Die Sechs Tage der Schöpfung (Marburg, Elisabethkirche)

 
Datierung
um 1240-1250
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Katalog

Von Daniel Parello

Abmessungen

Durchmesser 2AB0: ca. 51 cm; H./B. 2AB1–6: je ca. 25/29 cm.

Inschriften

Auf dem Schriftband des Schöpfers in gotischen Majuskeln CELO(S) ORNAVI MI(HI) • Q(V)OD PLAC(ET) • O(MN)E CREAVI; 2AB0: (ET) F(A)C(TV)M • EST • V(ESPERE ET) • M(ANE) • DI(ES) • VN(VS); 2AB1: DIES • SECVNDVS; 2AB2: DIES • TERCI(VS); 2AB3: [DIE]S • QVART(VS), 2AB4: DIES • QVINT(VS), 2AB5: [DIES • SEXTVS].

Erhaltung

Kaum figürliche Ergänzungen. Der ergänzte Mond wurde bei der Restaurierung durch die Charlottenburger Werkstatt fälschlich dem Stilbild der Genesiswerkstatt angeglichen. Einige Sprünge.

Ikonographie

Die Form des Sechspasses bietet sich für die Darstellung der Schöpfung in geradezu idealer Weise an. Im zentralen Mittelbild thront der Schöpfergott mit zum Segen erhobener Hand auf einem Bogen, in der anderen Hand hält er ein Spruchband. Die erste Szene des Sechstagewerks zeigt die wohl fälschlich mit einem Wolkenkranz ergänzte Scheidung in Licht und Finsternis. Es folgt die Erschaffung des Himmels und die Trennung der Wasser am zweiten Tag; anstelle des Firmaments befinden sich jedoch aus Blattstücken zusammengesetzte moderne Ergänzungen. Am dritten Tag, der Erschaffung von Land, Meer und Vegetation, erscheinen die Pflanzen auf dem Festland. Der vierte Tag bringt die Gestirne (Sonne, Mond und Sterne) zur Scheidung von Nacht und Tag ans Firmament. Am fünften Tag steigen Vögel über dem mit Fischen belebten Meer auf. Schließlich werden Landtiere und Menschen geschaffen. Adam liegt nackt wie ein Schlafender auf einer Wiese, seinen Kopf aufgestützt, doch mit weit geöffneten Augen. Unmittelbar hinter ihm erscheint bereits Eva in Halbfigur, die mit erhobener Hand zu Gottvater aufblickt. Der Schöpfer hält dabei wohl die Rippe Adams in seinen Händen, die er auf Eva richtet. Am Rand wohnen Schafe dem Geschehen bei. Über einer jeden Szene hält die Hand Gottes ein erläuterndes Schriftband.

Komposition, Stil

Die Zusammengehörigkeit der Schöpfungsrose mit den darunterliegenden Standfiguren von Christus und Maria wurde wiederholt infrage gestellt, jedoch zu Unrecht. Die Darstellungen fügen sich nicht nur stilistisch zusammen, sondern bilden auch bildprogrammatisch eine Einheit, wie bereits erläutert worden ist (s. S. 351). Überdies werden damit auch unsere Überlegungen zur Position Elisabeths in nächster Nähe zu Christus gestützt, da im Spruchband der Heiligen explizit auf den Schöpfer Bezug genommen wird. Der thronende Schöpfergott lässt sich kompositorisch mit einer Darstellung der Taufe Christi in Bücken vergleichen. Die Bückener Figur wird dabei mit einer identischen Rahmenform aus Palmettenkranz und Perlstab hinterlegt (Textabb. 13)96. Schon Zahlten hat bezüglich der symbolhaften Verkürzung der Schöpfungstage auf vergleichbare Darstellungen im Evangeliar Heinrichs des Löwen sowie im Stammheimer Missale aus Hildesheim hingewiesen (Fig. 445)97. In den genannten Beispielen ist die sechspassförmige, den kosmischen Kreislauf symbolisierende Aufteilung der Szenen bereits vorweggenommen.

Farbigkeit

Die Pässe sollten wie in der Kreuzigung des Chorachsenfensters einen rot-blauen Farbwechsel zeigen, doch hat man offenbar schon bei der Herstellung die Farbgründe des fünften und sechsten Schöpfungstages irrtümlich vertauscht.

Bildnachweis

CVMA T 6209–6221, Großdia T 87/13 (2AB0)

Weitere Angaben

Rundscheibe

Nachweise

Fußnoten

  1. Ein ähnliches Muster begegnet bereits auf dem gravierten Rahmen eines Tragaltars aus dem Welfenschatz; vgl. AK Braunschweig 1995, I, S. 234f., Nr. D 50.
  2. Zahlten 1979, S. 116.

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen / Daniel Parello unter Verwendung von Vorarbeiten von Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 3), Berlin 2008, 370 f. [= 2AB0–6. Die Sechs Tage der Schöpfung]

Siehe auch

Extern

GND-Explorer (Objekt)

Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Die Sechs Tage der Schöpfung (Marburg, Elisabethkirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/321-1-02-05_die-sechs-tage-der-schoepfung-marburg-elisabethkirche> (aufgerufen am 26.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/321-1-02-05

Die sechs Tage der Schöpfung: ES [= Erhaltungsschema] H I, 4-9a/b / 2 AB0-6 / 2A, 2B, 3AB [2 AB0-6]Die sechs Tage der Schöpfung. Chor H I, 2AB0-6. Niedersachsen, um 1240/50. (Ausschnitt)Die sechs Tage der Schöpfung. Chor H I, 2AB0-6. Niedersachsen, um 1240/50. (Ausschnitt)Die sechs Tage der Schöpfung. Chor H I, 2AB0-6. Niedersachsen, um 1240/50. (Ausschnitt)Die sechs Tage der Schöpfung. Chor H I, 2AB0-6. Niedersachsen, um 1240/50. (Ausschnitt)Die sechs Tage der Schöpfung. Chor H I, 2AB0-6. Niedersachsen, um 1240/50. (Ausschnitt)Die sechs Tage der Schöpfung. Chor H I, 2AB0-6. Niedersachsen, um 1240/50. (Ausschnitt)Sechstagewerk im Evangeliar Heinrichs des Löwen. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 105, Noviss. 2o, fol. 172. Helmarshausen, um 1173/75 bzw. um 1188.