nämlich des Ritters Johann von Sickingen († 1469) und dessen Frau Margarete († 1458), geb. Kämmerer von Worms gen. von Dalberg, gegeben hat (s. Reg. Nr. 83)84.

Auch wenn nicht erwähnt wird, welche Fenster 1259 erneuert worden sind, so ist doch in Erwägung zu ziehen, dass es sich dabei um den Ostchor gehandelt hat. Die dortige Drei-Fenster-Gruppe enthält im Mittelfenster (I) ein Armierungssystem, das, abweichend von den – zweifellos barocken – Armierungen in den flankierenden Fenstern, aus vier vierpassförmigen, von auf der Spitze stehenden Quadraten durchschnittenen Medaillons besteht (Fig. 455f.), wie sie um die Mitte des 13. Jh. in verschiedenen Verglasungen belegt sind85. So könnte die Armierung, deren tatsächliches Alter allerdings noch zu prüfen ist, eine Modernisierung des Fensters im 13. Jh. überliefern, mit der sowohl formal als auch inhaltlich der Anschluss an zeitgenössische Verglasungen wie z.B. in Mainz gesucht worden war.

Die unter Bischof Reinhard von Sickingen († 1482) begonnene, aber anscheinend erst von dessen Nachfolger Johann von Dalberg († 1503) vollendete Ägidius-Kapelle besitzt zwei große vierbahnige, mit Kopfscheiben siebenzeilige Fenster, von deren Farbverglasung nur die Bildnisse Johanns von Sickingen und Margaretes, der Eltern Bischof Reinhards, mit Inschriften mit der Anrufung aller Heiligen um Fürbitte bei Christus und Maria erwähnt werden. In welchem Kontext diese Stifterbilder gestanden haben und wann sie ausgeführt worden sind – ob vor dem Tod Bischof Reinhards oder danach –, kann nicht mehr geklärt werden.

Ab Februar 1689 wurde die Stadt Worms durch die Truppen König Ludwigs XIV. systematisch entfestigt und am 31. Mai eingeäschert (s. hierzu Kunstgeschichtliche Einleitung S. 48). Dabei wurde auch der Dom bis auf die Mauern zerstört, sodass weder mittelalterliche noch frühneuzeitliche Glasmalereien erhalten geblieben sind86. Einige gemalte Fenster scheinen im Zuge seiner Wiederherstellung eingebracht worden zu sein, doch sind sie nicht mehr vorhanden87. Verschwunden sind genauso jene mittelalterlichen Glasmalereien, die 1842–1844 zur Verglasung der Fenster im Westchor angeschafft worden waren (Textabb. 4)88, u.a. aus dem Museum in Darmstadt. Nachdem der baufällige Westchor im frühen 20. Jh. grundlegend renoviert worden war und eine moderne Verglasung erhalten sollte89, wurde das Konvolut mittelalterlicher Glasmalereien 1930 nach Darmstadt ab- bzw. zurückgegeben (s. S. 95).

Bibliographie

Friedrich M. Illert, in: Kautzsch 1938, I, S. 33, 37 (Auflistung der Quellen zu verlorenen Glasmalereien); Fuchs 1991, S. 200, Nr. 292 (Bearbeitung der mehrmals überlieferten Inschriften in den nicht erhaltenen Stifterscheiben der ehem. Ägidius-Kapelle); Gast 2009, S. 62 (Hinweis auf die Armierung im mittleren Fenster des Ostchores, die mit der Erneuerung der Verglasung im Jahr 1259 in Zusammenhang gebracht wird).

Nachweise

Fußnoten

  1. Zum Wormser Dom grundlegend: Kautzsch 1938. Die dort vertretene Datierung des Baues ist überholt und findet sich in jüngeren Monografien, so bei Walter Hotz, Der Dom zu Worms, neu bearbeitet und ergänzt von Günther Binding, Darmstadt 21998, und Winterfeld 42003, bereits korrigiert. Zu den aktuellen, vor allem Baubeginn und -abfolge betreffenden Forschungen s. Untermann 2010, S. 206–209
  2. Das Grab des Paares befindet sich in Ladenburg, Pfarrkirche St. Gallus; Die Inschriften des Rhein-Neckar-Kreises, II: Ehemaliger Landkreis Mannheim, ehemaliger Landkreis Sinsheim (nördlicher Teil), gesammelt und bearbeitet von Renate Neumüllers-Klauser unter Mitarbeit von Anneliese Seeliger-Zeiss (Die Deutschen Inschriften 16, Heidelberger Reihe 6), München 1977, S. 40–42, Nr. 58.
  3. Gelnhausen, Marienkirche, Chor I, um 1235/40; s. CVMA Deutschland III,2, 1999, Abb. 182, 184f. Ehem. Straßburg, Dominikanerkirche, Chorverglasung, um 1254–1260; CV France IX,2, 2007, Abb. S. 57 (Typ 3). Ehem. Köln, Dominikanerkirche, Chor I, um 1280; CVMA Deutschland IV,1, 1974, Abb. 152. Die erwähnten Beispiele belegen jedoch nur die Form der Wormser Medaillons, nicht deren gestaltgebende Armierung
  4. Zwei von Otto Schmitt, in: Kautzsch 1938, I, S. 314, III, Taf. 129e+f, auf der Grundlage von Essenwein 1898, S. 6, für Worms in Anspruch genommene Bortenstücke in Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum (Inv. Nr. MM 9f.), stammen aus Köln, St. Kunibert. Vgl. Schmitz 1913, I, S. 11 und Abb. 16, II, S. 3, Nr. 3f.
  5. Vgl. hierzu die Protokolle des Wormser Domkapitels zu den Jahren 1699/1700, 1702, 1725 und 1741/42, in denen wiederholt von der Reparatur der Domfenster die Rede ist; Darmstadt, HStA, Best. C 1 B, Nr. 144, fol. 29v, 57, 130, 131v, Nr. 145, fol. 168v, und Nr. 148, fol. 70, 82v, 87v, 91–93, 157.
  6. Friedrich M. Illert, in: Kautzsch 1938, I, S. 48
  7. Vgl. hierzu Klaus Rheidt, Der Westteil des Wormser Domes. Baugrund- und Fundamentschwächen eines mittelalterlichen Großbaues. Historische Sicherungskonzepte und -maßnahmen, in: Kleine Beiträge zur Geschichte von Baukonstruktion und Bautechnik (Materialien zu Bauforschung und Baugeschichte 1), Karlsruhe 1990, S. 14–42, bes. S. 38ff. Die Verglasung der späten 1930er-Jahre wurde nach einem Entwurf von Dominikus Böhm ausgeführt; s. dessen Beitrag in: Der Wormsgau 2/6, 1942, S. 335–337.

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen / Uwe Gast unter Mitwirkung von Ivo Rauch (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 1), Berlin 2011

Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Ehemals Worms, Dom St. Peter“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-objekte/136-3_ehemals-worms-dom-st-peter> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/136-3