Ecclesia (Marburg, Elisabethkirche)

 
Datierung
um 1240-1250
AEC416D7-3050-4A60-B27E-A826B70B90DD

Katalog

Von Daniel Parello

Abmessungen

H./B.: 1a: 49/82,5 cm; 2a: 64/82,5 cm; 3a: 64,5/82,5 cm; 4a: 54/82,5 cm.

Erhaltung

Substantiell sehr gut erhalten. Im figürlichen Bereich sind lediglich einige kleinere Gewandstücke, der rechte Schuh sowie die Krone erneuert. Ausgetauscht wurde auch eine größere Anzahl von Randstreifen in Feld 2a. Im Gesicht der Ecclesia lassen sich die Spuren fortgeschrittener außenseitiger Verwitterung ablesen, für die sich das Inkarnatglas offenbar als besonders anfällig erweist. Mehrere Sprünge auf Brusthöhe und am linken Fuß.

Ikonographie

Die gekrönte Ecclesia mit Siegesfahne hält in ihrer Rechten den Kelch mit dem Blut, das Christus zur Gründung des Neuen Bundes mit der Gemeinschaft der Gläubigen (Ecclesia) opferte. Ecclesia wendet sich in Feldherrenpose, wie nach gewonnener Schlacht, der besiegten Synagoge zu, deren Lanze gebrochen ist. Ihr blondes Haar fällt in Locken auf den weißen, rot gestreiften Mantel, der an der Brust geknotet ist. Darunter trägt sie ein gegürtetes Kleid und ein bodenlanges Untergewand. Die Figur geht im Wesentlichen auf die Skulptur am Südquerhausportal des Straßburger Münsters zurück, welche kurz zuvor vom sog. Ecclesiameister geschaffen worden war. Den Glasmalern stand offenbar eine vergleichsweise zuverlässige zeichnerische Vorlage zur Verfügung, denn die Übersetzung zeigt auch jene feinen parallelen Zerrfalten und tiefen Mulden, die sich um den eng gespannten Gürtel abzeichnen. Doch besteht neben den gedrungeneren Proportionen ein wesentlicher Unterschied in der spiegelbildlich vertauschten Armhaltung der Figur. Auch erscheint der besondere Reiz der sich unter dem dünnen Gewand abzeichnenden Körper in Marburg stark zurückgenommen, bestenfalls noch in einer vertikal über das Kleid verlaufenden Mittellinie schüchtern angedeutet. Die Gestaltung der linken Hand stellt einen unbeholfenen Versuch dar, wie im Vorbild die Anatomie der Hand unter dem Stoff sichtbar werden zu lassen.

Komposition, Farbigkeit

Ecclesia grün nimbiert, mit roter Krone und langen blonden Locken. Weißer, vor der Brust geknoteter weißer Feldherrenmantel mit zwei roten Querstreifen und goldenem Saum geschmückt, am Fahnenschaft in gelben und grünen (Futter) Faltenkaskaden herabfallend. Hochgegürtete Tunika und bis zu den Knien herabhängender gelber Lederriemen. Tunika fein plissiert in hellblauer Farbe mit violetten und weißen Streifenmustern, am Hals goldener, zu den Füßen roter Saum. Darunter ein langes, die Füße fast vollständig umhüllendes weißes Untergewand. Beide Schuhe ursprünglich gelb. Roter Fahnenschaft mit gelbem, lanzenförmig auslaufendem Kreuzbesatz. Fahne hellblau. Tabernakelarchitektur aus kräftigen Marmorsäulen mit hohen, mehrfach profilierten Basen und Blattkapitellen in Kosmatenarbeit reich verziert mit spiralig nach oben laufenden Bändern zwischen bunt wechselnden Farbsegmenten. Auf den Plinthen ein halbrunder weiß-blau geteilter Bogen, dahinter eine rot durchfensterte Zinnenmauer mit einem abwechselnd aus gelben und weißen Quadern aufgemauerten Kuppelrundturm, seitlich davon diagonal abstehende Häuschen mit blauen Rundbogenfenstern, grünen Dachziegeln und roten Randstreifen. Dächer und Kuppel mit Knäufen geschmückt.

Bildnachweis

CVMA T 6189 (1a), 6191 (2a), 6193 (3a), 6195 (4a), Großdias T 87/07 (1a), 87/09 (2a), 87/11 (3a)

Nachweise

Drucknachweis

Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen / Daniel Parello unter Verwendung von Vorarbeiten von Daniel Hess (Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Bd. III, 3), Berlin 2008, 367 f. [= 1-4a. Ecclesia]

Siehe auch

Extern

GND-Explorer (Objekt)

Nachnutzung

Rechtehinweise

Katalogdaten: Corpus Vitrearum Deutschland / Freiburg i. Br.
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Ecclesia (Marburg, Elisabethkirche)“, in: Mittelalterliche Glasmalereien in Hessen <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/mittelalterliche-glasmalereien-in-hessen/alle-eintraege/321-1-02-01_ecclesia-marburg-elisabethkirche> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/cvmahessen/321-1-02-01

Ecclesia: ES [= Erhaltungsschema] H I, 1-3bEcclesia und Synagoge. Chor H I, 1-4 a/b (Montage). Niedersachsen, um 1240/50. (Ausschnitt)Ecclesia und Synagoge. Chor H I, 1-4 a/b (Montage). Niedersachsen, um 1240/50. (Ausschnitt)Ecclesia [und Synagoge] vom Südquerhausportal des Straßburger Münsters. Straßburg, Frauenhausmuseum. Um 1220.